Hausaufgabenhilfe
 Altes Konzept 
in neuem Gewand


Schon im Juli stellte Bildungsminister Claude Meisch sein Konzept für die Hausaufgabenhilfe in Betreuungsstrukturen vor. Wirklich neu ist nur die Weiterbildungspflicht des zuständigen Personals.

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„Aide aux devoirs – Renforcer les enfants, soulager les familles, mettre les partenaires en réseau.“ So war das Schreiben des Bildungsministeriums betitelt, in welchem im vergangenen Juli das neue Konzept der nationalen Hausaufgabenhilfe angekündigt wurde.

Bei Hausaufgaben, so heißt es im Schreiben, handele es sich um Wiederholungsaufgaben, die die Schüler*innen völlig selbständig bewerkstelligen können müssen. Es sei wichtig, dass die Schüler*innen ihre Hausaufgaben auch dann erledigen könnten, wenn es bei ihnen zuhause an Unterstützung oder guten Lernbedingungen mangelt.

Aus diesem Grund soll ab September von den Erzieher*innen der Maisons relais eine Hausaufgabenhilfe geleistet werden. Laut Angaben des Ministeriums geht es dabei nicht darum, den Schüler*innen den Lernstoff zu erklären. Vielmehr sollen die Erzieher*innen auf Verständnisfragen zur Aufgabenstellung eingehen und überprüfen, ob das Kind seine Hausaufgaben vollständig erledigt hat. Hat das Kind Schwierigkeiten, sind die Erzieher*innen aufgefordert, dies den Eltern und Lehrkräften mit einem entsprechenden Eintrag in das diese Rentrée eingeführte digitale Hausaufgabenbuch, E-Bichelchen, mitzuteilen.

Damit ist man weit von dem laut Regierungsprogramm in puncto Hausaufgabenbetreuung Vorgesehenen entfernt. Geplant war ursprünglich, gemeinsam mit den Schulen ein Konzept auszuarbeiten, das dann auch von diesen umgesetzt werden sollte. Qualifiziertes Personal, darunter auch Lehrkräfte, sollte die Betreuung während freiwillig geleisteter Überstunden anbieten. Die Lehrer*innengewerkschaft SNE übte jedoch Kritik an diesem Vorhaben. Die Hausaufgabenbetreuung sei nicht Aufgabe der Schule, so ihr Einwand.

Statt den Plan aber gänzlich zu verwerfen, präsentiert Meisch das Vorhaben nun in neuem Gewand. Ziel bleibt nach wie vor, die Familien der Schüler*innen zu entlasten. Vor allem Kindern, deren Eltern sie bei den Hausaufgaben aufgrund sprachlicher Barrieren nicht unterstützen können, solle dadurch geholfen werden. Zudem soll das Netzwerk Familie-Schule-Maison relais auf diese Weise gestärkt werden, also der Informationsaustausch über die Schwierigkeiten der Schüler*innen und eventuelle Unterstützungsmöglichkeiten. Zu nichts weniger als sozialer Gerechtigkeit soll die zusätzliche Unterstützung laut Informationen des Bildungsministeriums führen.

Harmonisierung des Angebots

Nun war eine solche Hausaufgabenaufsicht, wie sie gemäß der Beschreibung des Ministeriums eigentlich lauten müsste, auch vor diesem September schon in den Maisons relais vorgeschrieben. Das im Juli vorgestellte Projekt soll lediglich zu einer Harmonisierung der bestehenden Angebote führen, heißt es dazu von Seiten des Ministeriums. Dies soll mittels einer wesentlichen Änderung gewährleistet werden: Seit dem 1. September kann das betroffene Personal sich beim Institut de formation de l’éducation nationale (Ifen) im Bereich der Hausaufgabenaufsicht weiterbilden lassen. Die Weiterbildung muss verpflichtend bis September 2024 besucht worden sein.

Weder Opposition noch die Regierungspartei LSAP scheinen mit dem überarbeiteten Angebot zufrieden. Über welche Qualifikationen das für die Hausaufgabenaufsicht zuständige Personal verfügen müsse, wollten etwa Martine Hansen und Diane Adehm (beide CSV) in einer parlamentarischen Anfrage wissen.

Statt mit den Schulen sei das Konzept mit Vertreter*innen der außerschulischen Bildungs- und Betreuungsstrukturen, sowie des Syndicat des villes et communes luxembourgeoises (Syvicol) ausgearbeitet worden, heißt es in der Antwort des Bildungsministers. Details zur konkreten Umsetzung gab es auch. Die Hausaufgabenaufsicht, für die jeweils ein Zeitfenster von einer Stunde vorgesehen sei, werde von einer zuvor bestimmten Referenzperson durchgeführt. Diese müsse entweder über einen Sekundarschulabschluss im psycho-sozialen, pädagogischen oder sozialen Bildungsbereich verfügen oder aber über einen Erfahrungswert von mindestens zwei Jahren in einer Betreuungsstruktur oder im außerschulischen Bildungsbereich. Kenntnisse der luxemburgischen, deutschen und französischen Sprache sind ebenfalls verpflichtend. Den Kindern, so heißt es in der Antwort weiter, werde pädagogisches Material wie etwa Wörterbücher zur Verfügung gestellt. Zudem sei eine Evaluierung des Projekts durch das Observatoire de l’enfance, de la jeunesse et de la qualité scolaire geplant.

Auch die LSAP-Abgeordnete Francine Closener wandte sich mit einer parlamentarischen Anrage an das Bildungsministerium: Richtet sich das Angebot an alle Schüler*innen oder nur an Grundschüler*innen? Ist die Hausaufgabenhilfe verpflichtend oder freiwillig? Wie viele Schüler*innen werden von diesem Angebot profitieren können?

Wie aus der Antwort des Bildungsministeriums hervorgeht, richtet sich das Angebot ausschließlich an Grundschüler*innen und muss von den Betreuungsstrukturen im September 2024 verpflichtend implementiert worden sein. Allerdings steht es den Eltern frei, ob sie die Hausaufgabenhilfe für ihr Kind in Anspruch nehmen wollen oder nicht. Laut Informationen des Bildungsministeriums sind zurzeit 35.308 Kinder in Betreuungsstrukturen eingeschrieben.

Wie in den vergangenen Wochen in diversen Medien nachzulesen war, hält die Skepsis der Oppositionsparteien sowie der LSAP nach wie vor an. Welchen pädagogischen Mehrwert verspricht diese Harmonisierung der Hausaufgabenaufsicht? Ist eine solche Aufgabe den Maisons relais überhaupt zuzumuten? Und kann diese Hausaufgabenhilfe wirklich dazu betragen die Beziehung zwischen Schule, Betreuungsstrukturen und den Familien zu verbessern? Wir haben zwei Expert*innen der Universität Luxemburg nach ihrer Einschätzung befragt. Das Interview ist auf den folgenden beiden Seiten zu lesen.


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