Willis Tipps: Dezember 2020

Afro-brasilianisches Debut

Ein Ergebnis des portugiesischen Kolonialismus ist die klangliche Verwandtschaft der aktuellen Musiken der heute unabhängigen Länder. Das Debutalbum der Gruppe Ayom zeigt sehr schön, wie nah sich die Stile Brasiliens, Angolas und der Kapverden sind. Die Sängerin und Perkussionistin Jabu Morales stammt aus Minas Gerais in Brasilien und ging nach Barcelona, wo sie auf gleichgesinnte Musiker traf. Das dort gegründete Ensemble nennt sich nach der Orisha-Göttin der Trommel Ayom. Der Orisha-Glaube stammt aus Westafrika und hat auch in Brasilien seine Anhänger*innen. Der Name der Gruppe ist Programm. Auf der CD werden die afrikanischen Elemente brasilianischer Musik ausgelotet. Jabu Morales singt in verschiedenen Sprachen, mischt unterschiedliche lusophone Musikformen und der italienische Akkordeonist Alberto Becucci fügt noch einen Schuss Mittelmeer hinzu. Das ist eine ganz erfrischende Kombination, die keineswegs eklektisch wirkt, denn das Samba-Feeling ist allgegenwärtig. Tolle Rhythmen und eine überzeugende Stimme!

Ayom – Ayom – Amplifica/Flowfish Records


Starkes von den Kapverden

Die kapverdische Sängerin Elida Almeida ist eine ganz fleißige. In gerade einmal fünf Jahren hat sie nun schon ihre vierte CD fertiggestellt und zudem vorher einige Singles veröffentlicht. Wenn man das aktuelle Album Gerasonobu mit ihren Anfängen vergleicht – die erste Platte hat sie 2014 im Alter von 21 Jahren aufgenommen –, fällt auf, wie sehr sie sich entwickelt hat. Ihr Repertoire ist vielfältiger und ihre Stimme gereift. Das neue Album zeigt alles, was man von moderner kapverdischer Musik erwarten darf. Das Spektrum reicht von überzeugendem, melancholischem Morna bis zu mitreißendem Funaná und kongolesischen Soukous gibt es auch. In den Arrangements findet man Bläser und ein dezentes Jazzpiano verleiht vielen Stücken einen schönen Swing. Das Vorgängeralbum Kebrada war schon beachtlich, aber Gerasonobu ist noch besser und abwechslungsreicher. Eine ganz souveräne Sängerin mit einer Platte, die Freude macht! Eine reife Leistung!

Elida Almeida – Gerasonobu -Lusafrica


Pakistanischer Tiefgang

Das experimentelle Glitterbeat-Label gönnt sich auch die ganz feine Serie „Hidden Musics“ mit traditionellen Platten, die vom renommierten Produzenten Ian Brennan unter Field-Recording-Bedingungen aufgenommen wurden. Die neuste Veröffentlichung aus dieser Reihe ist eine CD von Ustad Saami aus Pakistan, von dem bereits vor einem Jahr eine CD erschienen ist. Die zweite Platte trägt den Titel „Pakistan Is for the Peaceful“. Schon lange bekannt ist der Qawwali, die Musik der Sufis aus Pakistan, deren berühmtester Vertreter Nusrat Fateh Ali Khan war. Der Vorläufer des Qawwali ist der Surti und Ustad Saami ist der letzte lebende große Sänger dieser 800 Jahre alten Tradition. Das Album beinhaltet zwei jeweils rund 20-minütige Stücke und ein kürzeres. Die instrumentelle Basis, auf der der 76-jährige Meister seine Gesangskunst entfaltet, bereiten vier seiner Söhne mit Harmonium, Tambura und Perkussion. Auch wenn man den religiösen Hintergrund nicht teilt, wird man von der intensiven, meditativen Stimme Ustad Saamis gefangen genommen. Diese Platte zieht die Hörer*innen in musikalische Sphären, die es in dieser Tiefgründigkeit in Westeuropa nicht gegeben hat. Das ist ein Meisterwerk!

Ustad Saami – Pakistan Is for the Peaceful – Glitterbeat


Dezember – Top 20

1. Kronos Quartet · Long Time Passing: Kronos Quartet & Friends Celebrate 
Pete Seeger · Smithsonian Folkways Recordings (USA)
2. The Rheingans Sisters · Receiver · Bendigedig (UK)
3. Afel Bocoum · Lindé · World Circuit (Mali)
4. Xabier Díaz & Adufeiras de Salitre · As Catedrais Silenciadas · 
Músicas de Salitre (Spanien)
5. Bantu · Everybody Get Agenda · Soledad Productions (Nigeria)
6. Sandeep Das & The HUM Ensemble · Delhi to Damascus · In a Circle (Indien)
7. Ammar 808 · Global Control / Invisible Invasion · Glitterbeat (Tunesien/Indien)
8. A.G.A. Trio · Meeting · Naxos World (Armenien/Türkei)
9. Liraz · Zan · Glitterbeat (Israel/Iran)
10. Derya Türkan & Sokratis Sinopoulos · Soundplaces · Seyir Muzik (Türkei/Griechenland)
11. Les Mamans du Congo et Rrobin · Les Mamans du Congo et Rrobin · Jarring Effects (DR Congo)
12. Harold López-Nussa · Te Lo Dije · Mack Avenue (Spanien)
13. Wowakin · Wiązanka · Baba Studio (Polen)
14. Djely Tapa · Barokan · Label 440 / Disques Nuits d’Afrique / DT Productions (Mali)
15. Mahsa Vahdat · Enlighten the Night · Kirkelig Kulturverksted (Iran)
16. Khusugtun · Jangar · Buda Musique (Mongolei)
17. Star Feminine Band · Star Feminine Band · Born Bad (Benin)
18. Leyla McCalla · Vari-Colored Songs: A Tribute to Langston Hughes · Smithsonian Folkways Recordings (USA)
19. Modeste Hugues & Kilema · Ala Maintso / Green World: Songs from Madagascar · ARC Music (Madagaskar)
20. Elida Almeida · Gerasonobu · Lusafrica (Kapverden)

Die TWMC TOP 20/40 bei: http://www.transglobalwmc.com/ und bei Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ und www.woxx.lu/author/Klopottek.


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