Da aus Europa keine Hilfe kam, bleibt den Flüchtlingen im Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos angesichts der Corona-Krise nur die Selbstorganisation. Doch dafür sind die Betroffenen dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen.
„Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, um das Virus vom Camp fernzuhalten.“ So fasst die lokale Hilfsorganisation „Stand by me Lesvos“ die Situation im Flüchtlingslager auf der Insel zusammen. Denn noch hat Covid-19 dem Anschein nach Camp Moria nicht erreicht. Zwar weiß man auch dort nicht, ob und wie viele Infektionen eventuell unerkannt blieben; doch die Tatsache, dass bislang keine entsprechenden medizinischen Auffälligkeiten verzeichnet wurden, ist der Funke Hoffnung, den man zu nähren versucht.
Evakuation wenigstens der Alten, Kranken und Kinder aus den griechischen Lagern jetzt!
Da von der Europäischen Union keine Hilfe zu erwarten ist, haben die Flüchtlinge sich angesichts der herannahenden Corona-Epidemie selbst organisiert. Gruppen wie das „Moria Corona Awareness Team“, die „Moria White Helmets“ und „Waves of Hope“ haben unter anderem damit begonnen, Plakate in verschiedenen Sprachen zu drucken, um über die wichtigsten Hygieneregeln zu informieren. Auch wenn es aussichtlos erscheint, sie unter den herrschenden Bedingungen zu respektieren. Mehr als 20.000 Menschen sind in dem für 3.000 Personen ausgelegten Lager auf Lesbos untergebracht, unter Verhältnissen, die nicht nur in hygienischer Hinsicht jeder Beschreibung spotten. Auf der Insel selbst sind inzwischen vier Fälle von Covid-19-Infektionen bekannt geworden, dies bei einer Kapazität von insgesamt sechs Quarantänebetten im zentralen Krankenhaus der Hafenstadt Mytilini.
„Die größte Herausforderung ist es daher, möglichst jede Art von Kontakt zwischen Flüchtlingen einerseits und den Griechen beziehungsweise Leuten von außerhalb zu minimieren“, sagt Thomas von der Osten-Sacken gegenüber der woxx. Als Geschäftsführer des Verbands für Krisenhilfe und solidarische Entwicklungszusammenarbeit „Wadi e.V.“ unterstützt er die verschiedenen selbstorganisierten Gruppen bei ihren Kampagnen vor Ort. Gemeinsam habe man zu Beginn der Woche eine große Kampagne ins Leben gerufen, um den Flüchtlingen klarzumachen, „dass nun jeder Kontakt außerhalb des Lagers Risiken birgt“. Im Camp selbst werde ein Ausbruch nicht kontrollierbar sein, so Osten-Sacken: „Es gibt keinerlei Möglichkeiten der Quarantäne, die Leute sitzen dicht an dicht oder stehen in den Schlangen für die Essensausgabe.“
Um wenigstens minimale Vorkehrungen treffen zu können, hofft man auf kurzfristige Spenden: „Es geht darum, improvisierte Wasserstellen zum Händewaschen aufzubauen, eine Müllabfuhr zu organisieren und die Kommunikation im Camp zu verbessern“, so Osten-Sacken.
Eine komplette Evakuierung des Lagers wird unter den derzeitigen Umständen nicht mehr gefordert. Dafür sei es nun zu spät, so die genannten Flüchtlingsgruppen. Doch eine Evakuierung der vergleichsweise geringen Anzahl an Alten, Kranken und Kindern könne auch jetzt noch dazu beitragen, die Sterberate im Falle eines Infektionsausbruchs niedriger zu halten. „Wenn ihr etwas für uns tun wollt, evakuiert bitte zuallererst unsere Eltern und Großeltern“, appelliert Fareshte vom Moria Corona Awareness Team in einer Videobotschaft: „Denn für uns ist es unerträglich, unsere Lieben, unsere Eltern, hier und jetzt zu verlieren.“