Im Kino und auf Apple TV+: Wolfwalkers

Sowohl Ästhetik als auch historische Anspielungen machen „Wolfwalkers“ zu weit mehr als einem Film für Kinder. Für letztere riskieren vor allem die vielen Gewaltszenen überwältigend zu sein.

Robyn versucht ihrem Vater beizubringen, dass sie sich entgegen seinem Willen in den Wald geschlichen und dort „Wolfwalkers“ angetroffen hat. (Fotos © 2020 Apple Inc.)

Es ist mittlerweile keine Seltenheit, dass animierte Filme und Serien erscheinen, die sich eher an ein erwachsenes Publikum richten. Ein Beispiel dafür ist „The Breadwinner“, der 2018 in den luxemburgischen Kinos lief. Darin ging es um Parvana, ein 11-jähriges, in Kabul lebendes Mädchen, das sich als Junge verkleidet, um seine Familie finanziell versorgen zu können.

In Animationen können die Dinge gezeigt werden, deren Darstellung in Realfilmen nicht ganz so einfach wäre. Auch wenn es sich nicht per se um Kinderfilme handelt, behält das Dargestellte auf diese Weise doch eine gewisse Leichtigkeit: Eine blutige Schlägerei, die animiert ist, kommt wahrscheinlich nie an die Brutalität eines Realfilms heran.

Eins der Animationsstudios, die an der luxemburgischen Co-Produktion „The Breadwinner“ beteiligt waren, ist Cartoon Saloon. Im irischen Kilkenny ansässig, hat das Studio bisher drei eigene Produktionen vorzuweisen. 2009 erschien „The Secret of Kells“, fünf Jahre später folgte „Song of the Sea“. Bei den diesjährigen Filmfestspielen im kanadischen Toronto feierte der letzte Teil der Trilogie,„Wolfwalkers“, Premiere.

Darin geht es um Robyn (Honor Kneafsey), die im Jahr 1650 mit ihrem Vater Bill (Sean Bean) in Kilkenny lebt. Das Sagen in der Stadt hat Lord Protector Cromwell (Simon McBurney). Mit dem Ziel die angrenzenden Wälder zu roden, beauftragt er Bill damit, die dort lebenden Wölfe zu töten. Robyn wäre nichts lieber, als ihrem Vater dabei zu helfen, besteht ihr Alltag ansonsten doch vor allem aus Putzarbeit. Entgegen Bills Rat, in der Stadt auf ihn zu warten, schleicht Robyn sich an den Wachen vorbei. Es dauert nicht lange, bis sie im Wald auf das Wolfsrudel trifft; unter ihnen lebt ein Mädchen in ihrem Alter namens Mebh (Eva Whittaker), mit dem Robyn sich nach und nach anfreundet. Mebh ist alles andere als ein gewöhnliches Mädchen, verwandelt sie sich doch nachts in eine Wölfin. Sie ist eine Wolfwalker …

Auch wenn die Geschichte auf den ersten Blick wie eine reine Kindergeschichte erscheint, so könnte er für die Kleinen sowohl inhaltlich als auch visuell etwas überwältigend sein. Die Animationen unterscheiden sich stark von denen, die man etwa von Pixar gewohnt ist. Auf Grund des flächigen Looks braucht man bei jeder Einstellung ein wenig, um sich zu orientieren. Anders als es bei naturalistischen Darstellungen der Fall ist, wird hier von den Zuschauer*innen verlangt, mitzudenken und sich auf das beständige Spiel mit Dimensionen und Formen einzulassen. Wer sich nur berieseln lassen will, verpasst nicht nur viele Details, sondern ist an manchen Stellen womöglich überwältigt von der Fülle an Eindrücken. Es ist vor allem dem ästhetischen Aspekt zu verdanken, dass auch ein älteres Publikum sogar nach mehrmaliger Sichtung voll auf seine Kosten kommen kann.

Doch auch inhaltlich ist es von Vorteil, sich mit mit irisch-britischer Geschichte auszukennen. 1649 und 1650 hatte der puritanische Abgeordnete Oliver Cromwell einen beispiellosen Strafzug gegen die Aufstände in Irland geführt und damit die britische Herrschaft in Irland endgültig gefestigt. Städte wie Drogheda und Wexford hatten er und seine Truppen dabei völlig zerstört. „Wolfwalkers“ ist in dem Sinne eine revisionistische Erzählung, eine, in der Cromwell bezwungen werden konnte und Städte wie Kilkenny samt angrenzenden Wäldern unbeschadet blieben.

Die Erzählung von „Wolfwalkers“ erschließt sich den Zuschauer*innen jedoch auch ohne historisches Hintergrundwissen. Aspekte wie Einelternfamilien, Freundschaft, Außenseitertum und Widerstand bieten ausreichend Anhaltspunkte und Identifikationsmöglichkeiten. Einziger Wermutstropfen sind die vielen Gewaltszenen. Inmitten einer durch und durch originellen Produktion wirken sie ein wenig einfallslos.

In allen Sälen und auf Apple TV+. Alle Uhrzeiten finden Sie hier.

Bewertung der woxx : XXX


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