MRTT was? (3) Mit dem Scheckheft für die Werte

Die kontroverse Debatte über ein zusätzliches Militärflugzeug hat nichts am Abstimmungsergebnis geändert. Teil 3 unserer Serie bewertet das Für und Wider.

MInister-Traum oder Albtraum … Wozu wird der A330 MRTT in den kommenden 25 Jahren benutzt?
(Wikimedia; Ashley Keates, RAF; OGL-v1.0)

Ist die Erhöhung der Beteiligung Luxemburg am A330-MRTT-Pool ein Win-win-Geschäft, wie Stéphanie Empain (Déi Gréng) der Chamber versicherte? Auf den ersten Blick kann man der Berichterstatterin des am 23. Juli angenommenen Projekts zustimmen. Wenn man ihre Ansicht teilt, Luxemburg benötige einen höheren Militäretat, weil wir „Schlusslicht innerhalb der Nato“ sind, dann müssen die gewünschten Summen ja irgendwie ausgegeben werden. Ein Teil vom „Win“ besteht darin, dass die Ausgabe hoch genug ist, um das 2023er-Ziel eines Militärbudgets von 0,72 Prozent des BIP anpeilen zu können (siehe: „Le satellite sur la sellette“).

Empain erläuterte, dass bei der beabsichtigten Beteiligung am Pool in Höhe von 598,4 Millionen Euro Luxemburg normalerweise auch 45 Personen für den Betrieb der Flugzeuge beisteuern müsste. Doch Großherzogtum hat nicht einmal die acht Personen, die es aufgrund der ursprünglichen Beteiligung von 172 Millionen hätte aufbringen sollen. Weil Luxemburg nun geklotzt hat, konnte es einen Deal aushandeln: Man überlässt ein Drittel unserer 1.200 Flugstunden den Partnerländer, die sich dafür um die Besatzungen kümmern. So ist man das leidige Personalproblem los.

Sahel mit Werten bombardieren?

Doch wozu soll dieses Flugzeug benutzt werden? „Um rund um den Globus Kinder zu retten“, ironisierte Marc Baum (Déi Lénk) während der Debatte (siehe Teil 1). In der Tat handelt es sich in erster Linie um ein Tankflugzeug, das durch Luftbetankung die Reichweite von Kampfflugzeugen erhöhen soll. Die Behauptung von Armeeminister François Bausch, dies sei „kein offensives Kriegsmaterial“, ist nur schwer nachzuvollziehen. In welchem Maße sich das Flugzeug als ziviler Lufttransporter einsetzen lässt und wie sinnvoll das ist, ist eine andere Frage (siehe: „Was ist ein A330 MRTT?“).

Bausch führte als mögliches Einsatzgebiet des Flugzeugs die Sahel-Zone an. Die dortigen Operationen fänden zwar im Ausland statt, hätten aber keinen offensiven Charakter. Sie dienten der Stabilisierung der Region, was auch in unserem Interesse liege. Man müsse sich die Mittel geben, um Werte wie Demokratie und Rechtsstaat zu verteidigen. Baum dagegen interpretierte die Anschaffung des Flugzeugs als EU-Aufrüstung, weil diese „wie die USA versucht, in anderen Kontinenten Wirtschaftsinteressen durchzusetzen“.

Die orthodoxe marxistische Lesart von Déi Lénk, politische Entscheidungen generell auf wirtschaftliche Interessen zurückzuführen, ist wohl zu eindimensional. Bauschs Argument der Werteverteidigung überzeugt da schon eher – allerdings nur, wenn man der Nato oder der EU eine Rolle als Weltpolizei zuerkennt, obwohl sie geostrategische Interessenvereinigungen sind. Bausch, der keine Zweifel daran zu haben scheint, wer die Guten und wer die Bösen sind, ist wohl überzeugt, dass die „humanitären“ Interventionen, ob in Afghanistan, Libyen oder Mali, zielführend sind. Dabei ist mittlerweile doch klar zu erkennen, dass die Probleme in diesen Ländern durch den Einsatz militärischer Mittel verschlimmert statt gelöst werden.

Ablasshandel mit der Nato

Anders als die Kritik am A330 MRTT es darstellt, geht es für das Großherzogtum in erster Linie um sein Image innerhalb der Nato. Das erklärt auch, warum die CSV mit der Regierung abgestimmt hat und es bei der Anschaffung des Satelliten wieder tun wird. Gewiss, Bausch distanziert sich vom 2-Prozent-Ziel der Nato, sein Ziel fürs Militärbudget liegt bei „nur“ 0,72 Prozent des BIP (für Details siehe „Armée et coopération au développement“) . Er versichert auch: „Wir machen keine krampfhaften Anstrengungen, um irgendein Ausgabenniveau zu erreichen.“ Doch wie soll man die von ihm eingebrachten Gesetzesprojekte bezeichnen, – ein Satellit und ein Flugzeug, deren beider Betrieb externalisiert werden muss – wenn nicht als „krampfhafte Anstrengungen“?

Anders ausgedrückt: Luxemburg ist dabei, sich von dem freizukaufen, was in Sonntagsreden „Pflichten als Mitglied der westlichen Wertegemeinschaft“ genannt wird. Man mag von der Politik von Armeeminister Charles Goerens in den 2000ern halten was man will, er hatte jedenfalls versucht, diesen „Pflichten“ mittels Auslandseinsätzen und einer Spezialisierung des Militärs nachzukommen. Das scheint nun vorbei zu sein – die Werte werden wieder mit dem Scheckheft verteidigt.

Link: der A330 MRTT in der woxx.

 


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