Luxemburgische Bibliotheken: Geschlossen, unterbesetzt und elitär?

Die Neueröffnung der Nationalbibliothek steht kurz bevor. Für Déi Lénk-Abgeordneten Marc Baum und David Wagner ein Anlass, um auf Missstände in der luxemburgischen Bibliothekslandschaft hinzuweisen und Erklärungen einzufordern.

Vier Beispiele von Baum und Wagner reichen aus, um zu veranschaulichen, was der optimalen Nutzung der 2018 eröffneten Universitätsbibliothek „Luxembourg Learning Centre“ (LLC) und der bald neueröffneten Nationalbibliothek (BnL) im September 2019 im Wege steht oder stehen könnte.

Zunächst weisen die beiden Abgeordneten darauf hin, dass nach der Bekanntmachung des Umzugs der BnL keine weiteren unbefristeten Stellen zur Verstärkung des Bibliothekar*innen-Teams geschafft wurden, obwohl mit einem Anstieg der Besucherzahlen zu rechnen sei.

Die Abgeordneten gehen zwar nicht darauf ein, aber es steht generell eher schlecht um den Nachwuchs in dem Berufszweig, wie Tamara Sondag aus der Escher Bibliothek der woxx kürzlich verriet. Einfacher macht das die Suche nach Fachpersonal nicht. In einer gemeinsamen Antwort auf die parlamentarische Anfrage der beiden linken Politiker geben die Kulturministerin Sam Tanson (Déi Gréng) und der Hochschulminister Claude Meisch (DP) an, die BnL habe im Hinblick auf die Neueröffnung in den letzten sieben Jahren 16,5 Autorisierungen zur Stellenbeschaffung erhalten. Rund 80 Prozent der Stellen wurden bis dato in den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern besetzt. Nach dem „Rapport de la Commission du développement durable de la Chambre des députés, relatif à la loi autorisant la construction d’un nouveau bâtiment pour la Bibliothèque nationale“ aus dem Jahr 2013 waren insgesamt 21,75 Vollzeitstellen angedacht. Der Bedarf an Personal ist bis zur Neueröffnung der BnL demnach nicht gedeckt. Die entsprechenden Prozeduren laufen.

Ungünstige Öffnungszeiten

Mehr Personal ist unter anderem deshalb nötig, weil die Öffnungszeiten der Nationalbibliothek verlängert werden sollen: Dienstags bis freitags von 10 bis 20 Uhr, samstags bis 18 Uhr. Nur das alte Gebäude schließt seine Türen samstags auch weiterhin zur Mittagszeit. Die Öffnungszeiten würden nach Bedarf und personalen Mitteln eventuell weiter ausgedehnt, so Tanson und Meisch in ihrem Schreiben. Baum und Wagner interessieren sich aber nicht nur für die Öffnungszeiten der BnL. Sie hinterfragen auch die der Universitätsbibliothek, die in der Regel an Wochenenden geschlossen ist. Ausgerechnet dann, wenn Studierende die meiste Zeit für ihre Recherche und das Redigieren von Texten hätten. Tanson und Meisch kontern mit einem Pilotprojekt, das im Juni diesen Jahres durchgeführt wurde: Während der Prüfungszeit war die Bibliothek an Samstagen bis um 17 Uhr geöffnet. Auch von September bis Dezember 2019 sollen die Besucher*innen an Samstagen Zugang zu den Räumlichkeiten haben. Über die endgültigen Öffnungszeiten würde nach der Evaluierung des Pilotprojektes entschieden.

Ausgebildete Expert*innen „only“

Baum und Wagner holen in ihrer parlamentarischen Anfrage noch weiter aus. Sie zeigen mit dem Finger auf die Bibliotheken des Max Planck Instituts-Luxembourg (MPI-Luxembourg) und der Cour de justice de l’union européenne (CJUE). Sei letztere von luxemburgischen Autoritäten wiederholt als Argument für den Erhalt eines Universitätscampus in Kirchberg benutzt worden, so sei es doch paradox, dass sie seit 2015 nur noch ausgebildeten Expert*innen (Anwälte, Forschende, Lehrbeauftragte an Universitäten) zur Verfügung stünde. Dabei wird es vorerst auch bleiben. Es handele sich schließlich, sagen Tanson und Meisch, um eine „bibliothèque hautement spécialisée“. Es sei normal, dass Studierende ohne Abschluss keinen Zugang dazu hätten. Eine diskutable Schlussfolgerung für alle, die für den freien Informationszugang für die Allgemeinheit eintreten. Doch auch im Hinblick auf die Bibliothek des MPI-Luxembourg sind die Erklärungen der zuständigen Minister*innen unbefriedigend.

Heikle Finanzierungspolitik?

Das MPI-Luxembourg wird integral durch staatliche Mittel finanziert. Dessen Bibliothek ist Akademiker*innen, Institutsmitgliedern und Mitarbeiter*innen internationaler sowie europäischer Institutionen zugänglich. Teil des nationalen Bibliotheksnetzwerks ist sie nicht, somit sind ihre Quellen auch nicht im kollektiven Bibliothekskatalog a-z.lu verzeichnet. Ein Detail, das Baum und Wagner anprangern, da der breiten Öffentlichkeit auf diese Weise wichtige Sammlungen vorenthalten bleiben.

Tanson und Meisch vertrösten sie mit dieser Information: Das MPI-Luxembourg habe 2016 ein „Memorandum of Understanding“ mit der BnL unterschrieben. „Ce Mémorandum of Understanding constitue un premier pas en vue de coopérations futures avec les partenaires du Consortium Luxembourg pour l’acquisition“, schreiben die befragten Minister*innen dazu, „et la gestion de publications électroniques qui sont, outre la Bibliothèque nationale et l’Université, les deux centres de recherche publics LIST et LIH.“ Gleichzeitig will das MPI-Luxembourg aber, so die beiden weiter, seine eigene Identität und die Kooperation mit der deutschen Max Planck Gesellschaft wahren. Aus dem Grund handelt es sich bei der Institutsbibliothek auch nicht um eine öffentliche Bibliothek. Wie das mit der Tatsache vereinbar ist, dass das MPI-Luxembourg vom Staat finanziert wird, bleibt offen. Für Bibliotheken, die in den Genuss öffentlicher Gelder und den Status als öffentliche Bibliothek kommen wollen, ist die Teilnahme am Bibliotheksnetzwerk bibnet.lu seit 2010 obligatorisch.


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