Gemeinsame Agrarpolitik: Bullshit statt Wende

Die sinnlose Debatte über Veggieburger hat dazu geführt, dass die GAP-Reform beinahe unbeachtet gestimmt werden konnte. Jetzt wird mehr Bullshit produziert – und aufs Klima geschissen.

Foto: Pixabay/milesz

Viele hatten auf eine sogenannte Agrarwende in der EU gehofft: Weg von der industriellen Landwirtschaft, hin zu mehr bio, regional und im Einklang mit der Natur. Wer gehofft hatte, das Parlament würde über einen progressiven Entwurf abstimmen, mit dem der Landwirtschaft ermöglicht würde, die Artenvielfalt zu erhalten, statt sie zu zerstören, wurde bitter enttäuscht. Obwohl der Druck von Umwelt- und Klimaaktivist*innen in den Tagen vor der Abstimmung am letzten Freitag wuchs, war er nicht groß genug, um genügend Abgeordnete davon zu überzeugen, gegen den Vorschlag zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu stimmen. Die Idee, die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft bis 2027 um 30 Prozent zu senken, wurde abgeschmettert. Rund 9 Prozent der Emissionen in der EU stammen aus der Landwirtschaft, besonders Rinder rülpsen und furzen fleißig Methan, das weitaus klimaschädlicher als CO2 ist.

Die Uneinigkeit in der Regierungskoalition weckt wenig Hoffnung für die Umsetzung des Bio-Aktionsplans.

Die Debatte über die GAP wurde ohnehin durch eine absolut unsinnige Diskussion über die Bezeichnung von Veggieburgern überschattet. Das regt auf, sorgt für Klicks und Quoten bei Medien, sodass über die eigentliche GAP-Reform gar nicht mehr diskutiert wurde. Der Kreuzzug gegen pflanzliche Produkte ist aber nicht einmal komplett abgewürgt worden: Es soll künftig nicht einmal mehr erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass ein Produkt Käse oder Milch ersetzen kann. Das ist auch wirtschaftlich gesehen eine Fehleinschätzung.

In den letzten Jahren gab es einen regelrechten Boom um Hafermilch, veganen Käse und um Veggieburger und -würstchen sowieso. Gleichzeitig sind die Preise für Kuhmilch im Keller und Landwirte ringen um ihr Überleben. Warum werden keine Programme geschaffen, die es erlauben, Höfe umzustellen und Alternativen herzustellen, die das Klima weniger belasten? Stattdessen stimmte das Parlament für eine Reform, die von Naturschutzorganisationen als „Todesstoß für die Natur“ bezeichnet wurde und mit dem Green Deal sowie den Biodiversitäts- und „Farm to Fork“-Strategien nichts mehr zu tun hat.

Eine Kritik an der alten und neuen GAP ist die Flächenförderung, durch die vor allem große landwirtschaftliche Betriebe unterstützt werden. Damit wird die Entwicklung, dass viele kleinere Betriebe aufgeben müssen oder aufgekauft werden, noch weiter vorangetrieben. Die klassischen Familienbetriebe verschwinden und werden durch Großbetriebe ersetzt, was weder für die Umwelt noch für die Endverbraucher*innen einen Gewinn darstellt.

Das Abstimmungsverhalten der luxemburgischen Abgeordneten zeigt, dass die politischen Demarkationslinien in der Agrarpolitik quer durch die aktuelle Regierungskoalition laufen: Christophe Hansen und Isabel Wiseler-Lima aus der CSV sowie Charles Goerens und Monica Semedo von der DP haben für die Reform gestimmt, während Tilly Metz (déi gréng) und Marc Angel (LSAP) dagegen gestimmt haben. Eine Tatsache, die umso mehr überrascht, wenn man bedenkt, dass der sozialdemokratische Landwirtschaftsminister Romain Schneider sich zufrieden mit dem Ergebnis zeigte. Das weckt nicht unbedingt große Hoffnungen an die Umsetzung des Bio-Aktionsplans.

Beinahe 60 Milliarden Euro gibt die EU jedes Jahr für Subventionen im Rahmen der GAP aus. Eine solche gigantische Summe sollte angesichts der multiplen Krisen, die wir gerade durchleben, nicht einfach für ein „business as usual“ ausgegeben werden. Gerade die Massentierhaltung ist ein Brutkasten für zukünftige Pandemien und in vielen Fällen auch ein potenzieller Klimakiller. Wenn wir eine lebenswerte Zukunft wollen, müssen wir unser Wirtschafts- und Produktionssystem auf allen Ebenen ändern – gerade auch in der Landwirtschaft. Es gibt genügend Beispiele, wie dies im Einklang mit der Natur passieren kann.


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