Green Finance: Das Geld wächst auf den Bäumen

Die Welt retten und dafür auch noch satte Profite einstreichen? Das versprechen viele Green Finance-Fonds. Doch hinter einer vermeintlich nachhaltigen Fassade verstecken sich oft zweifelhafte Praktiken.

Überall in den Tropen werden Eukalyptus-Plantagen angelegt, so wie hier in Kenia. Das bedeutet Risiken für die lokale Biodiversität und oftmals erhöhte Waldbrandgefahr. (Foto: CC-BY-NC-ND CIFOR)

Bäume pflanzen, um gegen die Klimakrise zu kämpfen, klingt wie eine sehr logische Sache: Wälder verwandeln große Mengen CO2 in Sauerstoff und Biomasse. Wenn das Holz, das dabei entsteht, zum Beispiel als Baumaterial verwendet wird, kann der Kohlenstoff auf lange Zeit gebunden werden. In einen Fonds investieren, der Forstwirtschaft im globalen Süden finanziert, scheint also eine Win-Win-Situation darzustellen: Man rettet mit seinem Geld die Welt und bekommt auch noch eine fette Rendite.

Doch was, wenn die gepflanzten „Wälder“ in Wirklichkeit Monokultur-Plantagen sind, auf denen nicht-einheimische Baumarten wachsen? Und was, wenn das Holz zumindest teilweise als Biomasse verfeuert wird? Die vermeintlich nachhaltige Geldanlage wirkt so schnell wie ein Greenwashing-Produkt.

Luxemburg rühmt sich gerne als Sitz vieler grüner Finanzprodukte. Dazu gehört auch der Arbaro Fund. Anfang Mai wurde die Landesbank Baden-Württemberg kritisiert, weil sie 3,5 Millionen Dollar in den Fonds investiert hatte. Bereits im März 2020 forderten 133 Organisationen den Green Climate Fund (GCF) in einem offenen Brief auf, Arbaro nicht zu unterstützen. Ohne Erfolg: Mit 25 Millionen Dollar kofinanzierte der GCF das umstrittene Projekt. Der GCF ist ein Instrument, das auf den UN-Klimakonferenzen im Rahmen des weltweiten Kampfs gegen die Klimakrise entwickelt wurde.

Arbaro hat seinen Sitz in Luxemburg, wird von der hierzulande ansässigen FIM Asset Management verwaltet und von der Arbaro Advisors GmbH mit Sitz in Frankfurt beraten. 200 Millionen Dollar schwer sind die Investitionen, die vor allem in zwei Firmen gesteckt wurden, die in Südamerika und in Afrika agieren. Dort seien die „biophysikalischen Wachstumskonditionen für Wälder“ ideal, heißt es auf der Website des Fonds. 20 Millionen Tonnen CO2 sollen mit den Baumpflanzungen gebunden werden – über die Dauer dieser Bindung schweigt man sich jedoch aus.

Cash Crop Eukalyptus

Ein Punkt, der bei Kritiken an Arbaro immer wieder genannt wird, ist die Wahl der Baumarten. Hauptsächlich kommt schnell wachsender Eukalyptus zum Einsatz, aber auch andere Arten wie Akazie und Teak. Oft sind diese Baumarten nicht einheimisch, was Fragen zu ihrem Einfluss auf die Biodiversität aufwirft. Auch wenn es in vielen Wäldern eine Hauptbaumart gibt, so entwickelt sich ein komplexes Ökosystem aus verschiedensten Tier- und Pflanzenarten. Kann sich aus einer Plantage, die möglichst schnell Profite abwerfen soll, über die Jahrzehnte ein Wald entwickeln, den man tatsächlich als nachhaltig bewerten kann?

