Dem Politthriller „The Realm“ gelingt das scheinbar Unmögliche: Das Publikum mit einem zutiefst unmoralischen und unnahbaren Protagonisten mitfühlen zu lassen.
Rodrigo Sorogoyen scheint ganz genau zu wissen, wie viel er seinem Publikum zutrauen kann. Schnelle, dialoglastige Sequenzen stehen in „The Realm“ im perfekten Gleichgewicht zu langsameren, handlungsfokussierteren Szenen. Die Informationen, die man braucht, um die Geschehnisse nachvollziehen zu können, sind über den ganzen Film verteilt, was einerseits bedeutet, dass das Publikum nicht gleich zu Beginn des Films überfrachtet wird, andererseits aber auch, dass es geduldig sein muss.
Der Film erzählt die Geschichte des fiktionalen Politikers Manuel Lopez-Vidal (Antonio de la Torre). Nachdem eine auf Korruption hindeutende Tonaufnahme an die Öffentlichkeit geraten ist, steht seine Partei unter starkem Beschuss. Ihm wird nahegelegt, die Schuld auf sich zu nehmen und zurückzutreten. Wohlwissend, dass Korruption ein integraler Bestandteil seiner Partei ist, liegt Lopez-Vidal jedoch nichts ferner als das. Und so setzt er alles dran, seine Parteikolleg*innen mit sich zu Fall zu bringen.
„The Realm“ ist eine Momentaufnahme im Leben eines Politikers, die Geschehnisse spielen sich so ab, wie er sie erlebt. Auf künstliche Expositionsdialoge und erklärende Voice-over wartet man vergebens. Es ist dem Publikum überlassen, sich bei den zahlreichen Gesichtern, Namen, Orten und gegenseitigen Schuldzuweisungen zurecht zu finden. Überfordert wird man trotz des hohen Anspruchs nicht. „The Realm“ ist fesselndes Kino auf schauspielerisch wie filmtechnisch äußerst hohem Niveau. Mittels Schnitt, Ton und Mise-en-scène versetzt uns Sorogoyen unmittelbar in die Gefühlswelt des Protagonisten, der keine Mittel scheut, um an die ihm nötigen Beweise zu gelangen. Was als Politthriller beginnt, entwickelt sich nach und nach zu einem Actionfilm mit immer absurder und ausweglos erscheinenden Handlungssträngen.
Der Film präsentiert eine äußerst pessimistische Sicht, in der zurückgetretenen Politiker*innen nur die Spitze des Eisbergs in einem durch und durch korrupten Umfeld sind. Ebenso wie am Politikbetrieb übt der Film auch Kritik an einer Gesellschaft, in welcher die meisten schweigend mitmachen, solange sie vom System profitieren.
Der Film läuft während des Luxembourg City Film Festivals am 09. März in der Cinémathèque (14:30 Uhr) und am 13. März im Ciné Utopia (18:30 Uhr) in der spanischen Originalversion mit englischen Untertiteln.
Der Film läuft im Cine Utopia. Die Uhrzeiten finden Sie hier.
Bewertung der woxx: XXX