Piratepartei: Neu, digital und nostalgisch

Die Piratepartei gehört zu den Gewinner*innen der Kommunalwahlen. Dennoch hat sie nicht alle gesetzten Ziele erreicht. Grund ist womöglich ein zu harter Wahlkampf.

Marc Goergen ist zufrieden mit seinem Wahlergebnis in Petingen. (Foto: public domain)

Ihr angestrebtes Ziel hat sie nicht erreicht: Eigentlich wollte die Piratepartei in allen 13 Proporzgemeinden, in denen sie angetreten ist, mindestens ein Mandat erlangen. In Grevenmacher, Betzdorf und Kehlen ist ihnen das nicht gelungen. In Petingen hat die Sektion rund um den Süd-Abgeordneten Marc Goergen ihre Sitze verdoppelt: von zwei auf vier. Den Wunsch, sie zur zweitstärksten Partei nach der CSV zu machen, erfüllten die Wähler*innen den Petinger Pirat*innen jedoch nicht.

In allen anderen Gemeinden reichte es lediglich für einen Sitz. In Remich kam die Partei mit ihrem eher umstrittenen Kandidaten Daniel Frères mit einem Ergebnis von 14,7 Prozent jedoch recht nahe an einen zweiten Sitz. Den Spezifika der Luxemburger Wahlarithmetik ist es auch zu verdanken, dass mit Pascal Clement erstmals ein Mitglied der Piratepartei in den Gemeinderat der Hauptstadt einzieht.

Woher kommen die Erfolge? Die Weisheit, dass bei Kommunalwahlen vor allem bekannte „Köpfe“ gewählt werden, stellt die Piratepartei in den meisten Fällen sehr deutlich in Frage, denn in vielen Gemeinden ist sie zum ersten Mal angetreten, bis auf Marc 
Goergen in Petingen und Starsky Flor in Useldingen sind auch kaum Personen zur Wahl angetreten, die viel mediale Präsenz hatten.

Hohe Investitionen für vier Sitze

In Petingen hat die Piratepartei auf jeden Fall viel Geld in den Wahlkampf investiert. Neben einem „Bürgerbüro“ verteilte die Partei im Februar und im Juni eine Zeitung namens „De Buet“. Inhalt sind einige plakative Wahlforderungen wie kostenlose Parkplätze und niedrige Betriebssteuern, daneben viele Fotos und Slogans. Das Layout wirkt eher unprofessionell. Vermutlich kein Zufall, der Slogan „Walkampagne 2023: selwer gemaach! Éierlech an ongefiltert: eis Meenung“ ist Programm. Obwohl die Partei sich modern und „digital“ gibt, wird in der Bildsprache oft an eine merkwürdige Nostalgie appelliert. So wurde ein Foto eines Dorfladens aus den 1950er-Jahren als Symbolbild für die Forderung nach einem lokalen Laden verwendet. Widersprüche hält die Partei einfach aus: Für die Pirat*innen ist es kein Problem, gleichzeitig für „Mehr Grün, weniger Beton“ und für billigere Wohnungen zu plädieren. Oder etwa für kostenloses Parken und Klimaneutralität. Die Wahlwerbung, die in den verschiedenen Gemeinden verwendet wurde, ähnelt sich dabei oft, mit kleinen Anpassungen an die lokalen Gegebenheiten.

In Interviews nach der Wahl betonte Marc Goergen immer wieder, seine Partei habe wohl das getan, was „dem Wähler gefällt“. Von der woxx gefragt, was das genau sei, antwortete der Abgeordnete „Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich die großen Parteien nicht fürchte und im Gemeinderat das sage, was ich denke.“ Er habe all seine Sitzungsgelder an die lokale Parteikasse abgegeben, daher sei das Budget groß gewesen. Wie hoch die Wahlkampfausgaben waren, verrät der Abgeordnete nicht. Die Transparenzdaten von Meta, dem Mutterkonzern von Facebook und Instagram, verrät: Für Werbung in den sozialen Netzwerken hat die Petinger Lokalsektion der Piratepartei seit Mitte März 2023 insgesamt 3.270 Euro ausgegeben. Im Vergleich dazu haben die Petinger Sektionen von Déi Gréng und Déi Lénk 320 beziehungsweise 2 Euro ausgegeben.

Goergen findet, die hohen Ausgaben haben sich bezahlt gemacht: „Vier Sitze, 18 Prozent, ich glaube die Frage erübrigt sich. Was für eine kleine Partei hat denn sonst so ein Resultat?“, so der Piratepartei-Abgeordnete gegenüber der woxx. Die Investition hat sich jedoch nicht ganz bezahlt gemacht: Trotz der starken Zugewinne will in Petingen keine andere Partei eine Koalition mit der Piratepartei eingehen. Diese Ablehnung scheint sich vor allem auf den Stil der Oppositionsarbeit und des Wahlkampfs zu beziehen. Doch nicht alle Gewählten der Piratepartei teilen Goergens trauriges Los. In Colmar-Berg wird die Partei mit Mandy Arendt ihre erste Bürgermeisterin stellen können. Arendt war schon 2017 in den Gemeinderat der Majorzgemeinde gewählt worden. Am Sonntag lag sie mit 463 Stimmen hinter dem Neueinsteiger Patrick Berens (487 Stimmen) auf dem zweiten Platz. Eine – eher nicht mit den Prinzipien der Piratepartei übereinstimmende – intransparente Absprache vor „offiziellen“ Sondierungsgesprächen sicherte Arendt den Posten der Bürgermeisterin.


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