Markus Grulke mag den Begriff Monokultur nicht. „In der Forstwirtschaft reden wir eher von Reinkultur, da es ja immer auch andere Baumarten gibt, aber eine dominiert“, sagt der Managing Director von Arbaro der woxx im Interview. Die Antwort auf die Frage, wie viel Prozent der Investitionen des Fonds in Monokulturen fließen würden, sei komplex. „Man muss bei Aufforstungen mit einzelnen Baumarten arbeiten, die an den Standort und die Bedingungen angepasst sind. Wir finanzieren die Aufforstung von Flächen in den Tropen, die vor 30 oder 50 Jahren in Weide- oder Ackerland umgewandelt wurden. Nicht jede Baumart verträgt diese Bedingungen.“

Ein wichtiger Faktor sei auch die Mosaik-Struktur: 25 bis 30 Prozent der von Arbaro gekauften Flächen seien natürliche Habitate wie Sümpfe, natürliche Grasflächen oder noch bestehende Wälder, die nicht aufgeforstet würden. Das sei ein wichtiger Beitrag zur Biodiversität, so Grulke. Insgesamt investiere der Fonds in verschiedene Baumarten, viele Betriebe würden sich jedoch auf eine Art konzentrieren.

CO2-Speicher auf Zeit

Pflanzt man Bäume, um CO2 zu speichern, sollten diese möglichst lange wachsen und im besten Fall nicht als Biomasse im Ofen enden, da sonst das Treibhausgas gleich wieder freigesetzt wird. Miro, die größte Firma, in die Arbaro investiert und die Plantagen in Ghana und Sierra Leone unterhält, produziert auch Grillkohle und Biomasse für die Energieproduktion. „Die Projekte, in die wir investieren, zielen nicht auf Biomasse ab, das ist ein Beiprodukt“, sagt Grulke dazu. In der Forstwirtschaft ist es relativ normal, dass gerade in der ersten Entwicklungszeit eines Waldes viele Bäume gefällt werden, damit einige wenige dick und gerade wachsen können. Der Großteil des geernteten Holzes werde stofflich verwertet, also zum Beispiel zu Möbeln oder Strommasten verarbeitet. Wie lange die Plantagen als Kohlestoffspeicher fungieren werden, ist jedoch schwer zu sagen, auch für die Mitarbeiter*innen des Fonds.

„Wenn wir die CO2-Speicherung ausrechnen, gehen wir von einem Langzeitdurchschnitt aus. Der ist höher als am Anfang der Wiederaufforstung, aber niedriger als vor dem Fällen. Natürlich speichert eine Plantage weniger CO2 als ein Primärwald, aber verglichen mit anderen Landnutzungen wie der Landwirtschaft ist es mehr“, erklärte Patricia del Valle, Senior Associate bei Arbaro, der woxx im Gespräch.

Foto: 139904/Pixabay

„35 Prozent der gepflanzten Bäume stammen aus eigener Klon-Produktion“, heißt es stolz im Jahresbericht 2020 von Miro. Tatsächlich ist das Klonen von Pflanzen, oft auch als vegetative Vermehrung bezeichnet, gängige Praxis, besonders wenn es darum geht, immer die gleichen Resultate zu erzielen. In vorgeblich nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stellt sich jedoch die Frage, wie sich diese genetische Armut auf die Biodiversität auswirkt. Wenn Eukalyptus und andere schnell wachsende Arten lediglich zur Aufforstung eingesetzt werden, werden sie dann irgendwann durch einheimische Arten und einen richtigen Wald statt einer Plantage ersetzt?

„Manche Flächen werden noch zwei, drei oder vier Dekaden auf Eukalyptus setzen, andere Wälder werden durchaus gemischt werden. Es ist schwierig zu sagen, wie sich das entwickeln wird, das ist ein Lernprozess, in dem wir da drin sind“, sagt Grulke dazu. Die Firmen, in die Arbaro investiere, würden die Biodiversität überwachen und hätten Verbesserungen festgestellt, vor allem durch den Schutz jener Flächen, die nicht aufgeforstet würden. Wenn man die Biodiversität von kahlen, nicht nachhaltig bewirtschafteten Weideflächen mit Plantagen vergleicht, wird man in letzteren sicherlich mehr verschiedene Tier- und Pflanzenarten finden. Ob das aber an einen „echten“ Wald herankommt, kann man durchaus bezweifeln.

