Wie zuvor beim Fuchsbandwurm wird nun beim Wolf behauptet, nur die Jäger*innen könnten uns retten. Doch die Gefahr wird aufgebauscht und bis auf Weiteres gilt: Hüte dich vor den Hüter*innen!
Frida musste eingeschläfert werden, die anderen sechs Schafe sind verletzt und traumatisiert. Weil es nichts an dem ändere, was ihre Tiere erlitten haben, lehnt Adela Fuentes eine finanzielle Entschädigung ab, berichtete RTL. Die Schafe der Tierschützerin waren Anfang Dezember von sich selbst überlassenen Jagdhunden angegriffen worden. Weil das im Rahmen einer angemeldeten „Klappjuegd“, bei der die Hunde frei laufen dürfen, geschah, bleibt es von staatlicher Seite ohne Konsequenzen, ja, Fuentes wird sogar eine Mitverantwortung unterstellt, da sie keine Schutzmaßnahmen ergriffen hatte. Die Tierschützerin ihrerseits macht sich Vorwürfe, nichts läge ihr wohl ferner, als den Hunden die Schuld zu geben.
Ganz anders war es beim Pony Dolly. Es wurde im September 2022 von einem Wolf gerissen und gehörte der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der Missetäter mit dem schönen Namen GW950m wurde prompt von den Behörden zum Abschuss freigegeben, eine Entscheidung, die ihrerseits von Tier- schützer*innen angefochten wurde – das juristische Tauziehen ist bis heute nicht abgeschlossen. Doch mittlerweile wird es nicht nur für diesen Wolf, sondern für alle seine Artgenossen europaweit eng. Die Kommission hat seit Ende 2022 dem Druck der Anti-Wolf-Lobbys nachgegeben und will den Schutzstatus aufweichen – dass das, wie Tierschützer*innen unterstellen, mit dem bedauernswerten Tod des Ponys zu tun hat, lässt sich nicht beweisen.
In Luxemburg genießt der Wolf die gleiche Narrenfreiheit wie schlecht ausgebildete Jagdhunde.
Immerhin: In Luxemburg genießt der Wolf die gleiche Narrenfreiheit wie schlecht ausgebildete Jagdhunde, stellt er doch als seltener Gast für Schafe und Ponys bisher nur eine marginale Gefahr dar. Dabei wird ein solcher 100-prozentiger Schutz nur von den radikalen Wildtierfreund*innen gefordert; für den internationalen Naturschutz-Mainstream gilt der Abschuss von Wölfen, die sich auf Nutz- statt Wildtiere spezialisieren, als akzeptabel. Das stellt nicht nur einen Kompromiss mit den ökonomischen Interessen der Weidewirtschaft dar, es liegt auch an der Wichtigkeit der Schafherden für den Erhalt von Wiesenbiotopen. Außerdem steht der Jagddruck auf Wildtiere wie Reh und Hirsch im Mittelpunkt, wenn von den positiven Auswirkungen der Rückkehr des Wolfs auf das Ökosystem Wald die Rede ist.
Doch was die EU plant und was derzeit schon in Schweden, Deutschland und der Schweiz in die Wege geleitet wird, geht weit über gezielte Abschüsse von „Problemwölfen“ hinaus. Ganze Rudel sollen „entnommen“ werden, auch ohne Nachweis von Rissen, einfach um den Bestand auf ein vorgegebenes Niveau zu reduzieren. Ein solches Vorgehen „mit dem Schrotgewehr“ widerspricht dem Stand der Wissenschaft, ebenso wie die Aussage von der Leyens, die Wolfsrudel seien zu einer potenziellen Gefahr für den Menschen geworden. Gefeiert wird diese Entwicklung natürlich von den Agrarlobbys … und von der Jägerschaft, die sich davon neue Aufgaben und Trophäen verspricht.
Ist der Wolf das Problem, die Jagd die Lösung? Ob Schweinepest, Fuchsbandwurm oder Verbiss von Jungbäumen – immer wieder stilisieren sich die Jäger*innen als Hüter*innen der Natur. Und sind in Wahrheit Pfuscher*innen, wie die Episode mit den entlaufenen Jagdhunden zeigt. Gewiss, sie sind bemüht, die von Tierschützer*innen beanstandete „Klappjuegd“ zu rehabilitieren, rennen damit aber bei Naturschützer*innen nur offene Türen ein. Ausgeblendet bleibt, wie die Jägerschaft davon ausgeht, Hain und Flur gehörten ihr, Spaziergänger*innen und Weidetiere seien lästige Ablenkungen. „Mit zu breiten Stiefeln durch den Wald“ hieß es in einem jagdkritischen woxx-Interview vor 15 Jahren – daran scheint sich nichts geändert zu haben.