FÜHNZEHNMAL OEKOFOIRE: Missbrauch inklusive

Die alljährliche Umweltmesse auf Kirchberg kommt in die Jahre. Ihr Erfolg misst sich allerdings nicht allein an der Zahl der BesucherInnen

Ob Zufall oder bewusste Provokation – das sei einmal dahingestellt: Heute Nachmittag wird die Luxemburger Regierung auf sehr plastische Art und Weise die ihr innewohnende Doppelzüngigkeit zur Schau stellen. Während Premierminister Juncker himself aus Anlass der 15. Oekofoire nach 15 Uhr in den Ausstellungshallen auf Kirchberg das Wort ergreifen will, feiert die Bautenministerin eine Viertelstunde früher „en présence de députés du Nord et du Centre“ die Eröffnung des wohl umstrittensten Teils der so genannten Nordautobahn, der Verbindung zwischen der Echternacher Straße und der Autobahn A1.

Dass die ganze Visite mit einem Bus vonstatten geht, ist nur ein schwacher Trost, denn danach wird die Straße gleich dem brausenden Verkehr übergeben. Derweil findet das anschließende Besäufnis pikanterweise im Restaurant Réimerwee statt – also nur einen Stein- oder (sagen wir es friedlicher) Tomatenwurf von der Oekofoire entfernt.

Die OrganisatorInnen der Oekofoire, die die 15. Ausgabe mit einem „Feuerwerk an neuen Ideen“ feiern wollten, dürften sich vom Premier eine Erklärung erwarten, was es mit dieser – zufälligen oder gewollten – minutengenauen Polit-Choreografie auf sich hat. Der Bau der Nordstraße dürfte, zusammen mit dem Trauerspiel um die Nicht-Einführung eines modernen schienengebundenen öffentlichen Nahverkehrssystems, zu den wohl größten Niederlagen der Luxemburger Umweltbewegung in den vergangenen 15 Jahren gehören. Schmerzliche Niederlagen, umso mehr die ihnen vorangegangenen Kampagnen von Seiten des Méco und seiner MitstreiterInnen auf sachlich fundierte Art und Weise – nicht zuletzt auch während der verschieden Oekofoires – geführt wurden und vor allem an der elektoralen Borniertheit der jeweiligen parlamentarischen Mehrheit abgeprallt sind. Gerade die Nordstraße hat nicht wenige aktive UmweltschützerInnen definitiv desillusioniert und ins Private abtauchen lassen.

Aber nicht alles wird umsonst gewesen sein. Zumindest das werden wir heute mit einiger Sicherheit von Juncker hören, der akribisch aufzählen dürfte, was in den letzten Jahren alles in Sachen Umwelt und Nachhaltigkeit geleistet wurde.

Die Oekofoire braucht heutzutage niemand mehr zu entdecken. Die Medien, die Politprominenz und sogar der viel umworbene „kleine Mann von der Straße“ finden ihren Weg auf den Kirchberg und erfüllen somit eines der veranschlagten Ziele der Oekofoire: die AnbieterInnen von umweltgerechten Produkten und Dienstleistungen einem möglichst breiten Publikum nahe zu bringen. Und was diesen Anspruch betrifft, lässt sich die Bilanz durchaus sehen. Bei allen praktischen und inhaltlichen Kritiken, die von AusstellerInnen, BesucherInnen und mehr oder weniger wohlwollenden BeobachterInnen der jährlich wiederkehrenden Szenerie in den potthässlichen Hallen der „Foires Internationales“ vorgebracht werden, es bleibt die Feststellung, dass angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel das Resultat sich allemal sehen lässt.

Aber vielleicht ist der oben angesprochene faux-pas der Bautenministerin eben auch der heilsame Schock für alle, die glaubten, die Oekofoire sei selbst für die schlimmsten Umweltzerstörer zu einer Art Tabu-Termin geworden, an dem es sich nicht gehört, solch blasphemische Aktionen wie die Eröffnung einer Autobahn durch ein Waldgebiet sich auch nur auszudenken. Der Publikumserfolg der Oekofoire scheint die politische Prominenz also doch nur in dem Maße zu interessieren, als sie sich zwar im Gewühl zeigen dürfen, doch die vielfachen Informationsangebote scheinen nicht zu fruchten. Die Durchökologisierung der Gesellschaft, die viele schon erwartet hatten, bleibt auch mit der 15. Oekofoire nur ein Traum.


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