März 2024: Willis Tipps

Usbekische Ikone

Munojat Yulchieva (auch: Monâjât oder Munadjat) gilt als die bedeutendste Sängerin des klassischen Repertoires Usbekistans mit Legendenstatus. Trotz ihrer lang andauernden Karriere waren bisher lediglich zwei CDs von ihr in Europa erhältlich, und zwar jene von 1994 und 1997. Das Album Selected Pieces, mit Liedern die Yulchieva selbst produzierte, ist deshalb eine ganz besondere Veröffentlichung, auch wenn die Stücke schon zwischen 2006 und 2011 aufgezeichnet wurden. Aus dem arabischen Maqam entwickelten die Musiker*innen in Zentralasien den Shashmaqam, die klassische Kunstmusik Usbekistans und Tadschikistans, die jahrhundertelang an den Höfen der Herrscher erklang. Der Shashmaqam zeichnet sich durch eine besondere Melodik aus, die Tondefinition ist viel freier als in Europa und die Rhythmik hat einen speziellen Fluss, der teils ganz frei von jeglichem „Beat“ ist. Begleitet wird Yulchieva von Meisterinstrumentalisten wie Turgun Alimatov und Shavkat Mirzaev. Mit diesem Album hier kann man die bestechende Faszination des expressiven, klassischen usbekischen Gesangs erleben, dargeboten von einer der großartigsten Vokalistinnen auf diesem Planeten.

Munojat Yulchieva – Selected Pieces – Felmay

Westsahara Klänge

Nach dem Rückzug Spaniens besetzte Marokko die Westsahara und seitdem leben knapp 200.000 Sahrauis in Flüchtlingscamps in Algerien. Der Widerstand gegen diesen Zustand ist bis heute nicht gebrochen. Aziza Brahim, die in einem der Flüchtlingslager aufgewachsen und später nach Spanien gegangen ist, trägt das musikalische Banner der 2015 verstorbenen Ikone Mariem Hassan weiter. 2008 erschien Brahims erstes Album. Internationale Anerkennung erhielt sie 2014 mit ihrer Platte Soutak, der bald zwei weitere folgten. Nun ist nach einer fünfjährigen Pause ihr neues Album Mawja herausgekommen. Ihre Musik ist atmosphärisch nah bei den Tuareg-Gruppen, aber doch mit einem weicheren, melodiösen Ausdruck. Sie hat sich auch beeinflussen lassen von Musik, die man in ihrer Wahlheimat hört, und kann aber auch sehr bluesig, wie im Stück „Metal, Madera“. Das Album hat einen feinen Groove mit Percussion und modernem Bass. Die Westsahara bleibt aber stets unüberhörbar. Ein sehr schönes Album der engagierten Sängerin mit der einnehmenden Stimme.

Aziza Brahim – Mawja – Glitterbeat Records

Slowakischer Folkrock

Die Musik aus der Slowakei führt ganz zu Unrecht ein Schattendasein in Westeuropa, dabei ist da Hochinteressantes zu entdecken, sowohl was Melodien, die Klangfarbe der Singstimmen als auch was den Rhythmus angeht. Ganz einfach geht das mit der Gruppe HRDZA (Rost, sprich: Hridzá). Die Band, gegründet 1999 unter anderem von dem bis heute aktiven Sänger und Multiinstrumentalisten Slavomír Gibarti, hat soeben ihr sechstes Album Čo mi je, to mi je (Was mit mir nicht stimmt, ist das, was mit mir nicht stimmt) herausgebracht. Die Stücke beziehen sich in der Regel auf traditionelle Melodien oder Texte. HRDZA ist eine Folkrockband, in der in erster Linie E- und A-Gitarre, Bass, Schlagzeug, Akkordeon und Geige eine Rolle spielen, aber auch Traditionelles wie regionale Flöten, das Cimbalom und Balkan-Lauten werden zum Klingen gebracht. Den Gesang teilt sich Gibarti mit einer Reihe von Sängerinnen – teils von Folkensembles –, die mit ihrem speziellen Timbre glänzen. Oft wird ordentlich gerockt, auch gibt es ansprechende Balladen. Eine ganz starke Gruppe mit ausgezeichneten Stücken, die hier viel mehr Aufmerksamkeit verdient hat.

HRDZA – Čo mi je, to mi je – HDRZA (erhältlich u.a. bei cpl-musicshop.de)

Amsterdam Klezmer und mehr

Diese Band zählt zu den Urgesteinen der Weltmusikszene. Sie wurde 1996 gegründet und hat jetzt ihr neunzehntes Album veröffentlicht. Seit 23 Jahren besteht die Amsterdam Klezmer Band aus sieben Mitgliedern. Gespielt wird mit Trompete, Posaune, Klarinette, Perkussion, Banjo, Bass. Den kürzlich verstorbenen Akkordeonisten Theo van Tol ersetzt nun Ellen van Vliet. Begonnen hat alles als Gruppe von Straßenmusikern – wie der Name schon sagt in Amsterdam und mit der Musik der osteuropäischen Jüd*innen, dem Klezmer. Schon bald aber erweiterte das Septett sein Repertoire um Balkan- und Roma-Musik und mischte das dann mit Ska und Jazz. Das neue Album heißt Bomba Pop und entstand – mit etlichen Gastmusiker*innen – unter der Regie des Hamburger Produzenten und Elektronikers Ulf Lindemann alias Dunkelbunt, der elektronische Elemente mit einbaute. Da geht es nicht dunkelbunt, sondern kunterbunt zu, und zwar mit Klezmer, Balkan, Anatolischem und sogar mit Charleston. Auch inhaltlich schön: „We got a masterplan, everybody together in a peaceful land.” Sehr abwechslungsreich, multikulti, modern, bestens tanzbar und richtig sympathisch.

Amsterdam Klezmer Band – Bomba Pop – Vetnasj Records

Transglobal World Music Chart März – Top 20

1. Aziza Brahim · Mawja · Glitterbeat
2. Lina · Fado Camões · Galileo Music Communication
3. Shakti · This Moment · Abstract Logix
4. Mari Boine & Bugge Wesseltoft · Amame · By Norse Music
5. Bombino · Sahel · Partisan
6. Sahra Halgan · Hiddo Dhawr · Danaya Music
7. Ary Lobo · Ary Lobo 1958-1966 · Analog Africa
8. Petroloukas Halkias & Vasilis Kostas · The Soul of Epirus Vol. II · Artway / Technotropon
9. Mama Sissoko · Live · Mieruba
10. Tarek Abdallah & Adel Shams El Din · Ousoul · Buda Musique
11. Gao Hong & Ignacio Lusardi Monteverde · Alondra · ARC Music
12. Maria Mazzotta · Onde · Nove Nove Zero
13. Natascha Rogers · Onaida · Nø Førmat!
14. Almir Mešković & Daniel Lazar · Family Beyond Blood · ALDA
15. L’Attirail · Honorables Correspondants · CSB Productions
16. Otava Yo · Loud and Clear · ARC Music
17. Koum Tara · Baraaim El-Louz · Odradek
18. La Sève · Chlorophylle · King Tao
19. Hysterrae · Hysterrae · Linfa
20. Batsükh Dorj · Ögbelerim: Music for My Ancestors · Buda Musique

Die TWMC TOP 20/40 bei: www.transglobalwmc.com, Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ und woxx.lu

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