DP: Neoliberalismus auf Erfolgskurs

Die große Wahlgewinnerin ist die DP. Zumindest, wenn sie Teil der nächsten Regierung wird – was zurzeit mehr als wahrscheinlich ist.

Foto: tj/woxx

Bis kurz vor 23 Uhr blieb es spannend, dann aber stand fest: Indem die DP bei den Nationalwahlen am vergangenen Sonntag 1,79 Prozentpunkte und zwei Sitze zulegte, hat sie große Chancen, Teil der nächsten Regierung zu werden. Nicht einmal zwei Tage dauerte es, bis Koalitionsgespräche zwischen DP und CSV angekündigt wurden. Dass die CSV den Posten des Premierministers übernehmen wird, stand zu dem Zeitpunkt bereits fest.

Programmatisch gibt es zwischen den beiden Parteien viele Schnittstellen, Unterschiede dagegen nur wenige. Während der Wahlkampfphase wurde der aktuelle Regierungschef Xavier Bettel (DP) nicht müde, vor allem einen hervorzuheben. Es ging dabei um die Frage, ob Eltern, die sich gegen eine Fremdbetreuung entscheiden und stattdessen lieber zuhause bleiben und sich selbst um ihr Kind kümmern möchten, dafür eine finanzielle Bezuschussung erhalten sollten. In Interviews sprach sich Bettel entschieden gegen eine solche Maßnahme aus, weil sie, so die Argumentation, vor allem Mütter dazu anregen könnte, aus dem Berufsleben auszusteigen. Wer das Wahlprogramm und die generelle ideologische Ausrichtung der DP kennt, weiß, dass es sich dabei nur um Pseudokritik handelt.

Bei den genderpolitischen Ambitionen der CSV ist durchaus viel Luft nach oben, allerdings kann sich die DP eher von ihr eine Scheibe abschneiden als umgekehrt. Gerade wenn es darum geht, Anreize zu schaffen, damit Väter sich verstärkt in der Care-Arbeit einbringen, sieht die DP keinen Handlungsbedarf. Doch damit nicht genug: Nach Ideen, um genderspezifische Aspekte in Schulbildung, Ausbildung und Weiterbildung zu integrieren, oder Parität bei politischen Mandaten zu fördern, sucht man in ihrem Programm vergebens. Ebenfalls unerwähnt bleibt die Notwendigkeit von Genderbudgeting, gendersensibler Verkehrspolitik, feministischer Außenpolitik, nach Geschlecht aufgeschlüsselter Datenerhebung oder auch einer auf Gender-Mainstreaming basierenden Politik. In puncto Bekämpfung des Gender Pay Gap, des Gender Pension Gap und genderspezifischer Gewalt scheint die DP ihrem Wahlprogramm zufolge ebenso wenig Handlungsbedarf zu sehen. Die liberale Partei dürfte davon abgesehen kaum zu mehr Geschlechterparität in der Regierung beitragen: Nur fünf DP-Frauen wurden ins Parlament gewählt. Zwei davon, nämlich Lydie Polfer und Corinne Cahen, sind eigenen Aussagen nach nicht an einem Minister*innenposten interessiert.

Nicht nur bei Gender- und Familienpolitik, sondern auch in der Bildungspolitik dürften die Ansichten von DP und CSV wohl am stärksten auseinandergehen. Hier ist nicht nur spannend, welche Punkte es ins Koalitionsabkommen schaffen werden, sondern auch, wie die Postenvergabe aussehen wird. Worin sich die beiden Parteien einig zu sein scheinen, ist dass den Themenbereichen LGBTIQA+ und Rassismus in der nächsten Legislaturperiode keine Priorität zukommen soll: Beides steht jedenfalls nicht auf der offiziellen Tagesordnung der zwölf Arbeitsgruppen, die im Rahmen der Koalitionsverhandlungen gebildet wurden.


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