STEVEN SODERBERGH: Stramme Pobacken, seichte Unterhaltung

„Magic Mike“ liefert zahme Unterhaltung, die so glatt an einem vorbei flutscht wie die nackten Körper im Film.

Der dreißig-jährige Mike Lane (Channing Tatum) würde gerne endlich eine seiner unzähligen Geschäftsideen verwirklichen, doch momentan wird er vor allem bei Nacht gut bezahlt: und zwar fürs Ausziehen. Mike verdreht nämlich als Stripper den Frauen des Xquisite Clubs in Florida jeden Abend den Kopf und kassiert dabei etliche Scheinchen, die er nach seinem Auftritt aus seinem knappen Tanga pflückt. Dallas, gespielt von Matthew McConaughey, vertraut als Besitzer des Clubs ganz auf „Magic Mike“, der zum Stripperstar der Szene geworden ist. Für den 19-jährigen Adam (Alex Pettyfer) läuft es gerade nicht so gut. Durch einen Streit mit seinem Football-Trainer hat er seine Chancen auf ein Stipendium vermasselt, und seinen ersten Job kündigte er, weil er des Stehlens beschuldigt wurde. Durch einen Zufall trifft Adam eines Abends schließlich auf Mike, der ihn trotz seines schäbigen Outfits mit in den Club nimmt. Der 19-jährige staunt nicht schlecht, als sich seine neue Bekanntschaft plötzlich halbnackt und eingeölt vor schreienden Frauen räkelt. Als in der Umkleide einer von Mikes Strip-Kollegen zusammenbricht, nachdem er sich einmal zu viel von der Drogenreserve des Haus-Djs bedient hat, muss Mike sich etwas einfallen lassen. Wie erwartet landet Adam auf der Bühne. Seine Unbeholfenheit wird von den angeheizten Zuschauerinnen als Show verstanden, was dem Anfänger den Namen „The Kid“ einbringt. Mike nimmt den neuen Rekruten unter seine Fittiche und mit ins Fitness-Studio, und bald werden die beiden Dallas` beste Geldeinbringer. Doch während Mike Adams Schwester näher kommt, ist Adam vor allem vom leichten Geld angezogen, das er in der Clubszene mittlerweile nicht mehr nur durchs Strippen verdient.

Dies mag nach einem ernsten Film klingen, der die zwielichtige Welt des Cabaret- und Rotlichtmilieus thematisiert und vielleicht sogar in eine Art „Requiem for a dream“ überschlägt. Weit gefehlt, denn die Szenen, die in Soderberghs Film am meisten prägen, sind die mit den schmierigen, glatt-rasierten Körpern, die vor kreischenden Frauen komplexe Choreografien tanzen. Denn diese sind überhaupt nicht ironisch und leider auch weit ausgebauter als die Dialoge zwischen den Hauptfiguren, die oft sehr flach wirken. Obwohl es einzelne Schmunzelmomente gibt, nimmt sich der Film jedoch todernst. Sexy, schlank und makellos sind immer alle, ob nackt oder angezogen. Wenn einige Stripper sich über ihr Alter sorgen, blendet Soderbergh schnell wieder eine aalglatte Strippnummer ein, die schnell mit Waschbrettbauch und strammen Pobacken von den Sorgen ablenkt. Eine bedrückende Stimmung wie die in „The Wrestler“, in der Mickey Rourke andere Wrestler, aber vor allem seinen alterndem Körper bekämpft, kommt in „Magic Mike“ nie auf.

Der Kontakt zwischen Zuschauer und Stripper wird nicht thematisiert, die Drogengeschäfte, die hinter der Bühne ablaufen sowie die Verbindung zur Prostitution werden nur ganz beiläufig erwähnt. Soderberghs makellose, polierte Inszenierung könnte genauso gut auf MTV laufen. Channing Tatum, der als Teenager angeblich als Stripper jobbte und auf dessen Erfahrung Magic Mike basiert, fühlt sich in dieser Rolle sichtlich wohl. Seine kreisenden Hüften würden einen angezogenen Ricky Martin erblassen lassen (was vielleicht sogar schon mal geschah, denn Tatum tanzte in Martins Clip zu „She bangs“). Wer also auf halbnackte, muskulöse Männer in Polizei-, Bauarbeiter- oder Cowboyklamotten steht, sich aber nicht ins Cabaretviertel traut oder gar seine Euro-Scheine sparen will, findet in diesem Film alles was er braucht. Eine spannende Handlung oder frontale Aufnahmen – weil dies wohl einige Zuschauer interessieren wird – offenbart der doch recht zahme Magic Mike nicht.

In der Cinémathèque.

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