Das Schicksal der preußischen Reithalle auf dem Heilig-Geist- Plateau ist besiegelt. Der Denkmalschutz wird einmal mehr anderen politischen Fragen untergeordnet.
„Dans le souci de garder une trace du manège, il a été décidé de procéder à une photogrammétrie et à une digitalisation par ordinateur en 3D du manège, technique moderne qui permettra de le conserver, de façon virtuelle, mais dans tous les détails“, so Kulturministerin Erna Hennicot-Schoepges in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage bezüglich des Schicksals der preußischen Reithalle auf dem Heilig-Geist-Plateau.
Seit Mitte dieser Woche laufen die Vorbereitungen zum definitiven Abriss der 1828 erbauten Halle. Der verantwortlichen Ministerin – die auch das Amt der Ministerin für öffentliche Bauten bekleidet – kommt dabei ein Passus aus einem Unesco-Experten-Bericht zu Hilfe, der sich zwar insgesamt für den Erhalt des Plateaus stark macht, die Reithalle aber eher als Kuriosität denn als „chef d’oeuvre de l’architecture“ bezeichnet.
Nach den Kühltürmen auf Terres-Rouges wird Luxemburg also binnen weniger Wochen zum zweiten Mal auf recht brachiale Art und Weise wichtiger Kulturdenkmäler beraubt. Für überzeugte DenkmalschützerInnen spielt das Kriterium der architektonischen Qualität dabei nur eine untergeordnete Rolle. Was wichtig ist, ist der Erhalt noch vorhandener Ensembles, die eine bestimmte Epoche dokumentieren. Arbeiterhäuser, Industrieanlagen und militärisch genutzte Gebäude wie die Reithalle auf dem Heilig-Geist-Plateau sind zunächst einmal Zweckbauten, die nicht unbedingt schön anzusehen sind.
Aber die KritikerInnen des Vorhabens, eine Cité judiciare auf dem Heilig-Geist-Plateau zu errichten, haben nicht jahrelang um den Erhalt einzelner Gebäude gekämpft, nur weil diese ein gewisses Alter aufweisen. Sie haben auch überzeugend belegt, dass auf dem Plateau sinnvollere und, vor allem vom denkmalpflegerischen Standpunkt aus gesehen, schonendere Projekte hätten verwirklicht werden können.
Spät – viel zu spät – haben auch die politisch Verantwortlichen der Stadt erkannt, dass es Alternativen zur Cité judiciaire gibt, die der Stadt durchaus mehr Lebensqualität hätten bringen können.
Aber die Entscheidung, Neues auf dem Plateau zu errichten, war längst getroffen und das Versprechen an die Richterschaft gegeben, endlich in „gediegenem Ambiente“ schalten und walten zu können, noch bevor eine Bewertung des angedachten Standortes nach denkmalpflegerischen Kriterien überhaupt erfolgt war. Diejenigen, die sich diesem „fait accompli“ nicht hingeben wollten, wurden – wie so oft – als ewig gestrige Fortschrittsfeinde oder gar Militaristen beschimpft. Ihre Kritik an der Sache wurde mit ideologischer Borniertheit gleich gesetzt. Erst als internationale Stimmen laut wurden, das Unesco-Denkmal Luxemburg nicht unnötig zu gefährden, wurde Schlimmeres verhindert. Es fanden Ausgrabungen statt, es wurde das Konzept einer „archäologischen Krypta“ ausgearbeitet um Jahrhunderte alte und fast vergessene Gemäuer zu erhalten. Die eigentliche Entscheidung, hier einen – auch vom architektonischen Standpunkt her umstrittenen – Verwaltungskomplex hinzustellen, wurde nie in Frage gestellt.
Nachdem in den Siebziger- und Achtzigerjahren die Abrissbirne besonders in Luxemburg-Stadt vieles zunichte gemacht hatte, schien es für ein knappes Jahrzehnt, als hätte auch in politischen Kreisen ein Umdenken stattgefunden. Das Denkmalamt wurde ausgebaut und könnte im ländlichen Raum auch einige Erfolge aufweisen. Allerdings war die relative Ruhe, die im Stadtzentrum eingetreten war, trügerisch: Inzwischen fallen wieder mehr alte Gebäude der Bauwut zum Opfer. Der ökonomische Druck ist so stark, dass im privaten Bereich nur strengere Bautenreglements Einhalt gebieten können. Dass aber der Staat als Bauherr ohne Not schützenswerte Ensembles wie das Heilig-Geist-Plateau dem erstbesten Vorhaben opfert, macht deutlich, welchen Stellenwert die Denkmalpflege politisch gesehen in Luxemburg tatsächlich hat.