Die Art und Weise, wie die Regierung die Partizipation am Klimaplan gestaltet, ist weder ambitioniert noch innovativ, sondern hochgradig gefährlich.
Luxemburgs blau-rot-grüne Regierung hat sehr ambitionierte Klimaschutzziele, wie sie im Dezember verkündete. Wie sich diese konkret in Maßnahmen übersetzen würden, war lange nicht gewusst, da auf das entscheidende Dokument gewartet wurde: die ausführliche Fassung des nationalen Klima- und Energieplans. Diese Woche wurde er veröffentlicht und noch bevor irgendwer ihn gelesen haben konnte, war klar, dass Kritik daran eher unerwünscht ist.
Um fair zu bleiben: Es gibt tatsächlich zwei verschiedene Partizipationsmöglichkeiten, um Stellungnahmen zum Klimaplan abzugeben, nämlich per E-Mail und per Post. Bis zum 29. März haben Interessierte Zeit, ihre „Beobachtungen und Vorschläge“ an das Umweltministerium zu schicken. Wenn sie denn überhaupt davon erfahren, dass der Plan nun auf emwelt.lu verfügbar ist. Die Regierung verschickte zwar eine Pressemitteilung, vermied es jedoch, den Plan mitzuschicken – am Ende würden etwa noch kritische Journalist*innen in dem Dokument herumschnüffeln.
Auf eine Pressekonferenz wurde ebenfalls verzichtet. Das ist erstaunlich, denn sonst lädt die Regierung Journalist*innen gerne ein, sei es für die Ankündigung einer Ankündigung, die Einweihung einer neuen Bushaltestelle oder zu einem ersten Spatenstich. Fast könnte man meinen, der Energie- und Klimaplan, doch eines der wichtigsten Dokumente dieser Regierung und der die Zukunft des Landes maßgeblich gestaltet, sei den grünen Minister*innen gar nicht so wichtig. Oder ist ihnen das Kompromissdokument am Ende gar peinlich?
Im Interview mit Radio 100,7 betonte Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng), sie empfinge die Vertreter*innen der Lobbys der Landwirtschaft und der Industrie, aber auch Umwelt-NGOs, um mit ihnen über den Klimaplan zu diskutieren. Gespräche mit ausgewählten Partner*innen ersetzen jedoch keine echte Mitbestimmung. In der Aufzählung der Ministerin fehlte ohnehin eine wichtige Gruppe: Die Jugendlichen, die die Klimakrise durch ihr Engagement überhaupt auf die Agenda gesetzt haben. Ganz nebenbei werden sie auch jene sein, die die heutigen klimapolitischen Entscheidungen später ausbaden dürfen. Sie einzubinden, sollte viel selbstverständlicher sein als der Input von Wirtschaftsvertreter*innen, deren Streben nach kurzfristigen Profiten uns die Misere überhaupt erst eingebrockt hat.
Gespräche mit ausgewählten Partner*innen ersetzen keine echte Mitbestimmung.
Dabei kann diese Regierung auch ganz anders: Transportminister François Bausch (ebenfalls Déi Gréng) macht eine Tour durch das ganze Land, um sein neues Busnetz vorzustellen – und hat sich auch schon vor dessen Ausarbeitung Feedback und Ideen eingeholt. Warum machen Claude Turmes und Carole Dieschbourg nicht auch eine Klimatour, auf der sie ihre Positionen erklären und es vielleicht sogar schaffen, die Ängste vor dem Schreckgespenst CO2-Steuer zu nehmen?
Das Vorgehen hinterlässt einen sehr bitteren Beigeschmack: Bei vergleichsweise geringfügigen Entscheidungen werden die Möglichkeiten der Partizipation ausgelotet, bei richtungsweisenden Dokumenten kann man als besorgte*r Bürger*in lediglich eine E-Mail schreiben, ohne irgendeine Garantie, dass sie überhaupt von Entscheidungsträger*innen zur Kenntnis genommen wird. Dabei gäbe es abgesehen von Brief und E-Mail jede Menge Möglichkeiten, auch online mit den Bewohner*innen des Landes über den Klimaplan zu diskutieren und Mitbestimmungsmöglichkeiten zu schaffen.
Paradoxerweise bietet die strategische Umweltprüfung, der sich der Klimaplan unterwerfen muss, nachvollziehbarere und zudem rechtlich verbriefte Partizipationsmöglichkeiten – allerdings nur zum Umweltaspekt. Die Klimakrise kann nur bewältigt werden, wenn wir alle gemeinsam am Umbau der Gesellschaft mitarbeiten. Dass die Regierung scheinbar aus politischem Kalkül heraus nicht versucht, alle ins Boot zu holen, ist mehr als gefährlich.
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