„Das ist Zufall“. Ein Satz bezogen auf ihre Kunst, den man oft von der jungen isländischen Künstlerin Gudny Gudmundsdottir hört, die zurzeit in der Galerie Beaumontpublic ausstellt. Und auf die Frage, was denn das Verbindende in ihrer Arbeit sei, etwa zwischen den aus weißem Ton geformten Frauenfiguren, ihren abstrakt wirkenden Bleistift-Zeichnungen und einer Installation, in der eine Richterperrücke ausgestellt ist, meint die Künstlerin nur lakonisch: „Die Autorin“. Scheinbar steht kein Konzept, keine ausschließliche Fragestellung am Ausgang der Kunst von Gudmundsdottir. Für sie gibt es nur jene Begebenheiten, die sie nachdrücklich beeindruckt haben. Diese fließen in ihre Arbeit ein und bestimmen sie.
Da wäre die weiße Perrücke. Diese hätte sie in einem Krämerladen in Paris gekauft, sich aufgesetzt und spielerische Selbstaufnahmen mit dem Mobiltelefon gemacht. „Das Weiß der Perrücke hat mich an die leeren Flächen in meinen Papierzeichnungen erinnert“, erklärt die Isländerin, die seit längerem in Berlin lebt. Auch der Titel der Beaumontpublic-Ausstellung „White Cliffs of Dover“ scheint einer spontanen Eingabe zu entsprechen: „Ich wollte schon immer mal diesen Titel für eine Ausstellung wählen“, so die Begründung. Gudny Gudmundsdottir sprudelt über von kleinen Geschichten, die sie in ihre Bilder eingefädelt hat – auch wenn sich diese dem Betrachter nicht unbedingt erschließen. So etwa ihre abstrakt wirkenden Zeichnungen: Mit zarten Bleistiftstrichen hat sie auf Papier eine Miniaturlandschaft entworfen, in der räumliche Querschnitte sich überlagern und unterbrochen werden. „Es war schon immer der Raum zwischen den Einzelheiten, der mich interessiert hat“, erklärt Gudmundsdottir die Brüche in ihren Zeichnungen. Dabei erinnern ihre gezeichneten Raumstrukturen an eine gebrochene DNA-Doppelhelix oder an industrielle Abläufe, bei denen Pferde anstelle von Wasserkraft, Dampfkraft oder Elektromotor Herstellungsprozesse antreiben. Menschen kommen in diesen futuristischen Raumbildern nicht vor. Einzige Farbfelder sind punktuell gesetzte Pastelltöne in Blau. „Sie gleichen dem Blau des isländischen Himmels“, so Gudmundsdottir. Und als Inspirationsquelle für den erdigen Ockerton diene ihr die Frauenfigur der Königin Elizabeth im gleichnamigen historischen Filmdrama.
Die Arbeiten der Künstlerin Gudny Gudmundsdottir reflektieren stark ihre eigene Welt. Sie ähnelt insofern auch andern Künstlern aus Island, die gerade wegen ihrer unkonventionellen Art aufgefallen sind: So etwa das Allround-Talent Björk, die Künstlerinnengruppe „The Icelandic Love Corporation“ oder die Künstlerin Gabriela Fridriksdottir. Es gibt viele Mythen und Traditionen, auf die junge isländische Künstler zuweilen zurückgreifen. Inwiefern das auch auf Gudny Gudmundsdottir zutrifft sei dahin gestellt. „White Cliffs of Dover“ lässt einen zumindest in den Abgrund einer recht eigenwilligen Kunst blicken.
In der Galerie Beaumontpublic bis zum 27. November.