Nato gegen Klima: Blind weiterkämpfen

Die Investitionen in militärische Ausrüstungen steigen, auch in Luxemburg. Nun haben drei Forschungsinstitute erstmals ausgerechnet, wie teuer die Nato-Investitionen das Klima zu stehen kommen.

Ob bei Explosionen, dem Fliegen eines Flugzeuges, aber auch bei Trainingseinsätzen, wie hier im Süden Spaniens, oder der Lieferung von Waren ‒ Armeen stoßen massiv Treibhausgase aus und gehören weltweit zu den größten Umweltverschmutzern. (Copyright: European Union, 2023.)

Für Nato-Mitgliedsstaaten gilt nicht, wie bei der Erderwärmung, die Zielmarke 1,5 sondern 2: Mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sollen die Mitglieder ab 2028 jährlich in Ausrüstung investieren. Die Zielmarke fördert ein weltweites Wettrüsten. Würden alle Nato-Mitglieder die willkürlich gesetzte Zwei-Prozent-Zielmarke erreichen, entspreche dies zusätzlichen Ausgaben von insgesamt 2,57 Billionen US Dollar. Dies geht aus einem neuen Bericht der Forschungsinstitute „Transnational Institute“ und „Stop Wagenhandel“, sowie der Kooperative „Tipping Point North South“ hervor.

Für die europäischen Nato-Mitglieder würde eine zusätzliche Billion Euro anfallen ‒ eine Ausgabe, die zufällig „dem noch zu finanzierenden Betrag von mindestens 1 Billion Euro entspricht, der für den Green Deal der EU benötigt wird“, heißt es im am 17. Oktober veröffentlichten Bericht. Steigen die Militärausgaben der Nato-Mitglieder, nimmt derweil auch ihr CO2-Fußabdruck zu. Umgerechnet würden die Investitionen 467 zusätzlichen Millionen Tonnen CO2 entsprechen, so der Bericht.

Allein dieses Jahr umfasse der Fußabdruck der Nato 205 Millionen Tonnen CO2. Eine Quantität, die wenige Umweltorganisationen auf dem Schirm haben. Dabei gehören Waffenunternehmen und Armeen zu den größten Umweltsündern der Welt. Laut Schätzungen einer Studie des Conflict and Environment Observatory stieß der Militärbereich 2019 weltweit mehr Treibhausgase aus als Russland, das auf dem 5. Platz der emissionsstärksten Länder landete. Genauere Zahlen zu den globalen Emissionen des Verteidigungssektors gibt es keine. Dies liegt daran, dass der Bereich weltweit von der obligatorischen Berichterstattung ausgenommen ist. Emissionsreduktionsziele muss er demnach auch nicht einhalten (woxx 1741).

Eine Ausgabe, die zufällig „dem noch zu finanzierenden Betrag von mindestens 1 Billion Euro entspricht, der für den Green Deal der EU benötigt wird“

Die steigenden Investitionen verschärfen eine Klimakrise, die zunehmende oft ressourcenbedingte Konflikte mit sich bringt. In Regionen, die durch die Klimakrise ohnehin schon größeren Risiken ausgesetzt sind, nehmen so auch die Forderungen nach militärischen Eingriffen zu. Nach Angaben des Berichts exportieren die Nato-Mitglieder Waffen in 39 der 40 Länder, die dem Klimawandel am meisten ausgesetzt sind.

Mit Krieg auf klimaverschärfte Konflikte zu antworten, sei jedoch eine „Leugnung des Klimawandels an sich“, zitiert der Bericht Nnimmo Bassey, Direktor der Health of Mother Earth Foundation. Denn bewaffnete Konflikte bringen wiederum steigende Emissionen und katastrophale Umweltschäden mit sich. In Afghanistan sind etwa Bewohner*innen ganzer Dörfer an der durch den Krieg verursachten Umweltverschmutzung erkrankt. Die Erhöhung der Militärausgaben, um eben jene Konflikte zu lösen, die teils auch durch den Klimawandel verschärft werden, bewirkt das Gegenteil als das Ende einer Krise.

Wenn die EU und Luxemburg es mit der Erreichung ihrer Klimaziele ernst meinen, ist die Erfassung und Reduzierung der militärischen Emissionen unumgänglich. Unter der in Luxemburg anstehenden liberal-konservativer Koalitionsregierung ist es allerdings eher unwahrscheinlich, dass das Verteidigungsministerium dem Weg zur freiwilligen Reduzierung der Emissionen, der unter Déi Gréng zaghaft eingeschlagen wurde, weiterhin folgt. Sowohl die DP als auch die CSV versprechen in ihren Wahlprogrammen bis 2028 „mindestens“ ein Prozent des BIP in die Armee zu investieren – was bis dahin immerhin fast einer Milliarde Euro entsprechen wird.

Solange nicht einmal Zahlen über das Ausmaß des militärischen CO2-Fußabdrucks vorliegen erlauben wir dem Verteidigungssektor, weiterhin verstärkt Emissionen zu produzieren ohne darüber Rechenschaft ablegen zu müssen. Wenn schon massiv in klimaschädliche Aktivitäten investiert wird, sollte die Öffentlichkeit wenigstens über ihre Folgen Bescheid wissen.


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