Am Montag findet mit Beteiligung der woxx ein Public Forum zur Freiheit der Medien in Luxemburg statt.
Journalist*innen verfügen über verbriefte Rechte, um die sie vielfach beneidet werden. Weniger bekannt sind allerdings die Pflichten, die mit der Ausübung der Tätigkeit verbunden sind. Dabei geht es weniger um die Darstellung der alleinigen Wahrheit – die haben auch Journalist*innen nicht gepachtet – als um eine Sorgfaltspflicht bei der Beschaffung, Bewertung und schließlich der Nutzung spezifischer Informationen. Wobei die Entscheidung, auf die Veröffentlichung bestimmter Informationen oder gar einer ganzen Story zu verzichten, oft fast noch schwerer fällt. Viel einfacher wäre es, alles bei den Leser*innen abzuladen, was einem zu Augen oder Ohren gekommen ist.
Ein Beispiel der letzten Tage ist der von einem prominenten Politiker gewählte Freitod. Solange sich der Betroffene, nach einem Suizidversuch noch zwischen Leben und Tod schwebend, auf der Intensivstation befand, wurden die konkreten Umstände von der hiesigen Presse verschwiegen, sogar noch eine Zeit lang über die Mitteilung seines Ablebens hinaus. Ist der Freitod eines ranghohen Politikers, insbesondere sofern er auf private Ursachen zurückzuführen ist, tatsächlich von öffentlichem Interesse?
Wer wird der oder die Erste sein, solche Details einem breiteren Publikum zuzuführen? Um sich dann eventuell dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, pietätlos zu sein und in der Hoffnung, einen Scoop zu landen, die Zurückhaltung der Kolleg*innen der anderen Medien verraten zu haben? Solche Informationen werden früher oder später, und sei es auch nur in einem landbekannten Skandalblatt, auftauchen, womit die von allen geübte Zurückhaltung vergeblich gewesen sein wird. Dennoch bleibt es den Einzelnen respektive den jeweiligen Redaktionen überlassen, ob und wann sie eine solche Information preisgeben wollen.
Dies mag ein extremes Beispiel sein für einen doch nicht allzu seltenen Konflikt: Zeitungen wollen gelesen (und wenn möglich auch gekauft werden). Zurückhaltung werden dabei nicht honoriert. Bleibt die Flucht nach vorn: Wenn schon berichten, dann möglichst komplett und unter Rückgriff auf sämtliche Quellen, die zu verschiedenen Perspektiven auf eine Geschichte beitragen können.
Doch auch hier setzt der Alltag vielfach Grenzen. Kontaktierte Personen rufen nicht zurück oder verweigern die Auskunft, es bedürfte noch des letzten kleinen Mosaiksteins, um sich einer Sache wirklich sicher zu sein, oder es fehlt schlichtweg die Zeit in einem ohnehin stressigen Beruf, um der viel beschworenen Sorgfaltspflicht auch tatsächlich, so ausführlich wie im Lehrbuch beschrieben, nachzukommen.
Ein ganzer Stand, dem eine verfassungsrechtlich unentbehrliche Rolle zukommen soll, gerät ins Stolpern.
Es gibt den Redaktionsschluss und das Wissen darum, dass Kolleg*innen anderer Medien an der gleichen Story dran sind, Leser*innen, die sich von ihrem Blatt als erstes informiert sehen wollen … und eine materielle Realität in den Redaktionen, die die Ansprüche an das, was eine freie Presse sein soll, oft unerreichbar erscheinen lassen.
All dies in Zeiten, wo zusätzlich die Geschäftsmodelle der klassischen Medien zusammenbrechen und die der neuen sich, bis auf wenige Ausnahmen, von Beginn an äußerst prekär gestalten. So gerät ein ganzer Stand, dem auch noch eine verfassungsrechtlich unentbehrliche Rolle zukommen soll, ins Stolpern.
Es geht schlichtweg um die Frage, wie die Medienfreiheit im Allgemeinen, aber auch im spezifischen Luxemburger Umfeld aufrechterhalten werden kann. Dazu gehören auch Fragen der redaktionellen Unabhängigkeit hinsichtlich der Entscheidungsstrukturen der sich verändernden oder neu dazu stoßenden Medien. Neue Einblicke dazu dürfte das erwähnte Public Forum bieten, das am kommenden Montag ab 19 Uhr in den Bonneweger Rotunden stattfinden wird.