März 2024: Willis Tipps

Usbekische Ikone

Munojat Yulchieva (auch: Monâjât oder Munadjat) gilt als die bedeutendste Sängerin des klassischen Repertoires Usbekistans mit Legendenstatus. Trotz ihrer lang andauernden Karriere waren bisher lediglich zwei CDs von ihr in Europa erhältlich, und zwar jene von 1994 und 1997. Das Album Selected Pieces, mit Liedern die Yulchieva selbst produzierte, ist deshalb eine ganz besondere Veröffentlichung, auch wenn die Stücke schon zwischen 2006 und 2011 aufgezeichnet wurden. Aus dem arabischen Maqam entwickelten die Musiker*innen in Zentralasien den Shashmaqam, die klassische Kunstmusik Usbekistans und Tadschikistans, die jahrhundertelang an den Höfen der Herrscher erklang. Der Shashmaqam zeichnet sich durch eine besondere Melodik aus, die Tondefinition ist viel freier als in Europa und die Rhythmik hat einen speziellen Fluss, der teils ganz frei von jeglichem „Beat“ ist. mehr lesen / lire plus

Februar 2024: Willis Tipps

Die Emotion des Fado

Ihre erste Platte erschien im Januar 2020 und jetzt erst, nach vier Jahren, kommt ihr neues Album heraus. Um genau zu sein: Ihre erste Veröffentlichung war bereits 2014, allerdings unter dem Namen Carolina. 2020 kehrte sie zurück zu ihrem Geburtsnamen Lina_, aber mit dem markanten Unterstrich am Wortende. Lina_ gehört ohne Frage zur Spitzenklasse der Interpret*innen des portugiesischen Fado, sticht aber mit ihrer ganz besonders berührenden, intimen Emotionalität heraus. 2020 erarbeitete sie mit dem spanischen Musiker und Produzenten Raül Refree eine minimalistisch-elektronische Form von Fados der legendären Amália Rodrigues. Jetzt, auf Fado Camões, setzt sie Gedichte des in Portugal verehrten Dichters des 16. mehr lesen / lire plus

Musique : Descente collective, profondeur individuelle

Jesús Iglesias, membre du conseil d’administration du Círculo Cultural Antonio Machado, annonçait en septembre dernier dans le woxx que « la première activité d’envergure l’année prochaine [serait] le concert de l’altiste Isabel Villanueva, le 24 janvier, à Neimënster ». La date annoncée approche et l’artiste (née à Pampelune en 1988) a accepté de s’entretenir avec nous.

Artiste à découvrir au Neimënster, le 24 janvier : Isabel Villanueva. (Copyright: Gaby Merz)

Dans la revue spécialisée « Scherzo », Tomás Marco, compositeur et directeur de la Real Academia de Bellas Artes de San Fernando (Madrid), a affirmé récemment qu’Isabel Villanueva « est une grande altiste soliste qui développe une large carrière internationale. mehr lesen / lire plus

Januar 2024: Willis Tipps

Osteuropa-Modern-Mix

Wie man verschiedene osteuropäische Traditionen mischt und das dann aufregend arrangiert, zeigt die Gruppe Lakvar. Hinter diesem Namen stecken die Sängerin Hajnalka Péter, die ungarisch-bulgarische Wurzeln hat, und der georgische Gitarrist Zura Dzagnidze. Weiterhin gehören zu der kunterbunten Gruppe, die sich in Stuttgart getroffen hat, Musiker mit türkischem, italienischem, lettischem und deutschem Hintergrund plus ein ungarischer Gastmusiker als Perkussionist, der die Instrumentierung aus Bass, Drums, Akkordeon, Geige und traditionellen Saiteninstrumenten verstärkt. Auf ihrem zweiten Album Fiction and Folklore verarbeitet die Band Elemente aus Moldavien, Georgien, Bulgarien, Ungarn und dem westlichen Balkan. Das wird dann ein ganz eigenwilliges akustisches Menü, bei dem die einzelnen Gänge Abwechselung bieten, aber in der Gesamtschau gut zusammenpassen. mehr lesen / lire plus

Musik: Der musikalische Underground lebt

Auf der Weltmusikmesse Womex im galizischen A Coruña traf Willi Klopottek einen Vorkämpfer des alternativen Musikvertriebs: Nikel Pallat. Im März erschien dessen Autobiografie „Das schillernde Leben des Nikel Pallat“ bei Hannibal. Im Interview mit der woxx spricht der ehemalige Manager von „Ton Steine Scherben“ über die Underground-Szene.

woxx: Weltweit existieren nur noch drei riesige, multinationale Musikkonzerne und ihre Unterlabels, die den absolut größten Teil der Musik veröffentlichen. Was bedeutet das für den Musikmarkt?

