Klimapolitik: Nicht nachlassen

Luc Frieden will zumindest den Anschein erwecken, dass er die Klimakrise ernst nimmt. Es darf jedoch nicht bei Willensbekundungen bleiben.

Wenn Investitionen in Öl und Gas wertlos werden, weil sie in einer dekarbonisierten Welt niemand mehr braucht, spricht man von „Stranded Assets“. Der Luxemburger Finanzplatz muss aufpassen, nicht selbst zu einem hilflosen Wal am Stand zu werden. (Bild: Johannes Wierix)

In den letzten zehn Jahren hat sich in Luxemburg sicherlich einiges getan beim Klimaschutz: Pariser Abkommen, Ausbau erneuerbarer Energien, Start der Elektromobilität, halbwegs ehrgeizige Reduktionsziele, Klimabiergerrot – und in den letzten beiden Jahren sogar tatsächlich ein Absenken der Emissionen. Ob die nicht eher der Pandemie und der nachfolgenden Energiekrise geschuldet sind, wird sich in den nächsten Jahren zeigen, aber: Ein Anfang ist gemacht. Nur genügt es nicht, sich auf die Schultern zu klopfen oder gar zu denken, das reiche für die nächsten Jahre.

Die CSV hat in ihren Wahlwerbespots vor allem den Ausbau erneuerbarer Energien als klimapolitische Maßnahme vorangestellt. Das ist ein wichtiger Schritt – auch für eine höhere Energieautarkie Luxemburgs – jedoch nur einer von vielen. In seinem neusten jährlichen Bericht hob das Observatoire de la politique climatique (OPC, siehe S. 8) hervor, dass das Land Gefahr läuft, seine Klimaziele für 2030 und 2050 nicht zu erreichen, wenn nicht „transformative Klimamaßnahmen“ ergriffen werden.

Das OPC geht in seinem Bericht sehr intensiv auf den Luxemburger Finanzplatz ein. Trotz vieler guter Absichten sei sehr wenig Konkretes passiert und die Regierung sei bisher nicht konsequent genug gegen Greenwashing vorgegangen. Außerdem besteht die Gefahr sogenannter „Stranded Assets“ – Investitionen in fossile Energien, die wertlos werden. Wer sich an die Aussagen von CSV und DP im Wahlkampf erinnert, stellt schnell fest, dass hier vermutlich nicht die nötige Transformation eingeleitet werden wird. Immerhin gilt bei beiden Parteien das Motto „Das Kapital ist ein scheues Reh“; die Angst, dass Luxemburg durch stärkere Regulierung an Attraktivität verlieren wird, ist größer als die Angst vor den Auswirkungen der Klimakrise.

Wenn in zehn Jahren aus den scheuen Rehen gestrandete Wale geworden sind, nützt die vermeintliche Attraktivität von heute nichts mehr.

Doch die Klimaveränderungen bringen nicht nur Stürme, Dürren, Überschwemmungen und Tornados nach Luxemburg, sie gefährden auch die Wirtschaft. Wenn in zehn Jahren aus den scheuen Rehen gestrandete Wale geworden sind, nützt die vermeintliche Attraktivität von heute nichts mehr. Die künftigen Koalitionär*innen müssen genau erklären, wie sie den Finanzplatz klimafit machen. Dazu genügt es nicht, sich auf europäische Vorgaben wie die Taxonomie zu berufen – es braucht eine kohärente und klare Strategie mit strengen Richtlinien, die jedes Greenwashing verhindern. Ansonsten läuft Luxemburg, das so sehr von seiner Finanzindustrie abhängig ist, Gefahr, selbst zu stranden.

Das Schlimmste, was DP und CSV jetzt tun könnten, wäre die Wahlergebnisse so zu deuten, dass Klimaschutz nicht mehr wichtig wäre. Der Physik der Erdatmosphäre sind Wahlergebnisse in Luxemburg egal, die Klimakrise wird ungebremst weitergehen, wenn wir nichts dagegen tun. Dazu sind gewaltige staatliche Anstrengungen vonnöten. Das gegeneinander Ausspielen von Klimaschutz und Wirtschaft, das im Wahlkampf offenbar gezogen hat, führt nur dazu, dass man sich selbst belügt. Je länger wir mit dringend notwendigen Schritten warten, umso teurer werden sie in der Zukunft werden – und umso höhere Kosten für die Anpassung werden hinzukommen. Bedenkt man, wie unzureichend und knapp die Kapitel über Klimaschutz in den beiden Wahlprogrammen waren, ist nicht davon auszugehen, dass CSV und DP dies in ihre Überlegungen einbeziehen. Die Zivilgesellschaft, aber auch die Medien müssen die künftige Regierung daher stets kritisch hinterfragen, wenn sie von einem vorgeblich grünen Finanzplatz spricht. Ist der nämlich nur grüngewaschen, droht in wenigen Jahren eine böse Überraschung.


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