Statt sich über die Ansiedlung der Steinwollefabrik in Frankreich zu ärgern, sollten Politik und Patronat endlich mit der Diskussion über die nachhaltige Ausrichtung der Wirtschaftspolitik beginnen, findet der Mouvement.
Als vor kurzem bekannt wurde, dass die Steinwollefabrik der Firma Knauf nicht nach Luxemburg kommt, sondern nach Frankreich, haben wohl mancherorts die Sektkorken geknallt. Zwar nicht bei Étienne Schneider, der seinen Ärger per Tweet öffentlich machte (woxx-Edito: „Laine vilaine“). Dafür haben sich aber Déi Gréng und der Mouvement écologique gefreut. Die Umwelt-NGO hat in einer Stellungnahme erklärt, warum sie Knauf kritisch gegenübersteht und dass die Diskussion über die wirtschaftliche Entwicklung immer noch aussteht.
Begriffe wie „Rifkin-konform“ oder „grünes Wachstum“ würden als Konsens dargestellt, bemängelt der Mouvement. Doch es zeige sich, „dass derartige pauschale Aussagen zwar als Orientierungspunkte dienen können, jedoch alleine nicht zielführend sind und eigentlich sogar grundsätzliche Dissense in der Ausrichtung der Wirtschaftspolitik vertuschen“. Luxemburg müsse in einer öffentlichen Diskussion zu einer „nachhaltigen wirtschaftspolitischen Strategie“ finden, statt Grabenkämpfe zu führen. „Es würde der Politik, aber auch anderen gesellschaftlichen Akteuren, wie gewerkschaftlichen und Patronatskreisen, gut zu Gesicht stehen, eine derartige ehrliche Debatte nunmehr in aller Tiefe zu führen“, mahnt die NGO.
Knauf und das grüne Wachstum
Wer Rifkin-konformes oder grünes Wachstum befürwortet, sollte eigentlich der Ansiedlung der Fabrik kritisch gegenüberstehen, so der Mouvement. Doch leider seien die Reaktionen – gemeint sind die aus wirtschaftsfreundlichen Kreisen – nicht sehr nuanciert gewesen: Luxemburg verliere Steuergelder und Arbeitsplätze und trage einen Imageschaden davon. Die NGO distanziert sich von diesen Klagen: „Nicht das Dossier Knauf ist das Problem, das zu Imageschäden führt, sondern die fehlende wirtschaftspolitische Strategie Luxemburgs (…).“
Auf die problematischen Aspekte der Herstellung der Steinwolle geht der Mouvement im Detail ein und stuft den Dämmstoff als „kaum zukunftsträchtig“ ein. Was die Umweltbelastungen angeht, greift er die von den Gemeinden Suessem und Differdingen angeführten Argumente auf. Und zeigt Verständnis, dass man in einer bereits stark belasteten Region jede zusätzliche Umweltverschmutzung, wie durch die bei der Steinwolleproduktion emittierten Stickoxide, vermeiden wolle.
Stickoxide und Steuern nach Lothringen!
Was die Großregion angeht, so kann die NGO den „verlorenen“ Arbeitsplätzen und Steuergeldern auch etwas Gutes abgewinnen: Die Fabrik liege jetzt „in direkter Nähe zu den wohl doch vor allem in Frage kommenden potentiellen ArbeitnehmerInnen (Stichwörter: kürzere Wege für die Arbeitnehmer, weniger Staus)“. Und statt immer mehr abzuschöpfen, sei es gerechter, wenn „eine gewisse Verteilung von materiellem Reichtum innerhalb der Großregion“ stattfinde.
Last but not least widmet der Mouvement dem von Schneider ins Spiel gebrachte Präzedenzfall der Ansiedlung von Ikea in Belgien statt in Luxemburg eine Fußnote (siehe auch woxx Nr. 811: „Un élan malvenu“). Das Möbelhaus habe sich nicht aufgrund der Kritik des Mouvement für Sterpenich entschieden, sondern wegen der 2005 noch geltenden Begrenzung der zulässigen Fläche für große Verkaufszentren.