Nikel Pallat: Gründungsmitglied des alternativen Musikvertriebs Indigo. (COPYRIGHT: Simone Dubberke)

Nikel Pallat: Die drei großen Firmen kontrollieren über 75 Prozent des globalen Musikmarktes und haben das Interesse, ihre Aktionäre zufriedenzustellen. mehr lesen / lire plus

Dezember 2023: Willis Tipps

Betörende Ruhe

Dass es auch heute noch richtig stille Musik gibt – und zwar in einer ganz starken Form – beweisen die drei Frauen von Las Lloronas (die Klageweiber) auf ihrem zweiten Album Out of the Blue. Sura Solomon (USA/Belgien), Amber inʼt Veld (Spanien/Niederlande) und Marieke Werner (Deutschland) haben sich in Brüssel getroffen und gründeten ein Trio, in dem der (oft dreistimmige) Gesang dominiert und von Klarinette, Gitarre, Ukulele, Akkordeon und Piano gestützt wird. Das ist immer behutsam, langsam und ganz fein austariert. Selbst wenn sie das Tempo etwas anziehen, wird es nie laut, sondern bleibt ganz zart und beinahe zerbrechlich. mehr lesen / lire plus

Weltmusikmesse Womex
: Innovation und Tradition


Auch dieses Jahr präsentierte die Weltmusikmesse Womex wieder außergewöhnliche Musik jenseits des Mainstreams. Die Höhepunkte im Überblick.

Die brasilianische Akkordeonistin Lívia Mattos zählte zu den besten Acts der Womex. (COPYRIGHT: Willi Klopottek)

Vom 25. bis 29. Oktober fand in Nordwestspanien, im galizischen A Coruña, die 29. Weltmusikmesse Womex statt, an der mehr als 2.700 Delegierte, Vertreter*innen von Plattenfirmen und Konzertagent*innen teilnahmen. Neben der Messe hatte eine fünfköpfige Jury wieder Künstler*innen von allen Erdteilen für rund 60 Kurzkonzerte, auch Showcases genannt, ausgewählt: Nonstop und mit vielen Überschneidungen präsentierten sie von 21 Uhr bis halb zwei in der Nacht ihre Musik. Das Besondere an der Womex? mehr lesen / lire plus

Willis Tipps: November 2023

Die Stimme Tibets

Zwischen 1995 und 2006 hat Yungchen Lhamo drei erfolgreiche Alben auf dem britischen Real World Label veröffentlicht und damit – von ganz wenigen Field-Recordings mit tibetischen Mönchsgesängen abgesehen – im Alleingang tibetische Musik außerhalb ihrer Heimat zugänglich gemacht. Lhamo wurde in einem Arbeitslager in der Nähe von Lhasa geboren und floh 1989 zu Fuß über den Himalaya aus ihrer von der VR China annektierten Heimat. Nach ihren großen, weltweiten Erfolgen zog sie sich zurück und betreute viele Jahre lang Menschen mit mentalen Problemen. Im letzten Jahr erschien dann wieder eine Platte, aber nun ist One Drop of Kindness auf dem Markt, mit Stücken, die der Produzent John Alevizakis modern, aber einfühlsam instrumentiert hat. mehr lesen / lire plus

Musikstreaming-Dienste: Sound zum Nulltarif?


Einnahmen aus Musikaufnahmen werden heutzutage überwiegend durch kostengünstige Musikstreaming-Dienste generiert. Doch das reicht nicht aus, um den zusammengebrochenen Markt physischer Tonträger zu ersetzen und die Künstler*innen angemessen zu vergüten. Das EU-Parlament macht jetzt einen zaghaften Versuch, bessere gesetzliche Bedingungen zu schaffen.

Man könnte es auch als Geburtstagsgeschenk bezeichnen, das Taylor Swift dem Musikstreaming-Unternehmen „Spotify“ am vergangenen Freitag gemacht hat: Da brach die Sängerin ihren eigenen Rekord des Jahres 2022 und wurde einmal mehr zu meistgestreamten Künstlerin innerhalb eines Tages in der Geschichte des im Oktober 2008 online gegangenen Dienstes, der dank der milliardenschweren Künstlerin wieder mal in aller Munde war.

Für weniger bekannte Musiker*-
innen ist die Beziehung zu „Spotify“ allerdings längst nicht so symbiotisch wie für Swift. mehr lesen / lire plus

Dans les bacs : Arthur Possing : ID:entity

Avec son premier album solo, Arthur Possing emmène les mélomanes qui goûtent le jazz dans un univers syncopé et mélodieux à la fois, fait de morceaux originaux et de reprises. Compte rendu d’écoute.

