Militärsatellit: Minister lügen nicht

Aufgeklärt ist die Affäre um den Aufklärungssatelliten Eosys immer noch nicht. Nach François Bausch hat Étienne Schneider den Abgeordneten seine Version der Geschichte dargelegt.

Der ist harmlos! Satelliten-Panorama in der Cité de l’espace in Toulouse.
(Galeria del Ministerio de Defensa de Perú; CC BY 2.0)

Kein Rechenfehler, sondern ein Missverständnis: Das ist die Erklärung, die Étienne Schneider am Montag der Budgetkontrollkommission der Chamber für die Kostenexplosion beim Aufklärungssatelliten Eosys lieferte. Ende März war bekannt geworden, dass für das unter Schneider beschlossene Satellitenprojekt ein zusätzliches Budget von 180 Millionen Euro fällig werde. Schneiders Nachfolger im Armeeministerium, François Bausch, hatte eine Studie erstellen lassen, die ergab, dass das Projekt nicht ohne massive Aufstockung der Mittel realisierbar sei, dass aber bei einem Ausstieg ein großer Teil der bereits bewilligten 170 Millionen verloren ginge (woxx 1581: „François Bausch et le satellite maudit“).

Bausch ließ durchblicken, dass Schneider 2018 gegenüber dem Regierungsrat und dem Parlament gemogelt hatte. Inkompetenz oder Betrug, das ist die Frage, die man sich stellen kann. Und in Anwendung des Prinzips „À qui profite le crime?“ gerät auch die Firma OHB ins Zwielicht, die zuerst die Vorstudie für das Projekt lieferte und dann auf zweifelhafte Weise den Zuschlag bekam. Antworten hierauf gab es auch am Montag nicht, im Gegenteil: Die Abgeordneten scheinen nun völlig verwirrt zu sein. „Herr Schneider hat das genaue Gegenteil dessen gesagt, was Minister Bausch uns bisher gesagt hat“, wird Diane Adehm (CSV), Präsidentin der Budgetkontrollkommission, von Paperjam zitiert.

Der Eosys-Satellit, ein Schnäppchen?

Für Verwirrung gab es aber eigentlich keinen Grund: Das, womit Schneider die Abgeordneten erstaunte, war eigentlich schon dem langen Interview von Ende Mai mit Bausch auf 100,7 zu entnehmen: Der ursprüngliche Plan war, sowohl beim Standort der Antennen als auch beim Betrieb des Satelliten auf die Eigenressourcen der Armee zurückzugreifen. Das könnte erklären, warum das 2018 durch die Chamber geschleuste Gesetz nur die Kosten für den Satelliten und dessen Transport in die Umlaufbahn enthielt – weil man den Rest selber machen wollte. Ob dieser Schnäppchen-Plan realistisch war, steht auf einem anderen Blatt (online-woxx: „Ein Virus im Armeeministerium?“).

Indem er sich auf diesen Plan berief, spielte Schneider am Montag den Ball zurück an Bausch: Dieser habe das Projekt nicht wie geplant umsetzen wollen, deshalb sei es eben teurer geworden. Von Bausch war die Externalisierung der Antennen und des Betriebs des Satelliten für 180 Millionen Euro bisher als unumgänglich dargestellt worde – auf Basis der ominösen OHB-Studie.

Was nun? Schadensbegrenzung betreiben und das ganze Projekt aufgeben wäre eine Option. Nicht nur, weil ein Aufstocken der Militärausgaben in Krisenzeiten politisch schwer zu vertreten sein dürfte. Auch der Verwendungszweck des Satelliten – Aufklärung für die Nato – wirft Fragen auf, bis hin zur Beteiligung Luxemburgs an Kriegsverbrechen (woxx 1584 „N’en lancez plus!“). Bausch behauptet zwar, er hänge nicht an dem Projekt, will aber, unbeeindruckt von solchen Bedenken, noch vor dem Sommer grünes Licht für seine Weiterführung beantragen.

So oder so, in einer korrekt funktionierenden Demokratie wäre kaum vorstellbar, dass ein Zusatzbudget beschlossen würde, ohne dass die Verantwortlichkeit für die Mehrkosten vorher geklärt wären. In einer Operettendemokratie dagegen …

 


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