Spliffs vom Staatsbeamten?

Die niederländische Regierung will einen Konstruktionsfehler bei der Duldungspolitik der Coffee-Shops beheben. Bislang darf Gras straffrei verkauft, aber nicht angebaut werden. Die Ladenbetreiber*innen müssen also auf dem Schwarzmarkt kaufen. Hier soll der Staat nun selbst in die Bresche springen. Doch Gras vom Gewaltmonopolisten finden längst nicht alle eine gute Idee.

Spliffs aus Staatsanbau? Klingt für manche nach einem Horrortrip. (Foto: pixabay)

Seit Langem gibt es in den Niederlanden ein politisches Tauziehen um die „illegale Hintertür“ der Coffee-Shops. Durch die kommt die Ware herein, die die Geschäfte dann ganz offen verkaufen. Nicht legal, sondern, wie man das dort seit 1977 nennt, „geduldet“. Strafverfolgung des Verkaufs findet also nicht statt, Anbau und Belieferung der Läden sind jedoch nach wie vor illegal. Ein folgenschwerer Konstruktionsfehler, denn die „Hintertür“ wurde so zur Geschäftsidee sowohl für kleine Hobby-Züchter als auch für die im großen Stil operierende „organisierte Kriminalität“.

Ein von der neuen Regierung geplantes Projekt soll nun endlich Abhilfe schaffen: Erstmals sollen sich sechs bis zehn Kommunen an der Marihuana-Zucht versuchen. Mit dem staatlich regulierten Anbau will man dem äußerst lukrativen Schwarzmarkt das Wasser abgraben. Innerhalb eines halben Jahres will man den gesetzlichen Rahmen festlegen. Bereits im kommenden Frühling soll nämlich das Pflanzen beginnen.

Für seine Reportage in der woxx-Weihnachtsausgabe hat sich unser Niederlande-Korrespondent Tobias Müller in Breda umgehört. Das gut zehn Kilometer nördlich der belgischen Grenze gelegene Städtchen war bis vor ein paar Jahren ein beliebter Anlaufpunkt für Kiffer aus dem Nachbarland.

Ed Pattché, Betreiber eines Coffee-Shops in Breda, hält von staatlich organisiertem Anbau nichts: „Keinen Staats-Anbau!“ Er will die Produktion lieber selbst in die Hand nehmen. Sollte stattdessen das „Staats-Gras“ kommen, befürchtet Pattché Bedingungen, die er als Unternehmer nicht akzeptieren kann. Gut 20 Sorten Gras und zehn Sorten Haschisch hat er momentan im Programm. Diese Vielfalt sieht er durch den staatlichen Anbau in Gefahr, der dann womöglich ein wesentlich reduzierteres Sortiment produzieren wird: „Diversität ist wichtig, sonst gehen die Kunden woanders kaufen.“ Wo ‚woanders‘ ist, bedarf keiner weiteren Erklärung. Er meint damit die Straße, wo die Qualität schlechter, die Gefahr gestreckter Ware höher ist.

Paul Depla, der Bürgermeister von Breda, stimmt mit dem Geschäftsmann überein. Auch Depla weiß, dass „woanders“ die Straße ist, und die beinhaltet nicht zuletzt die Aufrechterhaltung der Kriminalität.

So ergibt sich derzeit eine recht interessante politische Konstellation: Während die Kommunen mit großer Mehrheit für den Gras-Anbau unter ihrer Regie sind und ein offenes Ohr für die Sorgen der Coffee-Shop-Betreiber haben, sucht die christdemokratisch-liberale Regierungskoalition noch nach einem für alle verdaulichen politischen Kompromiss. Es wird also spannend bleiben, ob und in welcher Form das Staats-Dope schließlich kommt. Einen Wettbewerb, wie die angebotenen Sorten dann künftig heißen sollen, hat die niederländische Regierung jedenfalls noch nicht ausgeschrieben.

Die Reportage von Tobias Müller lesen Sie am kommenden Freitag in der woxx.


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