Russland: Der Feind steht queer

Die russische Regierung hat die LGBTIQA+-Bewegung als „extremistisch“ eingestuft und verboten. Für nicht-heterosexuelle Personen und ihre Unterstützer*innen hat das katastrophale Folgen. Die Suche nach innergesellschaftlichen Feinden soll die Bevölkerung auch auf die Wahlen im kommenden Jahr einschwören.

Protest gegen die Ermordung der LGBTIQA+-Aktivistin Jelena Grigorjewa im Juli 2019 in Sankt Petersburg: Solche öffentlichen Kundgebungen können nun noch leichter kriminalisiert werden, seit die „internationale LGBT-Bewegung“ vom russischen Obersten Gerichtshof als „extremistisch“ eingestuft und verboten worden ist. Foto: (EPA-EFE/ANATOLY MALTSEV)

Glaubt man den jüngsten Meinungsbildern aus der Russischen Föderation, dann fängt die dortige Gesellschaft an, kriegsmüde zu werden. Zum ersten Mal seit Beginn entsprechender Umfragen ist demnach der Anteil derer, die einem Truppenabzug aus der Ukraine und Friedensgesprächen zustimmen würden, ohne dass die proklamierten Kriegsziele erreicht wurden, größer (40 Prozent) als der Anteil jener, die damit nicht einverstanden wären (33 Prozent). mehr lesen / lire plus

Russland will LGBTIQA+-Bewegung „verbieten“

Foto: EPA-EFE/SERGEI KARPUHIN/SPUTNIK/KREMLIN POOL / POOL MANDATORY CREDIT

Die russische Regierung will die LGBTIQA+-Bewegung als „extremistische Organisation“ einstufen und verbieten. Das russische Justizministerium gab am vergangenen Freitag bekannt, es habe beim Obersten Gerichtshof eine entsprechende Klage eingereicht. Was genau die „internationale LGBT-Bewegung“ ist, wer sie anführt oder wie sie organisiert ist, erläuterte die Behörde nicht. Sie behauptete aber, Anzeichen für eine „extremistische Ausrichtung“ festgestellt zu haben. Der Oberste Gerichtshof wird sich voraussichtlich am 30. November mit dem Antrag befassen. „Die LGBT-Aktivist*innen werden ihre Arbeit fortsetzen, schließlich leben in Russland Millionen von LGBT-Menschen“, so der Menschenrechtsanwalt Maksim Olenichev gegenüber dem unabhängigen russischen Nachrichtenportal Meduza, aber ihre Arbeit werde angesichts einer erweiterten willkürlichen Kriminalisierung „deutlich gefährlicher werden.“ mehr lesen / lire plus

Die Studien zum „Sowjetmenschen“: Herrschaft der Hoffnungslosigkeit

Autoritäre Regime wie jenes in Russland basieren selten bloß auf Repression. Wladimir Putin kann sich auf in der Bevölkerung tradierte Verhaltensweisen stützen, die zurückreichen bis in die Anfänge der Sowjetunion.

Bedient sich zur Legitimation seiner Herrschaft des mythischen Neotraditionalismus, des imperialistischen russischen Nationalismus und einer antiwestlich orientierten Kirche: 
Der russische Präsident Wladimir Putin Mitte April beim orthodoxen Ostergottesdienst in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau. (Foto: EPA-EFE/Sergei Karpuhin/Sputnik/Kremlin Pool Mandatory Credit)

Nicht erst seit dem Beginn der russischen Invasion der Ukraine gibt es viele Versuche, einen adäquaten Begriff für den Charakter des russischen Herrschaftssystems zu finden. Die Wissenschaftlerin Anna Schor-Tschudnowskaja schlägt vor, es als „nihilistischen Autoritarismus“ zu bezeichnen. mehr lesen / lire plus

Ein Jahr russische Invasion in der Ukraine: Sparen und siegen

Der russischen Invasion der Ukraine haben die westlichen Nationen neben Waffenlieferungen nicht zuletzt mit Sanktionen zu begegnen versucht. Über deren Wirksamkeit wird viel gestritten. Doch es geht nicht nur um kurzfristige Auswirkungen auf die russische Wirtschaft, sondern auch darum, wie deren Transformation die dortige Gesellschaft prägt.

