Baudenkmäler: Häuserkampf

Wenn die Politik nicht an einem Strang zieht und die Gerichte entscheiden lässt, ist militanter Denkmalschutz dringend nötig.

Der Erfolg der Petition 1638, die zu einem dringenden Handeln in Sachen Erhalt der Luxemburger Baudenkmäler aufruft, lässt Hoffnung schöpfen. Mehr als 5.200 Personen hatten innerhalb von knappen 42 Tagen zugestimmt, die politisch Verantwortlichen zu einem echten Paradigmenwechsel in Sachen Denkmalschutz zu bewegen: Gebäude, die vor 1955 errichtet wurden, sollen demnach generell als geschützt erklärt werden. Nur in wissenschaftlich begründeten Ausnahmefällen, die von den zuständigen Stellen wie dem Denkmalschutzamt abgesegnet werden müssen, soll es in Zukunft möglich sein, für ältere Häuser eine Abrissgenehmigung zu erteilen.

Wie wichtig eine solche Umkehr der Beweislast sein kann, haben die sich in den letzten Monaten häufenden Abrisszahlen gezeigt. Besonders nachdem die Corona-Auflagen für das Baugewerbe gelockert worden waren, herrschte bei den Abrisstrupps eine Art Nachholbedarf, der vielerorts zu wahren Nacht- und Nebelaktionen führte – wobei der Abriss der Reitställe des Heisdorfer Schlosses Anfang Juli das wohl spektakulärste, aber bei Weitem nicht einzige Beispiel ist.

Natürlich bedeutet der Erfolg der Petition noch lange keine Umkehr der Politik. Sie nötigt lediglich die zuständigen politischen Instanzen – also die zuständige Chamberkommission und das betroffene Fachministerium –, in einen Dialog mit den Petitionär*innen in Form eines öffentlichen Hearings zu treten. Dabei werden Letztere zumindest in Bezug auf die Zielsetzung auf offene Ohren stoßen.

Mit ihrer vor gut einem Jahr vorgestellten Reform des Denkmalschutzes hat die amtierende Kulturministerin Sam Tanson (siehe woxx 1546) zwar einen weniger radikalen Ansatz als die Petition 1638 gewählt, doch das Ziel ist ein ähnliches: Sollen in Zukunft Gebäude abgerissen werden, sollte dies aufgrund von für alle Beteiligten eindeutigen und vorher bekannten Kriterien geschehen – oder eben vermieden werden.

Allerdings ist der Regierungsansatz mit dem Makel behaftet, dass er nicht nur die sicherlich nicht einfache parlamentarische Hürde nehmen muss, sondern anschließend auch zehn Jahre darauf verwendet werden müssen, das vom Vorhaben vorgesehene Gesamtinventar zu erstellen. Solange das nicht vorliegt, gilt auch nach Inkrafttreten des Gesetzes die alte Spielregel, wonach die Kulturministerin einzelne in ihren Augen schützenswerte Gebäude zunächst auf den „inventaire supplémentaire“ setzt und gegebenenfalls auch definitiv klassiert – sofern ihre Behörden rechtzeitig von bevorstehenden Zerstörungen erfahren.

Ist es nicht paradox, dass die Kommunen lascher mit dem Erhalt alter Bausubstanz umgehen wollen als der Staat?

Als problematisch erweist sich auch die Arbeitsteilung zwischen den Gemeinden und dem Kulturministerium. Insbesondere dann, wenn die Einschätzung zum Erhalt bestimmter Gebäude unterschiedlich gewertet wird. Zwar hat im Prinzip das Kulturministerium das letzte Wort und kann sich über die entsprechenden Avis der Kommunen hinwegsetzen. Doch führen solche Dissonanzen zwischen Staat und Gemeinden in der Regel zu Einsprüchen vor dem Verwaltungsgericht. Und das annulliert auffällig oft Klassierungsentscheidungen – wie zuletzt am 13. August im Falle eines Bauernhofes in Beckerich.

Insbesondere der Verband der Gemeinden Syvicol hat sich kritisch zu Sam Tansons Gesetzesvorschlag geäußert. Ist es nicht paradox, dass die Kommunen vor Ort lascher mit dem Erhalt alter Bausubstanz umgehen wollen als die nationalen Instanzen? Denn die Zerstörung vieler Ortskerne und die damit verbundene Verödung, betrifft ja vor allem die ortsansässige Bevölkerung und deren Lebensqualität.

Während also auf nationaler Ebene die Stimmung immer weiter in Richtung Erhalt historischer Bausubstanz kippt, steht der „Häuserkampf“ im Kleinen noch bevor: Flankiert von einer – hoffentlich schnell verfügbaren – nationalen Gesetzgebung müssen sich auf lokaler Ebene möglichst viele Initiativen gründen, die den Politiker*innen zeigen, wessen Interessen sie zu eigentlich zu vertreten haben.

 


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