Being Black in the EU: Rassismus in Luxemburg

Die zweite Studie „Being Black in the EU“ offenbart: In Luxemburg grassiert der Rassismus und es mangelt an kompetenten öffentlichen Anlaufstellen.

Die luxemburgische Politik hat es in den letzten sieben Jahren versäumt, konkret gegen Rassismus vorzugehen. (COPYRIGHT: Kelly/Pexels)

Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte stellt Europa erneut ein schlechtes Zeugnis aus: Am Mittwoch veröffentlichte sie die Neuauflage ihrer Studie „Being Black in the EU“, laut welcher rassistische Diskriminierung seit 2016 europaweit zugenommen hat (2016: 24 Prozent, 2022: 34 Prozent). Befragt wurden dieses Mal 6.800 Menschen afrikanischer Abstammung in 13 EU-Staaten, darunter auch Luxemburg. Ähnlich wie 2016, schneidet das Großherzogtum 2022 wieder schwach ab.

66 Prozent der 565 Studienteil- nehmer*innen aus Luxemburg bezeichnen sich selbst als Person afrikanischer Abstammung oder als „Black“. Von diesen erfuhren 57 Prozent in den letzten fünf Jahren rassistische Diskriminierung. Die Hauptgründe: ihre Hautfarbe (33 Prozent) und die ethnische Herkunft (34 Prozent). Besonders bemerkbar macht sich Rassismus bei der Jobsuche (38 Prozent), der Arbeit (34 Prozent) und im Bildungswesen (25 Prozent). 26 Prozent der Teilnehmer*innen berichten, ihre Kinder seien im Jahr vor der Datenerhebung in der Schule aus rassistischen Motiven bedroht, ausgeschlossen (14 Prozent) oder gar körperlich angegriffen (12 Prozent) worden.

So verwundert es kaum, dass die Befragten selbst Angst vor unangemessenem Starren und beleidigenden Gesten haben (49 Prozent) und sich jeweils 42 Prozent sorgen, Opfer verbaler Beleidigungen oder körperlicher Angriffe zu werden. Die Ergebnisse decken sich mit den desaströsen Zahlen der bisher einzigen luxemburgischen Studie zu rassistischer und ethnischer Diskriminierung „Le racisme et les discriminations ethno-raciales au Luxembourg“ (woxx 1675). Trotzdem ließ sich die scheidende Regierung mit konkreten Maßnahmen, wie der Ausarbeitung eines Aktionsplans gegen Rassismus, Zeit. Auf dem Tisch liegt dieser immer noch nicht.

„Trotzdem ließ sich die Regierung mit konkreten Maßnahmen, wie der Ausarbeitung eines Aktionsplans gegen Rassismus, Zeit.“

Umso bitterer ist es, dass auf der Liste mit nationalen Anlaufstellen für Betroffene in Luxemburg nur eine öffentliche Institution steht: das Centre pour l’égalité de traitement (CET), seit seiner Gründung 2006 ein zahnloser Tiger. Das Zentrum rennt der Politik seit Jahren hinterher und fordert in etlichen Jahresberichten unter anderem juristische Kompetenzen und mehr Handlungsmöglichkeiten. Momentan darf das CET selbst beispielsweise keine Klage einreichen. In dem Sinne wandte das Zentrum sich 2020 in einem offenen Brief, mitunterzeichnet von zahlreichen Organisationen, erneut an die Regierung. Zwei Jahre später beauftragte die Abgeordnetenkammer das CET, an einem Vorschlag für ein Gesetzesprojekt mitzuwirken. Was daraus wurde? Das Dokument verschwand in einer Schublade, die seitdem geschlossen blieb.

(Foto: Mathias Reding/Pexels)

Vonseiten anti-rassistischer Organisationen hagelt es hingegen Kritik gegen das CET: Lëtz Rise Up monierte im Mai in einem Aktionsplan gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz, der Verwaltungsrat des CET sei nicht divers, der Austausch mit der Zivilgesellschaft inexistent. Der Verwaltungsrat des Zentrums besteht in der Tat ausschließlich aus weißen Menschen, zumindest ausgehend von den Informationen im Netz. Lëtz Rise Up bemängelt auch, das CET setze sich zu wenig gezielt gegen Rassismus ein. Das wird zuletzt in einem Video über das CET deutlich, in dem das Motto lautet: „Diskriminierung hat viele Gesichter“. Das stimmt wohl, doch untergraben Aussagen wie diese die Eigenheit der verschiedenen Formen von Diskriminierung.

Und was hat all dies zur Folge? Nur 19 Prozent der Studienteil- nehmer*innen kennen das CET, dabei leben sie im Schnitt schon seit 13 Jahren in Luxemburg. In keinem anderen EU-Land werden Anlaufstellen für Gleichheit so wenig wahrgenommen. Die kommende Regierung muss diesen Missstand beseitigen, während sich die abgehenden Minister*innen schämen sollten – auch, weil sie es bis zum Redaktionsschluss versäumten, öffentlich zu den Ergebnissen Stellung zu beziehen.


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