Apulische Spannung
Das Trio Yarákä kommt aus Tarent und Lecce, also aus Apulien, dem italienischen Stiefelabsatz, und hat sowohl süditalienische Traditionen als auch bisweilen solche aus anderen Regionen des Mittelmeers im Blick. Die Gruppe, deren Name der amazonischen Tupi-Guarani-Sprache entliehen ist, besteht aus Gianni Sciambarruto, Virginia Pavone und Simone Carrino, die mit verschiedenen Saiteninstrumenten, Flöte und teilweise richtig treibender Perkussion ihren Gesang unterstützen. Die acht traditionellen Stücke des Albums Curranera, der Bezeichnung für Heilerinnen in alten Zeiten, stammen überwiegend aus Tarent und Sizilien, aber auch mal aus der Basilikata. Die Texte beschäftigen sich mit den Beziehungen zwischen Mensch und Natur, in Anlehnung an die Curraneras, die ihre Medizin aus Pflanzen gewannen. Einige Stücke bestehen aus mehreren Teilen, die unterschiedliche Stimmungen, Tempi und Instrumentierungen so miteinander verbinden, dass suitenartige Collagen entstehen, die die Hörer*innen in ihren Bann ziehen. Eine ganz spannungsreiche Aufnahme, in der die markante Stimme Virginia Pavones besonders hervorsticht.
Yarákä – Curranera – Zero Nove Nove
Syrische Sufi-Kunst
Das in Brüssel beheimatete Label Muziekpublique hat sich unter anderem dadurch verdient gemacht, dass es Aufnahmen von meist im belgischen Exil lebenden Musiker*innen produziert und veröffentlicht. Die neuste Scheibe in dieser Serie kommt vom sechsköpfigen Musikensemble Jawa, dem zudem teils ein Tänzer angehört und dessen Mitglieder aus Syrien, dem Libanon, Belgien und Nordafrika stammen. Die CD Last Breaths from Aleppo widmet sich den Sufis aus Aleppo in Syrien, jenem mystischen Orden im Islam, der sich dem Humanismus verschrieben hat. Berühmt sind die Kreistänze der Derwische, die sich damit in Trance versetzen. Die Musikgruppe hat dazu die passende Musik geschaffen, die mit der Ud-Laute, der Kastenzither Kanun, der Nay-Flöte, einer Violine und Perkussion in Szene gesetzt wird. Hinzu kommt die Stimme von Khaled Alhafez, der in Aleppo Gesang studierte. Ein ganz bewegendes Album mit großartiger Musik aus einem gelähmten Land, für das man sich Zeit nehmen sollte, um in diese ganz spezielle Stimmung eintauchen zu können.
Jawa – Last Breaths from Aleppo – Muziekpublique
Schöne Stimme aus Brasilien
Wer brasilianische Musik mag, sollte hier unbedingt reinhören! Anna Setton stammt aus São Paulo, hat in Recife ihr drittes Album O futuro é mais bonito aufgenommen, lebt nun in Portugal, gilt aber noch als Geheimtipp. Die Texte von neun der zehn Lieder auf der CD hat sie selbst geschrieben. Setton ist mit der Música Popular Brasileiro (MPB) aufgewachsen, die in den 1960er-Jahren von Pionieren, wie Gilberto Gil, Caetano Veloso, Gal Costa und anderen geschaffen wurde und bis heute als ein musikalisches Markenzeichen Brasiliens gilt. Bisher sang sie eher Jazz, aber schon die ersten Töne auf der neuen Platte lassen keinen Zweifel, dass die Komponisten, die Settons Texte vertont haben, der Sängerin einen melodischen Rahmen geschaffen haben, der in den Formen der MPB verwurzelt ist. Inhaltlich geht es ihr – der Titel des Albums ist Programm – um die Hoffnung auf eine bessere politische und soziale Zukunft in Brasilien sowie in der ganzen Welt. Die instrumentelle Einspielung ist zeitgemäß modern, macht bisweilen Anleihen beim Reggae und ist ganz auf die schöne, sanfte Stimme Anna Settons fokussiert. Gehaltvoller brasilianischer Charme nach Noten!
Anna Setton – O futuro é mais bonito – Galileo
Modernes aus Mali
Fatoumata Diawara wurde in der Elfenbeinküste geboren und kam schon als Kind nach Bamako, Mali, wo sie durch ihre Tante mit der Theaterszene in Verbindung kam. Später hat sie in einer ganzen Reihe von afrikanischen Filmen geglänzt und ist dort auch heute noch aktiv. Als Sängerin debütierte sie 2011 mit einem Soloalbum und hat seitdem auch auf vielen Alben anderer Musiker*innen mitgewirkt. Nach Fatou (2011) und Fenfo (2018) ist jetzt ihr (erst) drittes eigenes Album mit dem Titel London Ko herausgekommen. Hier klingt es sehr afrikanisch und gleichzeitig oft poppig. Es finden sich Stücke, bei denen zum Beispiel Damon Albarn, der umtriebige Kopf der Brit-Pop-Band Blur, wie auch der kubanische Pianist Roberto Fonseca mitwirken. Damon Albarn hat das Album mitproduziert. Manche Stücke sind sehr am Rock orientiert, teils zirpen elektronische Beats und auch vom Piano dominierte Balladen sind enthalten. Wen dieser Stilmix nicht stört, kann hier die eindrucksvolle Stimme einer starken Sängerin aus Mali genießen.
Fatoumata Diawara – London Ko – Montuno Producciones y Eventos
Transglobal World Music Chart August – Top 20
1. Tinariwen · Amatssou · Wedge
2. Kayhan Kalhor and Toumani Diabaté · The Sky Is the Same Colour Everywhere · Real World
3. Bokanté · History · Real World
4. Fatoumata Diawara · London Ko · 3ème Bureau/
Wagram Music
5. Bantu · What Is Your Breaking Point? · Soledad Productions
6. Damir Imamović · The World and All That It Holds · Smithsonian Folkways Recordings
7. Ali Farka Touré · Voyageur · World Circuit
8. Omara Portuondo · Vida · One World
9. Saîdê Goyî · Jinê · Saîdê Goyî
10. Blick Bassy · Madiba · InFiné
11. Wilson das Neves · Senzala e Favela · FundiSom
12. Jawa · Last Breaths from Aleppo · Muziekpublique
13. Mari Kalkun · Stories of Stonia · Real World
14. Baaba Maal · Being · Marathon Artists
15. Seckou Keita with BBC Concert Orchestra · African Rhapsodies: A Work for Kora and Symphonic Orchestra · Claves
16. Eliades Ochoa · Guajiro · World Circuit
17. Shono · Kolkhozoy Traktor · CPL-Music / CPL-Musicgroup
18. La Cantiga de la Serena · La Novia · Zero Nove Nove
19. Cantares del Pacífico · Aguajes de Mar y Manglar · Chaco World Music
20. Matthieu Saglio · Voices · ACT