Initiative gegen Impf-Profiteur*innen

Die Impfkampagnen gegen Covid werden durch das Profitstreben der Pharmakonzerne erschwert. Eine Europäische Bürgerinitiative fordert staatliche Eingriffe und sammelt hierfür Unterschriften.

Weniger als 200 Unterschriften hat die Europäische Bürgerinitiative (EBI ) „No Profit on Pandemic“ bisher im Großherzogtum zusammengetragen. Liegt es daran, dass die Luxemburger*innen Rücksicht auf die Post-Finanzplatz-Diversifizierungs-Strategie der Regierung nehmen? Die setzt nämlich unter anderem auf die Nische „Verwertung geistigen Eigentums“– genau das Geschäftsmodell, das die EBI einschränken möchte.

Unter den Folgen der Spekulation mit Impf-Patenten hat das Land jedenfalls wenig zu leiden. Abgesehen von hausgemachten Problemen wie Impfdrängelei oder logistischem Chaos ist Luxemburg auf einem Kurs, der eine Überwindung der Covid-Epidemie hierzulande ab Herbst wahrscheinlich macht. Das kann leider nicht von den meisten anderen Ländern, insbesondere im globalen Süden, gesagt werden (woxx 1618: Covid, climat et capitalisme).

Die EBI, im November 2020 lanciert, fordert die EU-Kommission auf, „sicherzustellen, dass Rechte des geistigen Eigentums, einschließlich Patente, die Zugänglichkeit oder Verfügbarkeit künftiger COVID-19-Impfstoffe oder Behandlungen nicht behindern“.

EBI gegen Impfpatente

In der EBI-Begründung wird die Berechtigung der Impfpatente in Frage gestellt: „Patente geben einem einzigen Unternehmen die Monopolkontrolle über wesentliche pharmazeutische Produkte. Dies begrenzt ihre Verfügbarkeit und erhöht ihre Kosten für diejenigen, die sie brauchen.“ Angesichts der weltweiten Engpässe bei Impfdosen und der sich ankündigenden Explosion der Defizite der Krankenversicherungen heißt es weiter: „Eine kollektive Bedrohung erfordert Solidarität, nicht private Geschäftemacherei. (…) Es sollte großen Pharmaunternehmen nicht erlaubt sein, die Sozialversicherungssysteme zu plündern.“

Die in der EBI enthaltenen Forderungen umfassen auch die Gewährleistung, dass Zwangslizenzen praktisch durchgesetzt werden können – dabei handelt es sich um die Möglichkeit die einzelnen Staaten, Pharmafirmen zu zwingen, medizinische Patente punktuell mit anderen Firmen zu teilen. Außerdem sollen alle Firmen, die EU-Mittel bekommen haben, rechtlich verpflichtet werden, ihr Wissen zu teilen und ihre Preiskalkulation offenzulegen.

4.000 Unterschriften von einer Million

Damit die EBI angenommen wird, benötigt sie eine Million Unterschriften und zusätzlich eine Mindestquote in sieben Mitgliedstaaten. Derzeit wird diese Quote nur in Belgien erreicht, in Italien, Frankreich, Spanien und Irland ist immerhin über ein Viertel der Quote erreicht. Luxemburg liegt derzeit bei weniger als fünf Prozent der erforderlichen Unterschriften, fehlen noch etwa 4.000, die durch eine starke Mobilisierung zum Beipiel der Gewerkschaften sicherlich zusammenkommen könnten. Eine gemeinsame Werbeaktion von déi Lénk und der französischen kommunistischen Partei Ende Februar hat jedenfalls nicht gereicht. Es bleibt aber noch Zeit: Die Schlussfrist für die EBI wurde verlängert, weil die Anti-Covid-Maßnahmen es erschweren, Unterschriften auf Papier zu sammeln. Die Initiative hat nun bis zum 1. Mai 2022 Zeit, hofft aber, die Million Unterschriften lange vorher zusammenzubekommen.

Es geht bei dieser Petition um eine Grundfrage, die sich seit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft, aus der die EU hervorgegangen ist, immer wieder gestellt hat: Wie stark ist die EU sozialen Rechten verpflichtet und wie lässt sich der in den Verträgen festgeschriebene Primat der wirtschaftlichen Rechte ausgleichen. Wenn es, wie in der Covid-Krise, um das Allgemeinwohl geht, können Regierungen einschneidende Maßnahmen ergreifen und gegebenenfalls auch ins Eigentumsrecht eingreifen.

Andererseits stellt sich die Frage, ob Forschungsergebnisse und Technologie im medizinischen Bereich, der für das Allgemeinwohl entscheidend ist, überhaupt in Privatbesitz gehören, oder ob man sie als Gemeingüter ansieht. Mehr über Impfpatente, Zwangslizenzen und den Unterschied zwischen öffentlichem Gut und Gemeingut in unserem online-woxx-Beitrag Impfstoffe: Gemeingüter statt Patente.

Link zur Europäische Bürgerinitiative (EBI ) No Profit on Pandemic.

 


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