Seul mais pas égaré : le premier album solo d’Arthur Possing. (Photos : © Eric Engel)

Comme si son identité s’était quelque peu diluée dans son quartet, Arthur Possing revendique celle-ci haut et fort dès le titre de cet album. Mais « ID:entity », c’est aussi une entité unique, un seul instrument : rien d’autre que du piano ici, un exercice de style délicat sur un disque entier tant il demande d’éviter la monotonie. mehr lesen / lire plus

Starker Folk-Rock aus Mähren in Luxemburg

Tomáš Kočko & ORCHESTR kommen am 8. Juni in die Tschechische Botschaft in Luxemburg. Warum sich das niemand entgehen lassen sollte.

Copyright: Tomáš Kočko & ORCHESTR

Es gibt so manche musikalische Preziosen, die man schlicht deshalb verpasst, weil man nichts davon erfährt – deshalb dieser Artikel über eine Gruppe, die sich hinter bekannten Roots-Bands aus dem Westen überhaupt nicht verstecken muss und am 8. Juni in der Tschechischen Botschaft in Limpertsberg in Luxemburg-Stadt auftritt: Tomáš Kočko & ORCHESTR. Die Band kommt aus der Tschechischen Republik und ist eine ganz begeisternde Folk-Rock Band, die in ihrer Heimat einen hohen Bekanntheitsgrad hat und mit ihren Platten einige Male in den Europäischen Weltmusikcharts vertreten war. mehr lesen / lire plus

Roadburn’s Walter Hoeijmakers: “Heaviness, unrestricted by genre”

Every year in April, the Roadburn Festival draws thousands of attendees to the small town of Tilburg in the south of the Netherlands. Over the years, it became an underground music event with a next to legendary reputation. We talked to artistic director Walter Hoeijmakers about his vision for the festival, and about the consequences of the pandemic and the war in Ukraine when organising an event like this. Hoeijmakers lets us peek at some of his favourites of this year’s edition and talks about the legacy of occult rockers The Devil’s Blood.

Combine metal, heavy rock and hardcore and will perform twice at the Roadburn Festival 2023: Cave In.

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Gaye Su Akyol: Anatolische Psycho-Rock-Diva

Gaye Su Akyol ist eine Musikerin aus Istanbul, die – wenn man eine Schublade bräuchte – in die Abteilung psychedelischer Rock passen würde. Allerdings ist unüberhörbar, dass sie in der Türkei verwurzelt ist, was längst nicht nur daran liegt, dass sie in ihrer Muttersprache singt.

Gaye Su Akyol und ihre Band haben ihre Welttournee nach dem Erdbeben in der Türkei vorerst auf Eis gelegt. (Copyright: Aytekin Yalçın)

Es ist gar nicht verwegen zu behaupten, dass psychedelische Musik zumindest auch anatolische Wurzeln hat, denn schon in der Musik der Derwische – türkisch Mevlevi –, einem mystischen Sufi-Orden, geht es um die Erzeugung von Trance durch Musik und Tanz. mehr lesen / lire plus

Jazz/musique contemporaine : Les cordes à l’esprit

Pour « State of Mind », son 
deuxième album, le guitariste luxembourgeois Gilles Grethen convoque un orchestre à cordes pour dialoguer avec son quartet. Compte rendu d’écoute.

Un joyeux mélange : le Gilles Grethen Quartet avec ses cordes invitées lors de l’enregistrement de l’album. (Photo : Stephanie Baustert)

Il a d’abord pensé à un big band, avant que les cordes s’imposent à lui comme une évidence. C’est que Gilles Grethen a été bercé par la musique classique pendant son enfance et son adolescence : quoi de plus logique, alors, que d’associer aux cordes pincées de son instrument, la guitare, les cordes frottées de violons, d’altos, de violoncelles et d’une contrebasse avec archet ? mehr lesen / lire plus

Zum Tod von Mimi Parker: Eine Präsenz, die bleibt

Anfang November ist Mimi Parker 
von der US-amerikanischen Indie-Gruppe „Low“ gestorben. Als Schlagzeugerin und mit dem sanften Vibrato ihres Gesangs prägte Parker maßgeblich den minimalistischen Sound der Ausnahmeband.

Nichts stand mehr für die vollendete Zartheit und Zerbrechlichkeit der Musik von „Low“: 
die Schlagzeugerin und Sängerin Mimi Jo Parker (1967-2022). (Foto: Joe Cunningham)

Am Anfang von jedem Konzert war immer die Stille. Ein Publikum, das sich Geplauder oder vorfreudige Rufe, als sei dies vorab verabredet worden, wie selbstverständlich ohne jede Aufforderung verbat. Eine Stille, wie man sie von der Einlaufrille einer Schallplatte her kennt. Man hört noch nichts, aber die tastende Bewegung hat bereits begonnen, die knisternde Stille setzt sich in gespannte Erwartung um. mehr lesen / lire plus

Musik: Mit der Philharmonie um die Welt

Musikliebhaber*innen sollten sich den 25. August rot im Kalender markieren: An diesem Tag beginnt der Vorverkauf für die Konzertreihe „Autour du monde“ der Philharmonie. Die Höhepunkte des Programms im Überblick.

