Am heutigen Welt-Roma-Tag erinnert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an die Bleivergiftungen der Binnenflüchtlinge während des Kosovo-Krieges – und an die ausbleibende Wiedergutmachung der UN.
„Diese Minderheit steht stellvertretend für all jene, die in Konflikt-, Kriegs- und Genozid-Regionen massive Menschenrechtsverletzungen erlitten haben. Sie sind schuldlos zu Opfern geworden und werden noch heute massiv diskriminiert. Diese Kette muss endlich abreißen“, sagt Jasna Causevic, Referentin der GfbV für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung. „Nicht nur Nationalstaaten, auch die UNO und ihre Institutionen zeigten Ignoranz und Rassismus gegenüber einer Minderheit, deren Rechte sie eigentlich schützen und fördern müssten.“ Die GfbV erinnert damit daran, dass nach der Nato-Intervention im Kosovo (1999) hunderte Roma, Aschkali und Balkan-Ägypter*innen in bleivergifteten UN-Lagern für Binnenvertriebene untergebracht worden waren. Mindestens 192 Roma, darunter viele Kinder, seien durch die Bleibelastung schwer erkrankt und würden heute noch unter den Langzeitschäden leiden.
Auf der Internetseite des regionalen Informationszentrums der Vereinten Nationen für Westeuropa heißt es, dass erste Berichte über Bleivergiftungen in den Lagern bereits 1999 an die Öffentlichkeit gelangten. Das UN-Personal wurde unmittelbar durch Vorsorgemaßnahmen geschützt. Die Binnenvertriebenen seien hingegen erst 2006 über die toxische Verseuchung des Gebiets informiert worden. Der vom UN-Menschenrechtsrat ernannte, unabhängige Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Giftstoffe, Baskut Tuncak, forderte die Vereinten Nationen kürzlich dazu auf, den Betroffenen eine angemessene Entschädigung und medizinische Hilfe zuzusichern. Tuncak beziehe sich, laut Informationszentrum, dabei auf einen Bericht über vermeintliche Menschenrechtsverletzungen der Friedensmission „United Nations Mission in Kosovo“ (Unmik), der nach der Beschwerde von 138 Angehörigen der Roma, Aschkali und von ägyptischen Minderheiten eingereicht wurde. Das Informationszentrum verweist in dem Kontext auf den 2017 von UN-Generalsekretär Antonio Guterres eingerichteten Treuhandfonds, der Hilfsprojekte vor Ort finanzieren soll. Es habe allerdings bisher kein Land in den Fonds einbezahlt.
Die GfbV kritisiert in ihrer Pressemitteilung zum 48. Welt-Roma-Tag, dass die UN selber finanziell nicht für die Langzeitfolgen der Bleivergiftungen aufkommt und sich vor der proaktiven Wiedergutmachung drückt. Tuncak selbst tritt für individuelle Unterstützungsmaßnahmen sowie für eine öffentliche Entschuldigung der Vereinten Nationen dafür, die Menschenrechtsstandards nicht eingehalten zu haben, ein.
Die Bundeszentrale für politische Bildung offenbart in einem Themen-Dossier, dass auch die gesellschaftliche Situation der schätzungsweise zehn bis zwölf Millionen Roma und Sinti in Europa (Stand: 2011) kritisch ist. Aus der Textsammlung geht unter anderem hervor, dass sie beispielsweise in Frankreich und Deutschland oft Opfer von Diskriminierung, sozialer Ausgrenzung und Stigmatisierung werden. Das entsprechende Themendossier, das darüber hinaus unter anderem eine Analyse der EU-Politik umfasst, gibt es hier. Auch die woxx hat in der Vergangenheit über die Situation der Roma in Europa und dem Großherzogtum berichtet. So zum Beispiel in einem Edito nach Gaston Vogels Diskurs über „rumänische“ Bettler*innen oder in einem Artikel zur Diskriminierung der Roma in Europa.