MALEREI: Simpel und absurd

John Lurie, Maler und Autodidakt, veranschaulicht in seinen naiv-absurden, aber auch düsteren Bildern seine persönlichen Fantasien.

Ein dunkles verschwommenes Bärengesicht in Aquarellfarbe und Tinte hat der Amerikaner John Lurie auf weißes Papier gemalt und dem Ganzen den Titel verpasst „I Am A Bear. You Are An Asshole. God Is God“. Auf einem anderen Bild hat er vor verwischtem grünen Hintergrund eine ebenfalls grüne Figur gemalt, die eine Art Chamäleon in der Hand hält und dieses betrachtet: „Your Live Is Meaningless. Why Don’t you Masturbate?“

Eigentlich sind die Bilder und Zeichnungen von John Lurie, die zurzeit im Mudam zu sehen sind, düster – wären da nicht die Titel, die dem Ganzen einen ironischen Anstrich geben. Lurie ist in seinen Bildern seinem einzigartigen und individualistischen Credo treu geblieben: Als Verfechter der New Yorker Downtown-Kultur wurde er in den letzten drei Jahrzehnten insbesondere mit einer Vielfalt anderer Projekte bekannt, allen voran seiner experimentellen Jazz-Punk-Gruppe „The Lounge Lizards“, in der er Saxophon spielte. Daneben hat das Multitalent Filmmusik geschrieben, seine eigenen Super8-Filme gedreht und sich durch Projekte wie Jim Jarmuschs „Stranger than Paradise“ und Martin Scorceses „The Last Tempation of Christ“ einen Ruf als Schauspieler gemacht. Außerdem war er Gastgeber in einer skurrilen Fernsehserie „Fishing With John“ Anfang der 1990er Jahre, in der er berühmte Kollegen wie Tom Waits an besondere Orte zum Fischen einlud. Nach einer Borreliose-Infektion in den Neunzigern zog sich Lurie vermehrt von seinen ganzen Projekten zurück und widmete der Malerei mehr Zeit. In seinen Bildern kommen immer wieder Tiere – zum Teil verfremdet in groteske oder unheimliche Erscheinungen – sowie Strichmännchen vor. Cartoonartig und kindlich-naiv sind seine Gemälde, aber auch hintergründig und rätselhaft wie düstere und symbolistische Traumlandschaften. Der Autodidakt scheint bei seiner Malweise sehr intuitiv vorzugehen. Etwa in dem Bild „The Skeleton In My Closet Has Moved Out To The Garden“, in dem ein Skelett durch eine verschwommene Blumenlandschaft wandelt, scheint es, als ob Lurie die ersten grob aufgetragenen Farbschichten und die dabei spontan entstehenden Formen zu einer konkreten Geschichte weiterentwickelt hat. Erst zum Schluss erfindet er einen Titel, der dem Bild eine überraschende Wendung gibt.

Persönliche Fantasien sind der Inhalt seiner Darstellungen. Es geht um Sex, aber auch um Drogen, um den Sinn des Lebens oder um teils absurde Feststellungen. Wie auch bei dem Gemälde mit stumpfem braunen Hintergrund auf dem ein Strichmännchen drei düstere Tannenbäume flankiert: „Man Without Erection Selling Christmas Trees“, nennt Lurie dieses Bild.

Die exquisiten und simplen, die absurden und ernsten Darstellungen von Lurie lohnen einen Besuch auf jeden Fall.

Zu sehen im Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean noch bis zum 8. Dezember


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