Abgesang in Rotterdam

Die Sozialdemokratie hat europaweit abgewirtschaftet. Das zeigt sich auch vor den niederländischen Kommunalwahlen, und insbesondere in Rotterdam. Davon profitieren Parteien, die auf identitäre Themen setzen.

Demonstration „gegen Islamisierung und die Diskriminierung der Niederländer“ am 21. Januar in Rotterdam. (Bildquelle: Flickr)

Vor den Kommunalwahlen am 21. März in den Niederlanden spielen Gemeindethemen vor allem in Großstädten oft nur eine untergeordnete Rolle. Das gilt insbesondere für Rotterdam, wo unser Korrespondent Tobias Müller den Wahlkampf begleitet hat. Die Hafenmetropole Rotterdam ist eine Hochburg der sogenannten Rechtspopulisten und gilt in vielerlei Hinsicht als Pionier. Nicht selten werden hier Entwicklungen vorweggenommen, die in anderen Städten folgen.

Vor einem Jahr, bei den Parlamentswahlen, lag Geert Wilders‘ PVV hier knapp auf dem zweiten Platz. Nun tritt die Partei zum ersten Mal auf Gemeindeebene an. Und nutzt das Podium, um gegen die Regierung und die „Diskriminierung der Niederländer“ zu demonstrieren, wie Tobias Müller in seiner Reportage am kommenden Freitag in der woxx berichtet.

Auch „Leefbaar Rotterdam“, die bei den letzten Wahlen zur stärksten Kommunalmacht avanciert ist, tritt wieder an. Die Partei, aus der 2001 Pim Fortuyn hervorging, stellt seit 2014 drei von sechs städtischen Dezernenten, die der Rolle der hiesigen Schöffen entsprechen.

Wahlerfolge in den Armenvierteln

Doch die Rechten sind leider nicht die einzigen, die auf identitäre Themen setzen. Auch die junge „DENK“-Partei nimmt in Rotterdam erstmals an den Kommunalwahlen teil. „Den größten Rückhalt hat DENK bei den Rotterdamern türkischer Herkunft“, wie Müller schreibt. Denn just anhand Türkei-spezifischer Fragen schärfe die Partei ihr Profil: Wenn es um kritische Journalisten in der Türkei wie Can Dündar oder um Erdogan-Gegner geht, liegt DENK zuverlässig auf der Linie des türkischen Staatspräsidenten. Vor einem Monat stimmten fünf DENK-Abgeordnete in Den Haag dafür, dass die Niederlande den Genozid an den Armeniern anerkennen. Parteigründer Tunahan Kuzu hielt ihnen daraufhin vor, sie müssten sich entscheiden, auf welcher Seite sie stehen.

Nicht nur DENK wird laut Müller aller Voraussicht nach in den Rotterdamer Stadtrat gewählt werden. Ebenso wahrscheinlich wird man dort weiterhin auf Vertreter der lokalen Partei NIDA treffen, die sich als links begreift und mit Slogans wie „Rotterdamer DNA, islamisch inspiriert“ für sich wirbt. Bereits bei den Kommunalwahlen von 2014 hatte die Partei auf Anhieb zwei Sitze erobert.

Dass identitäre Themen gerade in Rotterdam so florieren, führt Müller zum Teil darauf zurück, dass der Verfall der Sozialdemokratie in den Niederlanden ausgerechnet in dieser alten Arbeiterhochburg besonders weit fortgeschritten sei: „Viele Wähler, die die ‚Partei der Arbeit‘ verloren hat, sind bei den Rechtspopulisten gelandet, und inzwischen auch bei DENK“, so Müller. In den armen Stadtvierteln wie Feijenoord seien PVV und DENK bei der Parlamentswahl vor einem Jahr als stärkste Parteien hervorgegangen. Beide wollten diese Position nun untermauern.

Die Rotterdam-Reportage unseres Niederlande-Korrespondenten Tobias Müller lesen Sie am kommenden Freitag in der gedruckten Ausgabe der woxx.

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