Seit 20 Jahren ringen der Presserat und die Association luxembourgeoise des journalistes professionnels (ALJP) mit der luxemburgischen Regierung um eine gesetzliche Grundlage für ein Informationszugangsrecht für Journalist*innen. Was ist nun vom vorläufigen Ergebnis zu halten?
Was lange währt, wird endlich gut, lautet ein deutsches Sprichwort. In Spanien dagegen geht es etwas pessimistischer zu. „Quien espera, desespera“ – Wer wartet, verzweifelt. Schon in den Anfängen der nervlichen Zerreißprobe zwischen Anliegen und Hinhaltung forderte die Journalist*innenseite eine Verankerung des Informationszugangsrechts in die „Loi sur la liberté d’expression dans les médias“ (der Name des Pressegesetzes, das 2004 verabschiedet wurde). Bekommen haben sie das mit dem neuen Entwurf, der in Änderungen von drei verschiedenen Gesetzestexten besteht, immer noch nicht. Die Anpassung im Pressegesetz beschränkt sich darauf zu spezifizieren, wer genau mit dem Begriff Journalist*in gemeint ist. Ebenfalls eine der Forderungen des Presserats, der unter anderem für die Ausstellung von Presseausweisen verantwortlich ist.
Lynn Warken, Präsidentin des Presserats, zeigte sich im Interview mit dem Radiosender 100,7 skeptisch gegenüber dem Entwurf. Es gelte nun, die Grenzen der Änderungen am Transparenzgesetz auszuloten, das 2018 als Kompromiss von der Regierung vorgeschlagen wurde. Um Schlupflöcher zu vermeiden und sicherzustellen, dass es nicht schlechter wird als zuvor, müssen alle Szenarien durchgespielt werden. Ein Punkt, der Warken sofort auffällt: Die Regierung setzt weiterhin keine festen Fristen für die Beantwortung von Presseanfragen.
Auch dies eine langjährige Kritik, der bislang nur in der 2022 aktualisierten Version des in Pressekreisen gut bekannten „circulaire Bettel“ entsprochen wurde. 24 Stunden solle ein*e Journalist*in schon warten können, bevor sie*er entweder die angefragte Information, die Angabe der genauen Wartezeit oder die „raisons légales“ für eine Informationsverweigerung bekäme. Premier Luc Frieden (CSV) ist kein Freund von festgelegten Fristen. „Die Frage, wie viel das Büromobiliar in einem bestimmten Jahr kostete, bedarf einer aufwendigeren Recherche als die Frage, wann man an einem bestimmten Tag aufgestanden ist“, äußerte er zur Begründung, warum sich auch 2024 keine spezifischen Pressefristen im Gesetz finden lassen. Als müsse der*die Staatsbeamt*in in Zeiten digitaler (und transparenter) Buchhaltung gleich ganze Ordner per Hand nach dem Hinweis auf Möbelhausrechnungen durchsuchen.
Premier Luc Frieden ist kein Freund von festgelegten Fristen.
Als erstes von drei Hauptzielen nennt der Entwurf „ein spezifisches Zugangsrecht zu Informationen für berufliche Journalisten einzuführen und den nationalen Rechtsrahmen mit den Bestimmungen des Europaratsübereinkommens über den Zugang zu öffentlichen Dokumenten („Tromsø-Konvention“) in Einklang zu bringen (…)“. Wer einen genauen Blick hinein wirft, dem fällt auf, dass tatsächlich nahezu alle Änderungen auf der von aktuell 20 europäischen Ländern unterschriebenen Tromsø-Konvention beruhen. So gilt auch das Informationszugangsrecht prinzipiell, ganz nach Art der „Tromsø-Konvention“, für alle natürlichen und juristischen Personen.
In Bezug auf Journalist*innen wird im Text lediglich neben dem allgemeinen Recht auf Zugang betont, dass sie Zugang zu Dokumenten haben, um ihre Aufgabe im öffentlichen Interesse zu erfüllen. Auch hier verbleibt der Text in seiner Festlegung reichlich vage. Im einzig weiteren journalist*innen-spezifischen Absatz (Artikel 5, Absatz 4) heißt es ebenso vage: „Bei der Bearbeitung von Anfragen zur Kommunikation berücksichtigen die angefragten Organisationen, im Rahmen des Zumutbaren, die besonderen Bedürfnisse von Berufsjournalisten.“ Laut einer Erläuterung von Elisabeth Margue sind hier zeitliche Einschränkungen gemeint. Es steht zu hoffen, dass kein*e Journalist*in nach den Kosten für das Büromobiliar fragt.
Kritisch angemerkt wurden auch die zahlreichen Einschränkungen, nach denen der Zugang zu Dokumenten verwehrt werden darf. Dazu zählen unter anderem Rechte an geistigem Eigentum oder die Fähigkeit, dass die Veröffentlichung Entscheidungsprozesse in Bezug auf die wirtschaftliche, finanzielle, steuerliche und kommerzielle Politik behindern könnte.
Im Gegensatz zur Tromsø-Konvention fehlt im luxemburgischen Gesetzesentwurf jedoch ein wichtiger Bestandteil. In der Konvention folgt auf die zahlreichen möglichen Einschränkungen der Halbsatz: „(…) es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Offenlegung“. Dieser Zusatz ist nicht unerheblich, bedeutet er doch, dass Informationen trotz Einschränkungen bei öffentlichem Interesse eben doch zugänglich gemacht werden können. In Gesetzestexten zählen Halbsätze wie in kaum einem anderen Metier – abgesehen von der Poesie.
Aktuell liegen der Text und seine Änderungen wieder bei den Journalist*innen-Vertretungen. Es ist nun an ihnen, einen Avis zum Entwurf vorzulegen. Ob die Änderungswünsche berücksichtigt werden? Bleibt abzuwarten.