Arbeitskampf bei Delhaize in Belgien: Wie eine Dose Erbsen

Trotz erbitterten Widerstands der Belegschaft hat die Supermarktkette Delhaize die ersten 15 der noch von ihr in Belgien betriebenen Märkte als Franchise an selbständige Unternehmer verkauft, die restlichen sollen folgen. Auch in Luxemburg führt der Lebensmittelhändler noch Läden selbst.

Am Ende hat aller Kampfeswillen seitens der Angestellten und Gewerkschaften nichts genutzt: Die Supermarktkette Delhaize hat die ersten 15 der noch von ihr in Belgien geführten Filialen an selbständige Betreiber verkauft. Das gab die Unternehmensleitung am vergangenen Montag während einer Betriebsratsversammlung bekannt.

Anfang März hatte der Lebensmittelhändler angekündigt, sich von den verbleibenden 128 noch in Eigenregie betriebenen Märkten in Belgien trennen zu wollen und sie als Franchise an selbständige Unternehmer zu übergeben. Daraufhin begannen die Angestellten in der überwiegenden Mehrheit der betroffenen Filialen umgehend zu streiken. Seitdem dauert der Arbeitskampf an, der innerhalb der Branche bereits jetzt zu einem der längsten in der Geschichte des Landes geworden ist. Auch Vermittlungsversuche der belgischen Regierung scheiterten, nicht zuletzt wegen der kompromisslosen Haltung der Unternehmensführung von Delhaize, die von ihrem Plan nicht abrücken will. Die insgesamt 9.200 betroffenen Angestellten befürchten eine Verschlechterung ihrer Löhne und Arbeitsbedingungen und letztlich auch den Verlust ihres Arbeitsplatzes. „Die Direktion betrachtet uns nur als Mobiliar oder als eine Dose Erbsen, die im Regal steht, was man einem Franchisenehmer weiterverkaufen kann“, fasste ein Gewerkschafter das Vorgehen von Delhaize im April gegenüber dem belgischen Rundfunksender VRT zusammen.

Den Zeitpunkt für die Vollzugsmeldung hat das Handelsunternehmen wohl gewählt. Der aktuelle Tarifvertrag, den die Geschäftsleitung gekündigt hat und der Franchising verbietet, läuft Anfang kommender Woche aus. Zwar versicherte die Geschäftsführung auch jüngst wieder, die Löhne und Arbeitsplätze der Angestellten seien auch unter den neuen Arbeitgebern sicher, doch auf Gewerkschaftsseite traut man solchen Beteuerungen nicht. „Die Beschäftigungsgarantie hängt vom Umsatz ab, den die Franchisenehmer erzielen, wurde uns im Betriebsrat erklärt“, berichtet Myriam Delmée, Vorsitzende für Handel der Gewerkschaft „Setca“ (Syndicat des employés, techniciens et cadres) in der belgischen Tageszeitung „Le Soir“. Man befürchtet, dass sich Delhaize auf diese Weise auch eines Teils der Belegschaft entledigen will, ohne einen kostspieligen Sozialplan für die Betroffenen auflegen zu müssen. Am Mittwoch schaltete sich abermals die belgische Regierung ein. Der zuständige Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, der Sozialist Pierre-Yves Dermagne, bestellte für kommende Woche Vertreter*innen der Angestellten von Delhaize sowie den leitenden Direktor des Unternehmens, Xavier Piesvaux, ein.

Für Luxemburg keine Garantie

Angesichts der Entwicklung in Belgien stellt sich die Frage, was das Unternehmen mit den restlichen 12 der von ihm betriebenen Filialen in Luxemburg anstellen wird (zehn Supermärkte sowie zwei sogenannte „proxy“-Märkte), wo laut OGBL insgesamt 730 Personen beschäftigt und per Kollektivvertrag abgesichert sind. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist ein ähnlicher Schritt für Luxemburg nicht vorgesehen“, so Pauline Meiresonne, beigeordnete Zentralsekretärin für den Handel beim OGBL, gegenüber der woxx. Dies habe die Unternehmensleitung im März bei einem Treffen beteuert. „Sie haben uns aber absolut keine Garantie für die Zukunft gegeben“. Man beobachte daher sehr genau, wie sich die Situation im Nachbarland entwickelt. „Schließlich haben wir keinen Anlass zu glauben, dass sie mit den Luxemburger Lohnabhängigen rücksichtsvoller umgehen werden als sie das derzeit mit den belgischen Angestellten tun.“

Im Jahr 2021 war zuletzt ein sogenannter „Proxy“-Markt von Delhaize in Esch als Franchise verkauft worden. Insgesamt 46 Läden mit dem Löwen-Logo werden in Luxemburg nach diesem System betrieben; die rund 470 dort Beschäftigten sind nicht über Kollektivverträge angestellt. „Die Leute dort verdienen im Schnitt rund 500 Euro im Monat weniger als jene in den von Delhaize selbst betriebenen Luxemburger Märkten mit Tarifvertrag“, verdeutlicht Meiresonne die Dimensionen: „Ein ähnliches Vorgehen wie in Belgien wäre also auch hierzulande desaströs.“ Die Gewerkschafterin versichert, dass Delhaize sich in diesem Fall auf einen ebenso unerbittlichen Widerstand wie in Belgien einzustellen hätte.


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