Klimaprotest ist kein Thermenurlaub

„Youth for Climate“ will zwei Tage vor den Europawahlen die Rote Brücke blockieren. Schon im Vorfeld hagelt es jugendfeindliche Kritik – die macht unseren Autor wütend.

Am nächsten Freitag, dem 24. Mai, ist wieder internationaler Aktionstag der „Youth for Climate“-Bewegung. In Luxemburg wollen die jungen Aktivist*innen diesmal keine große Demonstration organisieren, sondern mit „Aktionen des zivilen Ungehorsams […] sich als Bürger*innen gewaltfrei gegen die Regierung und ihre Politik stellen“ und „entschlossen den Status-Quo in Frage stellen“. Konkret soll die „Roud Bréck“, die den Stadtteil Kirchberg mit dem Zentrum verbindet, blockiert werden.

Gründe für diese Aktion gibt es zur Genüge. Das „Ecologic Institute“ und „Climact“ haben für die European Climate Foundation die nationalen Klima- und Energiepläne analysiert. Dabei kam Luxemburg lediglich auf den 12. Platz aller 28 EU-Länder. Luxemburg erfülle lediglich 30,2 Prozent der nötigen Klimapolitiken. An der Spitze des Rankings steht übrigens Spanien mit 52 Prozent.

Es ist kein Zufall, dass diese Aktion an die Blockaden von „Extinction Rebellion“, die vor einigen Wochen in mehreren europäischen Städten stattfanden, erinnert. Ebenso ist es kein Zufall, dass der internationale Protesttag zwei Tage vor den EU-Wahlen begangen wird. Den luxemburgischen Appell, der übrigens auch Eltern, Lehrer*innen, Erwachsene und Grenzgänger*innen dazu aufruft, sich an der Aktion zu beteiligen, wurde neben Youth for Climate zusätzlich von Rise for Climate Luxembourg, Laika, Attac57 und Fridays for Future Trier unterzeichnet. Es ist bezeichnend, dass die Liste keine etablierten Umweltschutzorganisationen aufzeigt – sind sie etwa zu feige für zivilen Ungehorsam?

Dabei hagelt es ohnehin schon genügend Kritik in Presse und sozialen Netzwerken. Manche glauben zu wissen, dass sich viele Schüler*innen lediglich die Pfingstferien um einen halben Tag verlängern wollen. Dass die Aktion ohnehin erst am Nachmittag beginnt, wird natürlich nicht beachtet. Vermutlich verwechseln manche Kommentator*innen die Teilnahme an Straßenblockaden ohnehin mit einem Thermenaufenthalt.

Die Kritik an jungen Klimaaktivist*innen ist nie substanziell oder gar inhaltlich, sondern stets nur brachiale Jugendfeindlichkeit, gemischt mit der üblichen Pseudokritik an Umweltaktivist*innen, dass auch sie manchmal fliegen, mit dem Auto fahren, Plastikmüll verursachen oder CO2 ausatmen.

Höhepunkt dieser wutschäumenden Verbalattacken sind Angriffe gegen Greta Thunberg, die die Schulstreiks fürs Klima ins Leben gerufen hat und zu einer Galionsfigur der Bewegung wurde. In der konservativen Presse (auch in Luxemburg) wird alles, was sich in den Köpfen alter weißer Männer an Sexismus, Jugend- und Behindertenfeindlichkeit aufgestaut hat, als Gift und Galle gegenüber Thunberg ausgespuckt.

Besonders perfide ist die Wortwahl der Kommentare: Thunberg wird abwertend als „Prophetin“ bezeichnet, Demos zu „Kinderkreuzzügen“ erklärt – mit religiösem Vokabular soll die Bewegung lächerlich gemacht und Irrationalität vermittelt werden. Und das, obwohl die Jugendlichen sich stets auf wissenschaftliche Erkenntnisse berufen und mit den „Scientists for Future“ auch mehr und qualifiziertere wissenschaftliche Unterstützung haben als so manche Dieselfans. Immer wieder wird auch die sexistische Floskel „Hysterie“ verwendet – und damit weggewischt, dass Angst und Panik angesichts der drohenden Klimakatastrophe und der Untätigkeit der Politik sehr nachvollziehbare Reaktionen sind.

Auch wenn Thunberg oft „I want you to panic“ sagt – die Schule zu bestreiken, Straßen zu besetzen und Parlamente zu stürmen ist ungefähr das vernünftigste, was junge Menschen tun können, um darauf aufmerksam zu machen, dass gerade ihre Zukunft zerstört wird. Es ist perfide und hypokritisch, ihnen vorzuwerfen, dass sie in einer Welt leben, in denen sie keinen Schritt tun können, ohne ihre ökologischen Fußabdruck zu vergrößern. Ältere Generationen sollten sich nicht krampfhaft Argumente einfallen lassen, warum sie die Proteste nicht perfekt finden, sondern sie unterstützen. Dann hätten sie vielleicht ein weniger schlechtes Gewissen – was oft der wahre Grund hinter der Pseudokritik ist.


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