Mobilisierung der Bevölkerung: Ausbildung an der Waffe im militärisch-patriotischen Klub ‚Jaropolk‘ bei Moskau. (Foto: EPA-EFE/Maxim Shipenkov)

Als Wladimir Putin sich am Dienstag an die russländische Nation richtete, um über die Lage derselben zu informieren, hatte er, auf die wirtschaftliche Situation bezogen, ein scheinbar leichtes Spiel. Mit ihren Sanktionen führten Europa und die USA einen Wirtschaftskrieg gegen Russland, so der Präsident, „aber sie haben nichts erreicht und werden auch nichts erreichen“. mehr lesen / lire plus

Buch über Russland und die Ukraine: Der Weg in den Krieg

Die Berliner Osteuropa- und Autoritarismusforscherin Gwendolyn Sasse hat eine gelungene Übersicht über den russischen Krieg gegen die Ukraine und dessen Hintergründe vorgelegt.

Zerschossenes Wohnhaus am 12. Dezember im ukrainischen Mariupol: Laut der Osteuropawissenschaftlerin Gwendolyn Sasse geht es Russland weniger um einen Landgewinn in der Ukraine als um deren Zerstörung als unabhängige Nation. (Foto: EPA-EFE/Sergei Ilnitsky)

Zehn Monate nach Beginn der russischen Invasion der Ukraine wächst die Zahl der Bücher, die über die Ursachen des Krieges aufklären wollen, deutlich an. Ein Buch aus der auf mittlerweile über sechshundert Bände angewachsenen Erklär- und Einführungsreihe „C.H. Beck Wissen“ sticht da unter all den meinungsstarken, umfassende Analyse versprechenden Titeln eher nicht hervor. mehr lesen / lire plus

Russland und die Sanktionen
: Umgekehrte Industrialisierung


Eine Studie der Universität Yale spricht den Sanktionen gegen Russland eine desaströse Wirkung zu. Dort ist man eifrig bemüht, das Land von westlichen Importen unabhängig zu machen. Dies wird einen massiven technologischen Rückschritt bedeuten, wie inzwischen auch die russische Zentralbank offen eingesteht.

War in den vergangenen Jahren an einem ausgeglichenen Staatshaushalt und einer Verringerung der Staatsschulden orientiert: die russische Zentralbank in Moskau. (Foto: EPA-EFE/YURI KOCHETKOV)

Der Streit darum, ob die Sanktionen gegen Russland tatsächlich wirksam sind, hat sich jüngst auf fast schon kuriose Weise zugespitzt. Ende Juli veröffentlichte eine Forschungsgruppe der Universität Yale eine Studie, wonach die russische Wirtschaft regelrecht „implodiere“. mehr lesen / lire plus

Russland reagiert auf Sanktionen: Weltmarkt oder Autarkie

Die russische Ökonomie scheint erstaunlich gut gegen die Sanktionen westlicher Staaten gewappnet. Auf dem „Internationalen Wirtschaftsforum“ in St. Petersburg vergangene Woche gab sich Präsident Putin entsprechend kämpferisch. Doch die Ziele der russischen Wirtschaftspolitik sind widersprüchlich – und in ihrer Wirkung unter Expert*innen umstritten.

