Bereits vor der Chamber-Debatte über den A330 MRTT hatten sowohl Déi Lénk als auch die Friddensplattform ihre Kritik per Kommuniqué geäußert.
„Der Aufrüstungswahnsinn der Regierung muss gestoppt werden“, überschreibt die sich „für eine radikale Entmilitarisierung“ einsetzende linke Partei ihre Stellungnahme zum Tank- und Transportflugzeug A330 MRTT. Dabei geht es ihr in erster Linie um die hohen Kosten des Projekts – fast 600 Millionen Euro: „Eine solche Investition ist umso unverantwortlicher, da das Land gerade eine zweite Welle der Covid-19-Pandemie durchläuft.“
Zum Vergleich führen Déi Lénk das Covid-Konjunkturpaket an, das gerade mal 700 Millionen umfasst. Die Gegenüberstellung an sich ergibt Sinn, allerdings ist anzumerken, dass die Kosten für den A330 MRTT sich über 30 Jahre verteilen. Das Geld fürs Konjunkturpaket dagegen wird kurzfristig ausgegeben, und es folgen möglicherweise noch weitere Pakete ähnlicher Größe.
Kein Geld für Krieg!
Déi Lénk würden es jedenfalls vorziehen, die 600 Millionen woanders zu investieren: „im Gesundheitssystem, in einer Umweltpolitik, die diesen Namen verdient, in einem hochwertigen öffentlichen Dienst, in der Mobilitätspolitik …“ Darüber hinaus verweisen sie auf die offensive Funktion des so finanzierten A330 MRTT: „Es wird verwendet, um Kampfflugzeuge mit Treibstoff für den Einsatz außerhalb der europäischen Grenzen zu versorgen.“ (siehe: „Was ist ein A330 MRTT?“)
Diese Verwendung des Flugzeugs steht im Mittelpunkt des Kommuniqués der Friddens- a Solidaritéitsplattform Lëtzebuerg (FSPL). Es sei schon fast zynisch, so die pazifistische NGO, das Tankflugzeug „nun auch als Transportflugzeug für humanitäre Zwecke (…) verkaufen zu wollen“. Die FSPL findet die Vorstellung verstörend, dass „man zuerst die Düsenbomber mit dem Tankflugzeug bei einem militärischen Einsatz versorgt und dann mit denselben Tankflugzeugen den Abtransport verletzter Personen aus den bombardierten unsicheren Gebieten in eine qualifizierte medizinische Versorgung organisiert“.
Ein Tanker für Libyen?
Im Kommuniqué wird das Interesse der europäischen Länder an einer Flotte von A330 MRTT in Zusammenhang mit der französisch-britischen Intervention in Libyen 2011 gesetzt: „Erstaunt stellten die Militär-Strategen in Brüssel bei der NATO fest, dass für solche militärische Operationen ihnen eigentlich das nötige Equipment, hauptsächlich Tankflugzeuge, fehlte. Die USA mussten einspringen, um die Militärfantasien Frankreichs und Großbritanniens zu unterstützen.“ Der Pool von A330 MRTT, an dem sich Luxemburg beteiligt, dient dazu, „sich nun für zukünftige Einsätze dieses notwendige Equipment zuzulegen“.
Es sei angemerkt, dass Frankreich und Großbritannien sich inzwischen ihre eigene Lufttankerflotte zugelegt haben, um auf niemanden mehr angewiesen zu sein. Was die FSPL sagen will: Der von sechs anderen EU-Ländern gemeinsam verwaltete Pool von A330 MRTT soll die Dinge vereinfachen, wenn europäische Länder meinen, im Alleingang irgendwo intervenieren zu müssen. Dass die Flugzeuge formal im Besitz der Nato – eines Verteidigungsbündnisses – sind, erinnert an die Schwierigkeiten, sich über die Funktion des Bündnisses und die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern und den USA zu einigen (siehe: „EU: Autonom gegen die Türkei?“).
Die FSPL lehnt jedenfalls die Interventionspolitik von Nato und EU ab: „Sicherheit und Frieden gibt es nie durch sinnloses militärisches Eingreifen (…) nie durch massive Ausgaben im Rüstungssektor.“ Stattdessen solle man die zivile Konfliktbewältigung fördern und Strukturen für humanitäre Hilfe schaffen (zu diesem Thema siehe auch: „Armée et coopération au développement“). „Investieren wir in die Stärkung der Vereinten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Investieren wir in den Frieden“, schließt das Kommuniqué ab.
Interventionen sind nicht defensiv
Was die Friddensplattform nicht ausformuliert, und was dazu führt, dass in der Diskussion über Rüstungsausgaben oft aneinander vorbeigeredet wird: Der Begriff Verteidigung wird sowohl für defensiv wie für offensiv ausgerichtete militärische Fähigkeiten verwendet. In den vergangenen 30 Jahren hat es zahlreiche nationale und multinationale Militärinterventionen gegeben, mit einer Mischung von humanitären und machtpolitischen Zielsetzungen.
Um dieser gefährlichen Rückkehr zur Kanonenbootpolitik des 19. Jahrhunderts entgegenzuwirken, sollte man die Bewältigung internationaler Krisen wieder Organisationen wie der UNO und der OSZE überlassen. Dafür werden militärische Mittel der Mitgliedstaaten, von Blauhelmen bis zu einem multinationalen Tanker-Pool, benötigt (siehe Teil 3: „Mit dem Scheckheft für die Werte“).
Eine andere Sache ist, die EU gegen direkte Bedrohungen, wie die vermeintliche oder reale „Gefahr aus dem Osten“ zu verteidigen, möglicherweise in der alten Form eines transatlantischen Bündnisses. Dies verlangt gänzlich andere militärische Strukturen (und keine Tankflugzeuge). Beide Funktionen zu trennen, würde die Diskussion über europäische Sicherheitspolitik auf eine neue Basis stellen.
Link: der A330 MRTT in der woxx.