Denkmal für Opfer von Polizeigewalt

Das Künstler*innenkollektiv Richtung22 macht mit einem weiteren Monument auf Missstände in Luxemburg aufmerksam. Diesmal kommen sowohl Polizei und Justiz als auch Politik und Presse schlecht weg.

© Richtung22

„In dieser Straße wurde am 11.04.2018 ein Mensch von einem Polizisten erschossen.“ Dieser Satz ist seit heute in der rue des Ardennes in Bonneweg zu lesen. Mit der Gedenktafel will das Künstler*innenkollektiv Richtung22 an einen Vorfall erinnern, der sich dort vor genau einem Jahr ereignete: Ein Autofahrer war durch den Schuss eines Polizisten tödlich verwundet worden.

Im Text der Gedenktafel teilen die Künstler*innen in dem für sie typischen satirischen Tonfall reichlich Kritik aus: Der Vorfall habe weder dazu geführt, dass besagter Polizist suspendiert, die Bewaffnung der Straßenpolizei hinterfragt oder die Polizei-Ausbildung reformiert worden sei. Der Justiz und der Inspection Générale de la Police wirft Richtungs22 mangelnde Transparenz vor.

Anstatt die Öffentlichkeit ausführlich über die Details aufzuklären, wurden in den Wochen nach dem Vorfall lediglich Informationsbruchstücke bekannt gemacht, die viel Raum für Spekulation und Gerüchte ließen. Umso überraschender kam es, dass Etienne Schneider RTL Lëtzebuerg gegenüber sagte, hinter dem Polizisten zu stehen und er den Vorfall auf einen mangelnden Respekt vor Autoritäten zurückführe. Hierauf bezieht sich Richtung22, wenn sie der Politik vorwirft sich nicht vom Schützen distanziert zu haben.

Schlecht weg kommt auch die Presse, die dafür kritisiert wird, Informationen aus dem Polizei-Bericht ohne Überprüfung übernommen zu haben. So hatten einige Presseorgane etwa von „Notwehr“ gesprochen, noch bevor genaue Details zum Tathergang bekannt geworden waren. Steve Remesch und Michel Thiel schrieben im „Luxemburger Wort“ zudem, der Polizist habe „entsprechend den gesetzlichen Vorgaben seine Dienstwaffe benutzt“. Auch Nic Dicken urteilte im Journal voreilig, indem er die Schuld an den Schüssen beim „unverantwortlichen Verhalten“ des Getöteten ausmachte.

Für Richtung22 sind dies alles Zeichen dafür, dass es sich bei Luxemburg um einen nicht funktionierenden Rechtsstaat handelt. Bereits vor einem Jahr hatten sich die Künstler*innen mehrmals kritisch zu dem Vorfall in Bonneweg geäußert.

Der Beamte wurde mittlerweile wegen vorsätzlicher Tötung und Körperverletzung angeklagt. Die Frage, ob er aus Notwehr handelte, ist nach wie vor ungeklärt.

Nach dem „Triumphale Bou fir Lëtzebuerg“, der „Claude-Marx-Statue“ und einem der Luxemburger Klimapolitik gewidmeten Monument ist dies bereits das vierte Denkmal, mit dem das Kollektiv auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam macht.

*Offenlegung im Sinne der Transparenz: Die Autorin ist im Dezember 2018 aus Richtung22 ausgetreten.

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