War in den vergangenen Monaten maßgeblich daran beteiligt, den 
Kurs des Rubel zu stabilisieren: 
Elvira Nabiullina, Direktorin der russischen Zentralbank, am 16. Juni 2022 beim „Internationalen Wirtschaftsforum St. Petersburg“. (Foto: EPA-EFE/Anatoly Maltsev)

Über den Zustand der russischen Wirtschaft machen derzeit recht unterschiedliche Einschätzungen die Runde. „Die russische Wirtschaft bricht ein“, prophezeite der deutsche Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) Anfang des Monats: „Putin kriegt noch Geld, aber er kann es kaum noch ausgeben. mehr lesen / lire plus

Politische Woche: Frieden, Energie und Wohnen

Nach eher geruhsamen Osterferien kommt das zivilpolitische Leben wieder in die Gänge. Am Ostermontag heißt es für den Frieden marschieren, Treffpunkt ist um 15 Uhr auf dem Limpertsberger Glacis. Tags darauf beschäftigt sich dann Felix Matthes vom Öko-Institut mit der Energiewende im Kontext des Ukraine-Kriegs. Die vom Méco organisierte Konferenz findet am Dienstag, dem 19. April um 19 Uhr im alten Konvikt statt. An der anschließenden Diskussionsrunde nehmen unter anderen Energieminister Claude Turmes (Déi Gréng) und Fedil-Direktor René Winkin teil. Der Industrielobbyist, der aus der Energiebranche stammt, ist derzeit viel gefragt: Am Mittwoch nimmt er ebenfalls am „public forum“ zum Thema Grundeigentum teil. mehr lesen / lire plus

Maßnahmen der EU gegen Russland: Zwischen Sanktion und Ausstieg

Erbittert wird in der EU darüber gestritten, welche Sanktionen gegen Russland man sich leisten kann. In den Debatten werden Maßnahmen zur raschen Beendigung des Krieges mit der Planung des endgültigen Ausstiegs aus dem Bezug russischer Energie vermischt.

Steht der Druck russischer Gaspipelines bald auf null? Manometer (Druckmesser) an einer Gasverdichtungsanlage. (Foto: EPA/Filip Singer)

Es las sich beinahe wie ein Hilferuf. Nicht nur „schwere Vorwürfe“ seien ihm gemacht worden, schrieb der Ökonom Rüdiger Bachmann am 26. März auf Twitter, sondern auch Hetze und infame Beleidigungen aus Politik und Wissenschaft habe er ertragen müssen. Kurz zuvor hatte der deutsch-amerikanische Ökonom von der University of Notre Dame in Indiana gemeinsam mit zahlreichen Kolleg*innen eine Studie veröffentlicht. mehr lesen / lire plus

Ukraine: Frieden mit oder ohne Waffen?

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Russlands Krieg gegen die Ukraine: „Einiges deutet auf eine Teilung hin“

Russlands Präsident Wladimir Putin lässt sich bei seinen Entscheidungen offenbar auch von emotionalen Faktoren leiten. Ein Gespräch mit dem ukrainischen Politologen Serhiy Kudelia über mögliche russische Kriegsziele und deren Auswirkungen auf die Zukunft der Ukraine.

„So brutal, wie in Russland gegen Proteste vorgegangen wird, ist eine große Mobilisierung gegen das Regime derzeit schwer vorstellbar“: der ukrainische Politologe Serhiy Kudelia über möglichen Druck auf die russische Regierung seitens der Bevölkerung. (Foto: Wilson Center)

woxx: Waren Sie überrascht, als am Morgen des Donnerstags voriger Woche der russische Einmarsch in die Ukraine begann?

Serhiy Kudelia: An dem Morgen war ich nicht überrascht. Am Tag zuvor hatte Russland sein diplomatisches Personal aus Kiew, Odessa und Lwiw abgezogen, da war mir klar, dass es passieren würde. mehr lesen / lire plus

Russlands Krieg gegen die Ukraine: Putins Kalkül

Viele fragen nach dem Sinn, den es macht, dass Wladimir Putin nun doch Krieg gegen die Ukraine führt. Die Antwort liegt im politischen System, das er geschaffen hat.

