Der ehemalige künstlerische Direktor der Kulturhauptstadt Esch 2022 ist der neue künstlerische Direktor des Bridderhaus und des Espace Lavandier – eingestellt von der neuen Gemeinde-asbl „frEsch“.
Wer in den letzten Monaten die Escher Kulturpolitik verfolgt hat, kam sich wie in einem mittelmäßig spannenden Bahnhofkrimi vor. Mit seriöser Politik die Fakten schafft, Programme umsetzt und Menschen zusammenbringt, hatte das Intrigantenstadl im Minett wenig zu tun. Nachdem nun der künstlerische Direktor Christian Mosar Ende Mai aus dem Kulturhauptstadt-Jahr ausgestiegen war – man hatte sich „einvernehmlich“ getrennt – taucht er jetzt, wie die woxx schon gemutmaßt hatte wieder in Esch auf.
Die Vereinigung „frEsch“, bereits vor dem Abgang Mosars gegründet, hat zum Ziel, den ambitiösen Kulturentwicklungsplan der Stadt umzusetzen. Dieses „Connexions“ genannte Dokument wurde bereits 2017 vorgestellt und soll den Weg bis ins Jahr 2027 aufzeigen. Damals war der kommunale Kulturentwicklungsplan eine ziemlich neue Sache, wurde er doch vor dem nationalen Plan fertiggestellt. Dann war es aber auch lange Zeit ruhig geworden, ehe die Stadt ihm wieder „frEschen“ Atem einhauchte.
Über die Gründe dieser „Flucht nach vorn“ (wie der Kollege im Lëtzebuerger Land das Manöver nennt), kann nur spekuliert werden. Es ist aber sicher so, dass viele Escher Projektträger*innen, seien es einzelne Künstler*innen, Tandems oder Kollektive, eine immer größer werdende Frustration mit Esch 2022 verspüren. Ewig lange Wartezeiten auf grünes Licht, Projekte, an denen monatelang Vorarbeit geleistet wurde, um dann mit einem Formbrief ins „Kategorie C“ (also abgelehnt) Nirvana geschossen zu werden und Unsicherheiten bei der Ko-Finanzierung der Projekte sind nicht gerade attraktiv für Menschen, die oft einen prekären Lebensstil gewählt haben, um sich ihrer Kunst zu widmen.
Sei es Absicht oder nicht, die drei vorgestellten Projekte – Espace Lavandier, das Bridderhaus und das Bâtiment IV – fungieren effektiv als Auffangbecken für Künstler*innen, die aus dem einen oder anderen Grund nichts mit Esch 2022 am Hut haben. Auch wenn das Bâtiment IV, in dem Escher Kollektive wie das Hariko, Cueva und Independent Little Lies unterkommen werden, zur Hälfte von der Kulturhauptstadt, im Rahmen der Tiers Lieux-Initiative mit der Oeuvre Grande-Duchesse Charlotte finanziert wird.
In dem Sinne holen sich die Escher, nachdem eine „Stater Clique“ ihnen die Deutungshoheit über die Kulturhauptstadt abgesprochen hatte, ihre Kultur teilweise zurück und schaffen Fakten. Und mit Christian Mosar als Direktor der Ausstellungshalle im ehemaligen Möbelgeschäft Lavandier und der Künstlerresidenz Bridderhaus – die 2021 respektiv 2022 eröffnen sollen – haben sie der Kulturhauptstadt, die sich eh auf das menschenleere Techno-Viertel Belval konzentriert, ein schönes kleines Schnippchen geschlagen. Esch ist nicht Schilda, jedenfalls nicht immer …