Sowohl Fußgänger*innen als auch Fahrradfahrer*innen sammeln eigenständig Daten zu problematischen Stellen im Verkehr. Die Politik scheint sie weiterhin zu ignorieren.
Die Stadt Luxemburg will ihre Daten zu den „illegalen“ Zebrastreifen nicht herausgeben. Rund ein Drittel der Fußgänger*innenüberwege in der Hauptstadt seien nicht kompatibel mit der Straßenverkehrsordnung, hatte das Zentrum fir Urban Gerechtegkeet (Zug) Ende Oktober 2021 verkündet. Herausgefunden hat die Initiative das in einem „citizen science“-Projekt, bei dem Freiwillige die Zebrastreifen in Luxemburg-Stadt anhand von Luftbildern auf ihre Konformität zum Code de la route überprüft hatten.
Statt den 475 Zebrasteifen, die das Zug gefunden hat, sollen es laut Mobilitätsschöffen Patrick Goldschmidt (DP) lediglich 32 oder 37 sein. Das habe eine interne Untersuchung der Stadt ergeben. Diese wollte das Zug sehen und stellte eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Die Stadt lehnte jedoch ab. Mit fadenscheinigen Argumenten, wie Thorben Grosser vom Zug findet: „Patrick Goldschmidt zitierte am 15. November im Gemeinderat eine Analyse. Die war plötzlich intern und vertraulich, als wir danach fragten. Er versteckte sich hinter einer extralegalen Vereinbarung mit dem Verkehrsministerium. Jetzt existiert eine solche angeblich nicht mehr. Um Dokumente nicht zu veröffentlichen, erfindet Lydie Polfer ungültige oder illegale Ausreden. Der Argumentation des Schöffenrats fehlt es eklatant an einer Rechtsgrundlage, an konkreten Daten und Fakten.“
Das Zug hat sich nun an die Commission d’accès aux documents gewandt, um doch noch Zugang zu den Daten der Stadtverwaltung zu bekommen. In ihrer Pressemitteilung mahnt die Initiative, dass die Stadt weiterhin illegalerweise Stellplätze zu nahe an Zebrastreifen anlege. Das, obwohl regelmäßig Fußgänger*innen verletzt würden – 54 solcher Fälle gab es im Jahr 2019.
Gefahr für aktive Mobilität
Die Vermeidung von Unfällen ist auch ein wichtiger Punkt bei einer anderen, ähnlich gelagerten Aktion: Die „Vëloskaart“ des Mouvement écologique. Von August bis Oktober 2021 hatten Freiwillige die Möglichkeit, Problemstellen im Luxemburger Fahrradwegenetz auf einer Onlinekarte einzutragen. Laut der NGO haben über 1.000 Fahrradfahrer*innen mehr als 1.500 Orte gemeldet, an denen das Radfahren behindert wird.
Der Méco hat diese Daten gesammelt an die zuständigen Gemeinden weitergegeben und hofft nun, dass zumindest kleine Verbesserungen möglichst bald umgesetzt werden. Die NGO hat die Problemstellen und Wünsche analysiert und einige Forderungen formuliert, um den Radverkehr voranzubringen.
So wünscht man sich eine Verknüpfung der kommunalen und nationalen Radwege, damit ein zusammenhängendes Netz entsteht. Um dem Fahrrad – insbesondere größeren Lastenrädern – den nötigen Platz zu geben, müssten gegebenenfalls halt Autoparkplätze geopfert werden. Insgesamt müssten Straßensanierungen immer auch die Sicht der Fahrradfahrer*innen mitdenken, damit lebendige Städte und Ortschaften entstehen könnten, „statt als reine Transitstrecken für den Autoverkehr mit seinen Belastungen zu dienen.“
Die Aktionen von Zug und Méco zeigen: Mittlerweile ist der Leidensdruck im Luxemburger Verkehr so groß, dass die Vertreter*innen der aktiven Mobilität die Datensammlung zur Verkehrswende selbst in die Hand nehmen. Falls die Politik nicht auf sie hört, wird sie demnächst wohl mit mehr Widerstand rechnen müssen.