Der Anime-Klassiker „Cowboy Bebop“ ist seit Kurzem auf Netflix verfügbar. Bald erscheint eine Realverfilmung, aber auch ein Blick auf das Original lohnt sich.
Im Jahr 2071 ist die Erde unbewohnbar. Allerdings hat die Menschheit mehrere Planeten und Monde des Sonnensystems besiedelt. Neben neuen Berufen wie Weltraum-LKW-Fahrer*in ist auch ein altes Betätigungsfeld wieder aufgeblüht: die Kopfgeldjagd. Die Crew des Raumschiffes Bebop, bestehend aus Spike Spiegel, Jet Black, Faye Valentine, Ed und dem hyperintelligenten Hund Ein, hält sich damit mehr schlecht als recht über Wasser. Mal jagen sie Kleinkriminelle, mal Terrorist*innen, mal einen Serienmörder. Beinahe immer sind diese Aufträge komplizierter als anfangs gedacht, und nicht selten enden sie ohne Bezahlung für die Protagonist*innen.
Im Laufe der Serie wird klar, dass dieser Beruf für keine*n die erste Wahl war und dass sämtliche Charaktere – ausgenommen die junge Ed und Ein – eine düstere Vergangenheit haben, vor der sie geflüchtet sind. Obwohl es viele humoristische Elemente gibt, ist Melancholie und Einsamkeit die Grundstimmung von „Cowboy Bebop“.
Wer glaubt eine Serie mit nur einer Staffel und nur wenigen Folgen, die einem übergreifenden Handlungsstrang folgen, sei nicht sehenswert, irrt. Die Stärke von „Cowboy Bebop“ liegt gerade im episodischen Format: So gut wie jede Folge lehnt sich an unterschiedlichen Filmgenres an, ohne dass es je beliebig wirkt. Von rasanten Verfolgungsjagden, Kampfkunst-Sequenzen bis hin zu Weltraumhorror à la „Alien“ setzt die Serie jedem Genre ihre eigene Nase auf.
Am stärksten wurde Regisseur Shinichiro Watanabe jedoch von Neo-noir und Western beeinflusst, was sich in vielen Kameraeinstellungen widerspiegelt. Nicht nur sind Cowboyhüte und -stiefel allgegenwärtig, sondern auch düstere Gestalten, die Bars betreten oder Schießereien beginnen. Dennoch sind auch die Sci-Fi-Elemente wie Raumschiffe oder Implantate sehr gut durchdacht. Alles zusammen ergibt ein äußerst stimmiges Universum, das hochmoderne Technik mit vermeintlichen Anachronismen vereint.
Eine weitere Stärke der Serie ist ihre Musik. Obwohl es den titelgebenden Bebop wenig zu hören gibt, sucht die Musik, die Komponistin Yoko Kanno mit ihrer eigens gegründeten Band The Seatbelts produziert hat, ihresgleichen. Das reicht von dem energiegeladenen jazzigen Introsong über Bluesballaden bis zu Heavy Metal. So virtuos wie „Cowboy Bebop“ inhaltlich von Stil zu Stil hüpft, so tut das auch der Soundtrack.
Negativ fallen leider die oft sexualisierte Darstellung von Frauen sowie der Umgang mit marginalisierten Gruppen wie Native Americans oder Roma auf. Das mag ein Produkt der Entstehungszeit sein und den Gepflogenheiten des Mediums entsprechen, kritikwürdig ist es dennoch. Im Großen und Ganzen überzeugt „Cowboy Bebop“ trotzdem – auf Ebene der Animation, des Soundtracks und ganz besonders der Charaktere. Da sich die Serie vorrangig an ein erwachsenes Publikum richtet, lohnt sich auch für Menschen, die Bebop als Jugendliche gesehen haben, ein Rewatch. Das ganz besonders, weil im November die Live Action-Verfilmung auf Netflix anlaufen wird.