Putins Krieg gegen die Ukraine ist nicht zuletzt eine Nachricht an die eigene Bevölkerung. (Bildquelle: EPA-EFE/Anatoly Maltsev)

Nun hat er es also tatsächlich getan: Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstagfrüh mit einer Militäroffensive gegen die Ukraine begonnen. Seinen gegen internationales Recht verstoßenden Angriff auf einen souveränen Staat hatte er wenige Tage zuvor mit der Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk auf ukrainischem Staatsgebiet eingeleitet.

Es war kaum vorhersagbar, ob Putin eines der im Raum stehenden Eskalationsszenarien tatsächlich wahr machen würde. mehr lesen / lire plus

Die Wiederkehr der Kosaken

Während der Fussball-WM sollen paramilitärische Kosakenverbände für Ordnung sorgen und unliebsame Proteste unterdrücken. Als konservative Sittenwächter agieren sie weitgehend außerhalb demokratischer Kontrolle.

„Retro“ der unsympathischsten Art: Neo-Kosaken blockieren den Eingang zu einer von ihnen als „blasphemisch“ und „unpatriotisch“ empfundenen Kunstausstellung in Krasnodar. (Bildquelle: Flickr)

Wenn in zwei Wochen Fußballfans aus aller Welt nach Russland reisen, werden sie auch den Mitgliedern eines ganz besonderen Traditionsvereins, den so genannten Kosaken, begegnen. Ihm gehören die Männer in Tarnanzügen und mit pelzbekränzten Hüten an, die Anfang Mai gemeinsam mit der Polizei öffentlichkeitswirksam über eine Demonstration der Oppositionsbewegung um Alexej Nawalny hergefallen sind. Die Miliz, die seit einigen Jahren vermehrt als Hilfspolizei firmiert, soll auch während der WM für die öffentliche Ordnung sorgen. mehr lesen / lire plus

Russland unter Putin
: Die Souveränität der Seilschaften

Als „Vertikale der Macht“ bezeichnet Wladimir Putin das von ihm geschaffene und auf Klientelwirtschaft basierende Herrschaftssystem. Doch er jongliert mit Loyalitäten – und muss aufpassen, dass er dabei nicht die Kontrolle verliert.

Komfortabler als an Bord der Kursk: Der russische Staatspräsident im August 2105 als Teilnehmer einer Expedition der Russischen Geographischen Gesellschaft nahe der im Jahr zuvor annektierten Krim. (Foto: Website des russischen Staatspräsidenten)

„Wenn Demokratie Staatszerfall bedeutet“ sagte Wladimir Putin im September 2003 im Gespräch mit der „Washington Post“, „dann brauchen wir keine solche Demokratie“. Seit er sein Amt als russischer Staatspräsident im Jahr 2000 zum ersten Mal angetreten hat, inszeniert sich Putin als Verkörperung eines starken Staats. mehr lesen / lire plus

Russische Föderation im Blick: Quo vadis, Rossija?


Die Ukraine-Krise trug dazu bei, dass Russland den einen wieder als Bollwerk gegen den „westlichen Imperialismus“, den anderen nunmehr als krypto-faschistisches Regime dient. Zwei Neuerscheinungen zum Thema unternehmen den Versuch, analytische Schärfe in den erbittert geführten Meinungskampf zu bringen. Mit mäßigem Erfolg.

Seine historische Bewertung steht noch aus, doch immerhin hat er’s schon bis zur Pop-Ikone gebracht: Der russische Staatspräsident Putin. (Foto: Flickr)

Seine historische Bewertung steht noch aus, doch immerhin hat er’s schon bis zur Pop-Ikone gebracht: Der russische Staatspräsident Putin. (Foto: Flickr)

Lange konnte es scheinen, als sei das Verhältnis zwischen Russland und „dem Westen“ nach dem Ende der Sowjetunion heute tatsächlich entspannt. Doch spätestens mit den Konflikten um die Ukraine und die Krim tat sich die ängstigende Kluft zwischen den zwei einstmals als Blöcke definierten Einflussbereichen wieder als Gegensatz zweier unterschiedlicher politischer Sphären auf. mehr lesen / lire plus