Der Versuch, die Ressourcen des Weltalls zu erschließen, hat etwas Faszinierendes. Das sollte uns nicht von der Aufgabe ablenken, die irdischen Probleme zu lösen.
Am 30. Juni ist Asteroid Day. Ein Tag, an dem unter anderem auf die Gefahren aufmerksam gemacht wird, die von diesen Himmelskörpern ausgehen. Zum Beispiel: Das Ende der Welt. Genau so lautete die Titelzeile auf einem Spiegel-Cover im November, das Donald Trumps Kopf als einen auf die Erde zurasenden Asteroiden zeigte. Der Vergleich erscheint treffender denn je angesichts des Rückzugs der USA aus dem Pariser Klimaabkommen – auch wenn sich der Spiegel für diese Gelegenheit ein neues Covermotiv ausgedacht hat: Diese Woche missbraucht der Präsident die Erde als Golfball.
Der internationale Asteroid Day findet in Luxemburg statt. Tatsächlich ist der Schutz der Erde vor drohenden Asteroideneinschlägen ein Aspekt des Weltraumprojekts von Wirtschaftsminister Étienne Schneider (woxx 1420). Forscher und Mäzenen haben die Stiftung B612 gegründet, um für diese Gefahr zu sensibilisieren und die internationale Zusammenarbeit zu fördern. Als erstes sollen die Flugbahnen aller großen Himmelsobjekte dieses Typs bestimmt werden. Danach wird man bei einer drohenden Kollision versuchen können, den Asteroiden aus seiner Bahn zu drängen, zuerst mit Raketen und dann mit Atombomben.
Gewiss, das Gesetz zum Space Mining – es soll noch im Juni verabschiedet werden – dient in erster Linie dazu, die Profite der Weltraum-Investoren abzusichern. Doch immer wieder betonen Schneider und seine Berater, dass es nicht nur darum geht, mit den Ressourcen im Weltall Geschäfte zu machen. Die Erforschung und Nutzung des Weltraums durch privatwirtschaftliche Akteure soll auch dem Wohl der gesamten Menschheit dienen.
„Ich kann mir keine Zukunft vorstellen, in der wir nicht die Mauer der Endlichkeit durchbrechen“, sinnierte Jean-Jacques Dordain bei der diesjährigen Journée de l’ingénieur. Der Weltraumexperte und Berater des Wirtschaftsministers scheint in den „Grenzen des Wachstums“ einen irdischen Fluch zu sehen, von dem man sich nur durch den Griff nach den Sternen befreien kann. Weil es immer schwieriger werde, ausreichende Ressourcen auf der Erde zu gewinnen, gehöre dem Space mining die Zukunft, so Dordains Überlegung.
In der Tat: Wenn die Endlichkeit der irdischen Ressourcen unweigerlich zu immer größeren Umweltbelastungen und Kriegen um die knappen Bodenschätze führt, dann dient die Erschließung der Fülle der Ressourcen im Weltraum dem Wohl der Menschheit. Ob das eintritt, kann freilich niemand wissen, weder Dordain noch seine Widersacher, die Weltraumforschung für überflüssig halten. Wegen dieser Unsicherheit ist es vernünftig, die Idee des Space mining weiterzuverfolgen. Und was die Asteroideneinschläge betrifft, so sollte man sehr wohl Maßnahmen zu ihrer Abwehr vorbereiten, auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer solchen Katastrophe nicht genau einzuschätzen ist.
Sind die „Grenzen des Wachstums“ ein irdischer Fluch, von dem wir uns nur durch den Griff nach den Sternen befreien können?
Weltraumforschung ja, aber dabei nicht vergessen, dass sie kurzfristig nichts zur Lösung unserer Probleme beiträgt – im Gegenteil! Die Faszination und die Verheißungen der „New Frontier“ im Weltall führen dazu, dass für viele Experten und technisch interessierte Menschen die drängenden Fragen der Menschheit in den Hintergrund treten. Doch Klimawandel, Umweltzerstörung und soziale Ungleichheit zwischen und in den Staaten der Erde drohen die menschliche Zivilisation zu erschüttern, lange bevor der erste Stollen in den Marsboden getrieben sein wird. Deshalb müssen in der Forschung wie in der gesellschaftlichen Umgestaltung jetzt die richtigen Prioritäten gesetzt werden.
Die Hoffnungen, die an die Weltraumforschung geknüpft werden, dürfen nicht zum Vorwand dienen, die Energiewende, die Kreislaufwirtschaft, die Transition zu resilienten Strukturen und die weltweit notwendige Umverteilung des Reichtums zurückzustellen. Genau wie die Angst vor einem Asteroideneinschlag nicht die Sorge über den „Asteroiden Donald“ und alles, was er symbolisiert, verkleinern sollte: die Bedrohungen für das Klima, den sozialen Zusammenhalt und den Weltfrieden.