PROJET DE LOI 5611: Tripartite-Bescherung

Das umstrittene Projet de loi 5611 ist in einer nachgebesserten Form von der Regierungsmehrheit angenommen worden. Dass die Kritik mittlerweile abgeflaut ist, hat mehrere Gründe.

Bis zuletzt hat Arbeitsminister François Biltgen an seiner Taktik des Dialogs in Sachen Projet de loi 5611 festgehalten. Nach Abschluss seiner Tournee durch die Sekundarschulen des Landes schickte er am Vorabend des Votums im Parlament ein Dokument mit dem Namen „5611 leicht gemacht“ an die Presse. Er unterstrich ein weiteres Mal, dass die Beschäftigungsmaßnahmen für Jugendliche nicht dazu dienen, Privatwirtschaft und Verwaltungen billige Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen, sondern auf ihre Integration in den ganz normalen Arbeitsmarkt abzielen. Vor allem aber wiederholte er das Motto, unter dem auch die Chamberdebatte stehen sollte, nämlich „Arbeit statt Arbeitslosenunterstützung“.

Biltgens KritikerInnen erwecken häufig den Eindruck, die Höhe der Arbeitslosenunterstützung und das Recht, eine Stelle abzulehnen, seien ihnen wichtiger als die Verbesserung der Chancen auf einen Arbeitsplatz. Da ist es leicht für den Minister, mit seinem – grundsätzlich richtigen – Slogan zu punkten. Auch die erklärte und praktizierte Gesprächsbereitschaft des Ministers hat geholfen, den verbalen Ausrutscher vom „Hotel Mama“ fast vergessen zu machen. Die Bilanz des Dialogs für die Betroffenen ist weniger positiv. Zwar hat Biltgen in mehreren Punkten nachgegeben, doch am „Ausbildungsgehalt“ von 80 Prozent des Mindestlohns für Unqualifizierte hat er festgehalten – vermutlich waren weder die ArbeitgeberInnen noch das Finanzministerium bereit, mehr zu geben als das, was in der Tripartite beschlossen worden war.

Auch im LSAP-OGBL-Lager hat die Tripartite-Logik gesiegt. Die sozialistische Fraktion hatte von Anfang an uneingeschränkte Solidarität mit dem Regierungspartner bekundet. Mittlerweile haben auch die Jusos der Initiative „Stopp de 5611“ den Rücken gekehrt, und auf der OGBL-Homepage sucht man vergeblich nach Solidaritätsbekundungen mit den KritikerInnen des Projet de loi. Beide Akteure erklären sich zwar unzufrieden mit den Nachbesserungen, haben aber den Widerstand eingestellt. Der Verdacht drängt sich auf, dass der OGBL in der Mobilisierung gegen das „5611“ vor allem die Gelegenheit sah, die Muskeln spielen zu lassen im Hinblick auf künftige Auseinandersetzungen wie die um das „statut unique“.

So kam es, dass am Mittwoch in der Chamber die Opposition das Projet de loi zwar geschlossen ablehnte, der sozialen Kritik daran jedoch das Sprachrohr fehlte. Der DP waren die Maßnahmen nicht arbeitgeberfreundlich genug, die Grünen legten den Schwerpunkt ihrer Kritik auf die Inkonsequenz der neuen Ökosteuern, und das ADR übte sich in pauschalem Populismus. Nun wird sich Biltgens Maßnahmenpaket in der Praxis bewähren müssen.

Die Aufregung der KritikerInnen darüber, dass Arbeitssuchende mit Diplom zu ungünstigen Bedingungen in Maßnahmen gezwängt werden können, dürfte sich als unbegründet erweisen. Der Arbeitsmarkt für Qualifizierte wird seinem Namen gerecht: Das Gesetz von Angebot und Nachfrage lässt den Arbeitgebern wenig Spielraum für Lohndumping. Einzig der Zugang zur begehrten Beamtenlaufbahn wird immer enger. Doch die öffentliche Einstellungspolitik hängt von gesamtpolitischen Optionen und volkswirtschaftlichen Zusammenhängen ab und sollte besser nicht zum Instrument der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit umfunktioniert werden.

Das Hauptproblem sind, wie François Biltgen richtig erkannt hat, die unqualifizierten Arbeitssuchenden. Dieser Zielgruppe soll ein Cocktail von Vermittlungsversuchen und Ausbildung im Betrieb bessere Chancen verschaffen. Dabei war der Minister bemüht, die finanzielle Belastung für den Staat in Grenzen zu halten. Auf die Gefahr hin, dass seine Sparsamkeit zu Lasten der Effizienz geht.


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