Sich mit dem Tod auseinander zu setzen bedeutet, sich des Lebens bewusst werden, ein Gedanke, den man mitnimmt, wenn man die Ausstellung „Noch mal leben, vor dem Tod“ verlässt, die im Rahmen des Omega 90-Jubiläums gezeigt wird. Es ist eine radikale, eindringliche Ausstellung, die mit dem Tabu Tod bricht und zum Nachdenken anregt. Ein Jahr lang haben Fotograf Walter Schels und Autorin Beate Lakotta für ihre engagierte Reportage in der auf das Wesentliche konzentrierten Atmosphäre von Hospizen gearbeitet. Sie haben unheilbar Kranke darum gebeten, sie in ihren letzten Tagen und Wochen mit Fotokamera und Tonbandgerät begleiten zu dürfen. Dabei bildeten sich Beziehungen, die immer wieder mit demselben Ritual endeten: Dem endgültigen Abschiedsfoto.
In „Noch mal leben …“ kommen diese Einzelschicksale zusammen. Neben großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografien, Doppelporträts, die kurze Zeit vor und unmittelbar nach dem Tod der Porträtierten entstanden, vermittelt ein erzählender Text konkrete Einblicke in das Leben des Einzelnen, vom Entdecken der Krankheit über die Auseinandersetzung damit bis hin zum Tod. Es sind individuelle Zeugnisse, die unterschiedliche Antworten finden auf die Fragen wie habe ich gelebt, wen geliebt, was geschaffen, was versäumt und was bleibt noch zu tun. Auch die Fotos zeugen mit jeder dokumentierten Pore, jeder Gesichtsfalte, jedem Barthärchen, jedem Augenglanz vom Lebensdurst, von Schmerzen, Angst und Enttäuschungen – vom ganzen Prozess des Loslassens. Die Fotografierten werden dabei nicht als Objekte ästhetischer Inszenierung missbraucht. Es findet keine Verbrämung, keine Verschönerung statt. Der Blick der noch Lebenden wird zum Memento mori, der die Frage thematisiert, inwiefern das hoffnungsvolle Selbstbild, das man in sich trägt, auf der Zielgeraden noch bestehen kann.
Chapelle du Rahm noch bis zum 19. März.
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