Trotz Pleitebekenntnis des Premiers, wird sich möglicherweise auch in den nächsten 20 Jahren in der Luxemburger Klimaschutzpolitik nicht viel ändern.
War es der warme Winter, der die Welle der Einsicht in die EU-Politik fließen ließ? Plötzlich scheinen selbst die hartnäckigsten Leugner einer sich anbahnenden Klimakatastrophe das zu glauben, was sie noch vor wenigen Monaten als Hirngespinst und Panikmache abtun wollten. Wird sich das Klima in der europäischen Energiepolitik nun ändern? Bleibt dem Planeten der emissionsbedingte Klimawandel etwa doch erspart?
Für die Beantwortung der ersten Frage bedarf es weit weniger hellseherischer Fähigkeiten als für die der zweiten. Denn trotz aller Einsicht und großer Betroffenheit bei den zuständigen PolitikerInnen: Die Gefahr, dass auf europäischer Ebene ein plötzlicher Aktivismus ausbricht, ist auch Fünf vor Zwölf noch gering. Zwar mimt die EU im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel gerne den Pionier, ihre Politik wird jedoch auch in diesem zukunftsweisende Feld von nationalen Interessen bestimmt. Dass diese sich nur schwer zu einer effizienten europäischen Klimaschutzpolitik zusammenflechten lassen, haben nicht nur die Vorbereitungen für den EU-Gipfel in den vergangenen Tagen gezeigt. Auch die Diskussionen innerhalb der Mitgliedstaaten deuten nicht auf einen diesbezüglichen Wandel hin.
Beispiel Luxemburg: Da legt sich ein Premier gerade noch rechtzeitig vor dem Gipfel, der das Klima endgültig retten soll, mit einer vernichtenden Kritik an der Klimaschutz-Politik der eigenen Regierung ins Zeug. Die „total Faillite“-Erklärung bezog sich zwar auf die jeweiligen Koalitionspartner, die für die Ressorts Transport, Wirtschaft und Umwelt zuständig waren. Dass sie dennoch einem Pleite-Bekenntnis des Regierungschefs gleichkommt, weiß auch Jean-Claude Juncker. Wohl niemand würde hierzulande behaupten wollen, der Finanzminister habe innerhalb der vergangenen 26 Jahre unter der Fuchtel des Koalitionspartners agieren müssen. Wer genau stand also einer Steuerreform im Wege, die den Klimaschutz verbindlicher eingebunden hätte? Wer sperrt sich dagegen, das leidige Thema Tanktourismus unter konsequent klimapolitischen Aspekten zu betrachten? In Luxemburg ist der Verkehr für über die Hälfte der CO2-Emissionen verantwortlich. Die Idee, den Tanktourismus hier herausrechnen zu wollen, zeigt, wie ernst den nationalen Klimaschützern das Thema ist.
Auf dem Gipfel müssten nun jedoch verbindliche Ziele formuliert werden, bekräftigte Premier- und Finanzminister Jean-Claude Juncker gestern in einem Interview mit einem Berliner Radio – auch, „was das Heranführen an die 20-Prozent-Grenze der erneuerbaren Energien anbelangt“, so Juncker. Er versäumte es dabei, zu präzisieren, dass sein Land sich von dieser Verpflichtung entheben lassen will. Das Aushandeln solcher „besonderer Situationen“ ist ein wesentlicher Bestandteil der Diskussionen auf EU-Gipfeln.
Luxemburgs Motto, man würde zwar gerne, könne aber nicht so viel leisten, lässt sich nur schwer mit dem vorgetragenen Bewusstsein um den Ernst der Lage vereinbaren. Das Potenzial für erneuerbare Energien liege maximal bei zehn Prozent, betont auch Wirtschaftsminister Jeannot Krecké und beruft sich dabei auf eine noch nicht veröffentlichte Studie. Persönlich hält er Solarenergie für die Energie der Zukunft, allein sie sei „noch nicht marktgerecht“. Dass sie dies unter den gegebenen Vorzeichen niemals werden kann, dürfte einem Wirtschaftsexperten wie Jeannot Krecké nicht unbekannt sein. Statt die vor Jahren eingeschlagene Förderpolitik für Solarstrom fortzuführen, setzt Krecké nun unter anderem auf Biomasse. Es lebe die Kontinuität im Klimaschutz.
Für die CSV, das schrieb die Partei dieser Tage als Reaktion auf die Faillite-Äußerungen des Premiers, sei „Klimaschutz die umweltpolitische Herausforderung des Jahrhunderts“. Es zeigt sich also: Wer den Planeten retten will, sollte sich unbedingt dafür einsetzen, dass diese Partei die Ressorts Umwelt, Transport und Wirtschaft übernimmt.