Susana Baca aus Peru kommt am 22. April in die Philharmonie. (COPYRIGHT: Javier Falcon)

Was originäre Musik aus den fünf Kontinenten des Globus angeht, ist die Philharmonie der einzig verbliebene ruhende Pol in Luxemburg. Zwar gibt es auch weiterhin vereinzelte Veranstaltungshäuser, die gelegentlich Weltmusik in Programm haben, aber den zweiten Fixpunkt für solche multikulturellen Klänge, das MeYouZik-Festival, hat Luxemburg-Stadt, die nicht müde wird, ihre vorgebliche Weltoffenheit zu plakatieren, heimlich während der Pandemie sterben lassen. mehr lesen / lire plus

Kulturpodcast: Um Canapé mat der woxx – #18 Museksausbildung demokratiséieren

Dëse Mount gëtt et rëm musikalesch um Canapé mat der woxx: De Helder Da Graça, Member vu Finkapé, ass op Besuch mam Projet Klang Keller. Hien zielt vu Schloflidder, Musek fir an de Musée an enger Museksausbildung, déi weder no sozialer Klass nach no Genre funktionéiert.

Copyright: Isabel Spigarelli/woxx

Musek brauch keng Wieder – stëmmt dat? Oder versiche Mënschen se awer mat Begrëffer ze beschreiwen, déi hir ni gerecht kënne ginn? Dës an aner Froen diskutéiere de Helder Da Graça, Leeder vum Projet Klang Keller vu Finkapé – Réseau Afrodescendant, an d’Isabel Spigarelli vun der woxx. An dësem Gespréich hëlt de Helder verschidden Aspekter vun der Museksausbildung auserneen: Wat huet hie géint dat Wuert Weltmusek? mehr lesen / lire plus

“I want to make misogynists uncomfortable”

New York’s all-female old-school death metal outfit Castrator is about to release their first full-length album “Defiled in Oblivion” on July 29th. A conversation with drummer Carolina Perez about women on stage, the importance of a guitar player who knows how to shred, and on how the band deals with hate messages.

Old-school death metal powerhouse from New York: Castrator are (from left to right) Kimberly Orellana, Robin Mazen, Carolina Perez und Clarissa Badini. (photo: Stephanie Gentry)

woxx: We are having this conversation the day after the US Supreme Court decided to end the constitutional right to abortion in the United States. mehr lesen / lire plus

Plattenkritik: Die Schönheit sterbender Galaxien

Die Band „Hemelbestormer“ hat pandemiebedingt die Stücke des neuen Albums „Collide & Merge“ bislang selten live gespielt. Doch es wäre überraschend, würde man die vier Belgier demnächst nicht auf vielen großen Bühnen sehen. Ausgehend von Post-Rock und Metal haben sie ein beeindruckendes Klanguniversum geschaffen.

Auch Galaxien können sterben, etwa wenn sie mit einander kollidieren: ihr Leben geht dann mit dem nach und nach erlöschenden Licht ihrer Sterne zu Ende. (Foto: Credit: ESO/M. Kornmesser)

Wie klingt ein schwarzes Loch? Gar nicht, würden viele spontan wohl sagen, schließlich gibt es im Weltall keine Schallwellen, da es wesentlich ein Vakuum ist. Das stimmt nicht ganz: Es gibt sogenannte Galaxienhaufen, die aus Hunderten oder gar Tausenden von Galaxien bestehen, welche durch Gravitation aneinander gebunden sind. mehr lesen / lire plus

Roadburn Festival: Vier Tage im April

Alljährlich im Frühling findet sich im niederländischen Tilburg die Metal-Community zu einem beinahe schon legendären Event zusammen: Das Roadburn-Festival bietet kathartische Momente – aber längst nicht mehr allein für Kuttenträger*innen.

Auftakt nach Maß: Die Experimentalrock-Band „Big Brave“ aus Montreal spielte eines der ersten Konzerte des diesjährigen Roadburn-Festivals. (Foto: Big Brave @ Roadburn 2022 Paul Verhagen Photography)

In seinen Schriften über die Tragödie betont Aristoteles deren reinigende Wirkung auf das Publikum. Eine solche „Katharsis“ werde von „Jammer und Schaudern“ und anderen Emotionen begleitet, die man während des Stücks empfinde. Psychologisch ist damit das Ausleben innerer Konflikte und verdrängter Emotionen, speziell von Aggressionen gemeint, um den aus ihnen resultierenden seelischen Schmerz zu reduzieren. mehr lesen / lire plus