Ministerinnenwechsel: Es gibt keine Wunder

„Déi Gréng“ setzen auf Kompetenz statt Parteizugehörigkeit und wollen am Ende beides für sich beanspruchen.

GilPe CC BY-SA 4.0

Die Wege, um in der Luxemburger Politik in Amt und Würden zu gelangen, sind vielfältig. Manche verbringen gut und gerne ein Vierteljahrhundert in der Chamber, um endlich beweisen zu können, dass das, was sie aus der Opposition heraus postuliert haben, sich so zumindest auch teilweise in der realen Politik umsetzen lässt.

Andere ereilt irgendwann ein Telefonanruf, ob sie denn nicht Lust auf ein Minister*innenamt hätten, und sind dabei nicht einmal im Besitz einer Parteikarte.

Kompetenz und Stallgeruch – bei manchen Kandidat*innen für ein Minister*innenamt ist beides gegeben, aber bei Weitem nicht immer. Nach den Wahlen, insbesondere wenn ein größerer politischer Wechsel ansteht, führt die parteiinterne Hackordnung oft dazu, dass politische Ämter nicht unbedingt nach Fachkenntnis verteilt werden. Allein der geografische Proporz, hervorgerufen durch die doch sehr künstliche Aufteilung des Landes in vier Wahlbezirke, beschleunigt manch ministeriale Karriere und wirkt sich bei anderen als Sperre aus. Doch auch beim Austausch einzelner Minister*innen, mitten in einer Legislaturperiode, unterliegt die Posten-Arithmetik manch (ungeschriebenen) Gesetzen.

Die aktuelle rot-blau-grüne Koalition weist eine hohe Anzahl an Minister*innenwechseln auf – manche gewollt und vorangekündigt, andere unfreiwillig oder doch zumindest unerwartet. Gerade in der Schlussphase einer Legislaturperiode bedürfen Rücktritte durchdachter Lösungen, tragen sie doch kurzfristig zur politischen Zukunft der einzelnen Parteien bei.

Nachdem Carole Dieschbourg sich entschieden hat, ihren Posten als Umweltministerin aufzugeben, um das Amt nicht länger unter den laufenden Untersuchungen in Sachen „Gaardenhäischen“ erlahmen zu lassen, gehen die Grünen – wie einige Monate zuvor bereits die DP – den Weg einer „Kompetenz“-Kandidatur.

Foto: Déi Gréng

Sie fühle sich geehrt und sei von der scheidenden Ministerin selber darauf angesprochen worden, meinte die vom grünen Parteiexekutivrat für das Umweltministerium vorgesehene Joëlle Welfring.

Mit der Nominierung der langjährigen (beigeordneten) Chefin der Umweltverwaltung scheinen die Grünen so zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Sie kennt Haus und Leute und auch die nicht immer einfach nachvollziehbaren Prozeduren, die ein Minister*innenamt beenden können, wenn ihnen nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Der Neutralitätsbonus wird rasch verfallen.

Als (politische) Quereinsteigerin erlaubt sie einen Ämtertausch auch ohne umständliches Stühlerücken bis in die hintersten Reihen, bei dem es neben einigen Glücklichen auch immer wieder Enttäuschte gibt, für die der erhoffte politische Karrieresprung einmal mehr ausgeblieben ist.

Am meisten aber dürfte der Wunsch nach einer politischen „Reinigung“ nach den erhobenen, aber nicht bewiesenen Vorwürfen der politischen Vetternwirtschaft im Umweltressort bei der Nominierung Pate gestanden haben: Bei einer parteilosen, hohen Funktionärin besteht kaum Verdacht auf Parteigekungel. Zwar mokiert sich die Opposition ob der scheinbar dünnen Personaldecke der Grünen. Doch dürfte es gerade für das grüne Kernministerium genügend kompetente Kandidat*innen gegeben haben – was die Lösung der Aufgabe allerdings auch nicht einfacher gemacht haben dürfte.

Was allerdings zu denken gibt: Genau wie bei der Finanzministerin Yuriko Backes (DP) geht die Übernahme des Amtes mit dem „encartage“ der Kandidatin in die jeweilige Partei einher. Und der Ankündigung, bei den anstehenden Wahlen auch mit antreten zu wollen.

Die Öffentlichkeit wird sehr schnell den überparteilichen Ursprung der so Nominierten vergessen. Der Neutralitätsbonus wird rasch verfallen und der Verdacht, doch im Sinne der dann eigenen Partei zu handeln, bei nächster Gelegenheit erhoben werden. Dann wird sich aber erst erweisen, ob sich die Kompetenz-Kandidatur für die Niederungen des parteipolitischen Schlagabtauschs – leider nicht immer oberhalb der Gürtellinie – als die richtige erweist. Kandidat*innen mit Stallgeruch haben solche Schlammschlachten in der Regel bereits durchlebt.


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