Die Waldbrände in Brasilien sorgen für Aufregung – kombiniert mit viel Medienschelte. Dabei brennt es nicht nur dort.
Als am vergangenen Montag der Rauch von Feuern, die im Amazonas wüten, die brasilianische Millionenstadt Sao Paulo erreichte, wurde die breite Öffentlichkeit auf die Brände in Brasilien aufmerksam. Die Lage ist definitiv dramatisch, aber auch unübersichtlich: Während sich Anfang der Woche noch viele Menschen auf sozialen Medien darüber wunderten, dass der Brand einer Kathedrale in einer europäischen Hauptstadt mehr Medienaufmerksamkeit bekam als Brände in entlegenen Gebieten, so kann man sich aktuell kaum mehr vor dramatischen Bildern retten. Wie viele der Fotos, die in sozialen Netzwerken kursieren, überhaupt die aktuelle Situation in Brasilien darstellen, ist fraglich, wie die taz berichtet.
Es handelt sich auch nicht um natürliche Waldbrände, wie sie beispielsweise seit Wochen in Sibirien vorkommen, sondern um Brandrodung. Die Feuer werden von Menschen gelegt, um Ackerflächen zu vergrößern. Dieses Vorgehen ist in vielen Regionen der Welt Teil der Landwirtschaft. Während traditionelle Brandrodung kleiner Flächen keine Gefahr für Wälder darstellt und sich die Flächen nach und nach erholen, ist besonders die moderne intensive Viehwirtschaft ein Todesurteil für Urwälder. Es kommt zu Bodenerosion und der Wald kann sich nicht wieder erholen.
Verschiedene Satellitenbilder wie etwa jene vom Atmosphere Monitoring Service des europäischen Copernicus-Programms liefern einen Überblick darüber, wo es auf der Erde gerade brennt – bzw. wo die Satelliten starke Hitzequellen ausmachen. Und man könnte den Eindruck haben, das wäre überall. Neben dem Amazonasgebiet sind immer noch Sibirien – wie die Umwelt-NGO Greenpeace kürzlich mit beeindruckenden Bildern zeigte – aber auch Zentral- und Südafrika betroffen. Auch im Kongo und in Angola handelt es sich um Brandrodung, die bereits im Juni begann, wie ein von der Nasa veröffentlichtes Satellitenbild zeigt.
60 Prozent des Amazonas-Regenwald liegen in Brasilien. Dort gab es seit Januar laut der brasilianischen Weltraumbehörde knapp 40.000 Brände. Im ganzen Land wurden über 75.000 Waldbrände registriert. Der rechtsextreme brasilianische Präsident Jair Bolsonaro bestritt diese Zahlen, feuerte Anfang August den Direktor der Weltraumbehörde und beschuldigte NGOs, die Feuer selbst gelegt zu haben. Tatsächlich ist seine Politik, die viele Umweltauflagen abschaffte und Anreize für Brandrodung legte, dafür verantwortlich.
Die Satellitenbilder der Weltraumbehörde zeigen, dass nicht nur in Brasilien „Queimadas“ – so wird die Brandrodung in Lateinamerika genannt – zu sehen sind. Auch das Nachbarland Bolivien ist besonders im Osten stark betroffen. Wie der hauptsächlich von Venezuela finanzierte Fernsehsender Telesur berichtet, sind in der Region Santa Cruz über 460.000 Hektar Wald und Weideland von Bränden betroffen. Der Ausnahmezustand wurde ausgerufen.
Die Brände seien von Brasilien aus nach Bolivien gekommen, heißt es von der dortigen Regierung. Laut der Tageszeitung El Deber hat Präsident Evo Morales im Juni ein Dekret unterschrieben, das Flächen für kontrollierte Brandrodung freigab, um sie landwirtschaftlich nutzen zu können. Verschiedene Stimmen in sozialen Netzwerken beschuldigten Morales, nicht genug zur Brandbekämpfung getan zu haben. Am 22. August wurde bekannt, dass Bolivien ein Boeing 747 „Supertanker“-Flugzeug zur Bekämpfung der Feuer engagiert hat.
Die hohe Aufmerksamkeit, die die Feuer in Brasilien aktuell haben, ist übrigens nicht zufällig entstanden: Fans der südkoreanischen Popgruppe BTS, die sich selbst „The Army“ nennen, wurden auf das Problem aufmerksam und verbreiteten unter dem Hashtag #ARMYHelpThePlanet Tweets zu dem Thema. Nun, da die Brände die Aktualität in den sozialen Netzwerken beherrschen, herrscht jedoch Rat- und Hilflosigkeit, was man tun könnte, um die Feuer zu bekämpfen.
Die Klimaaktivist*innen von Fridays for Future haben spontan beschlossen, ihre freitäglichen Klimastreiks vor brasilianische Botschaften zu verlegen und so gegen die Politik Bolsonaros zu demonstrieren. Sie wollen damit auch Solidarität gegenüber der indigenen Bevölkerung des Amazonasgebietes ausdrücken. In der Pressemitteilung der Aktivist*innen wird Daniela Borges von Fridays for Future Brasilien zitiert: „We want a government that recognises the importance of nature, and that is committed to protecting our biggest natural riches. A government that maintains strict scrutiny against companies that misuse our natural resources and that puts indigenous peoples rights first.“
Youth for Climate Luxemburg hat unterdessen angekündigt, am heutigen Freitagabend um 17 Uhr auf der Schueberfouer zu demonstrieren. Dies, um möglichst viele Menschen zu erreichen – außerdem gibt es keine brasilianische Botschaft in Luxemburg. Die Fouer wird zur gleichen Zeit offiziell eröffnet – Medienpräsenz ist den Klimaaktivist*innen also gesichert.
Wer statt zu demonstrieren lieber spenden will, kann dies beispielsweise bei den NGOs Amazon Watch oder Rainforest Action Network machen.