Label gut, alles gut?

In der Forstwirtschaft werden eher selten Pestizide verwendet – auch weil der Wald ein Lebensraum für viele verschiedene Tierarten ist. Bei den Firmen, in die Arbaro investiert, ist das aber zum Großteil Standard. „Manche schaffen es auch komplett ohne, aber ganz am Anfang der Pflanzungen werden solche Mittel oft eingesetzt. Das kann sein, um krautige Vegetation zu entfernen oder um die Blattschneideameisen zu vertreiben, die in Südamerika ein riesiges Problem sind. Es wird aber ungefähr nur fünf Prozent dessen eingesetzt, was in der gleichen Zeit in der Landwirtschaft eingesetzt würde. Die Kriterien des FSC sind streng, da muss man glaubhaft belegen können, dass der Einsatz von Pestiziden nötig war“, so Grulke dazu. FSC ist der Forest Stewardship Council, eine NGO, die das bekannte gleichnamige Label für nachhaltige Holzprodukte vergibt. Auch wenn es sich um ein Label mit vergleichsweise hohen Standards handelt, so gibt es immer wieder Kritik daran, dass gerade im globalen Süden die Kontrollen oft nicht weitreichend genug seien.

Ziel des Arbaro-Fonds sei es, die Finger von Naturwäldern zu lassen und die vielen verfügbaren Flächen für Wiederaufforstung zu nutzen, so Grulke im Gespräch mit der woxx. An den Argumentationen der Arbaro-Mitarbeiter*innen erkennt man, dass es bei der Bewertung der Nachhaltigkeit auch auf die Perspektive ankommt: Eine Plantage ist besser als eine Brachfläche, auf der nichts wächst. Allerdings gibt es neben dem Konzept „Aufforstung“ auch die Idee der „Wiederbewaldung“. Statt einer möglichst ökonomischen Nutzung steht hier die Wiederherstellung eines möglichst artenreichen Waldes im Vordergrund. „Rainforest.lu“ ist ein derartiges Projekt, das von der alternativen Finanzierungsinitiative Etika unterstützt wurde. In Costa Rica werden in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Projekt „Regenwald der Österreicher“ aus ehemaligen Palmölplantagen wieder Tropenwälder – die zudem noch CO2 binden.

Wiederbewaldung statt Aufforstung

Welches Projekt nachhaltiger ist, ist klar – aber auch, welches profitabler ist. Die soziale Dimension sollte jedoch ebenfalls nicht vergessen werden: Arbaro schafft nicht wenige Arbeitsplätze. Wie bei vielen Green Finance-Initiativen zeigt sich, dass es oft schon reicht, nicht die schlimmstmögliche Nutzung zu unterstützen, um sich als nachhaltig verkaufen zu können. Auf ein Label für nachhaltige Finanzen wie etwa LuxFlag verzichtet Arbaro. Man verlasse sich auf FSC, die immerhin tatsächlich vor Ort überprüfen würden, wie gewirtschaftet wird. Außerdem erhoffe man sich von der kommenden EU-Taxonomie einen einheitlichen Industrie-Standard, den man unterstützen könne.

Die EU-Kommission arbeitet schon länger an einer Taxonomie, die Kriterien festlegen soll, anhand derer die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten eingeschätzt werden kann. Als Ende April der Kriterienkatalog für nachhaltige Investitionen präsentiert wurde, warnte beispielsweise die NGO Germanwatch vor Greenwashing im Bereich Forstwirtschaft. Die Kriterien seien zu schwach und gefährdeten die Ziele für die Biodiversität.

Wenn die EU-Regeln zu schwach sind, müsste sich Luxemburg als großer „grüner“ Fondsstandort vielleicht endlich dazu durchringen, selbst zu regulieren, was man als „nachhaltig“ verkaufen darf und was nicht. Klare Regeln würden der vielgelobten Transparenz des Finanzplatzes zugutekommen.


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