Kongo: Kein Geld aus Belgien

Die Genfer Spendenkonferenz für den Kongo war ein Flopp: Kaum ein Viertel der benötigten Summe kam zusammen. Die kongolesische Regierung zielt derweil nicht zuletzt auf politisches Kapital.

Übte scharfe Kritik an der Haltung der kongolesischen Regierung in der Diskussion um internationale Spendengelder: Delly Sesanga, Generalsekretär der Oppositionsbewegung „Ensemble pour le changement“. (Foto: Twitter)

Bereits die ursprünglich veranschlagte Summe, die auf der Spendenkonferenz für den Kongo in Genf gesammelt werden sollte (die woxx berichtete), wurde von vielen als illusorisch abgetan: 1,7 Milliarden US-Dollar hatten UN-Institutionen als Richtwert vorgegeben, um den rund 13 Millionen Menschen, die in der Demokratischen Republik Kongo am schwersten notleidend sind, zur Hilfe kommen zu können. Zu Beginn der Konferenz hatte Mark Lowcock von der UN-Nothilfe den Betrag am Freitag dann noch nach oben korrigiert. 2,2 Milliarden US-Dollar würden gebraucht, wenn man auch den kongolesischen Flüchtlingen in den Nachbarländern beistehen wolle.

Letztlich sind gerade einmal 528 Millionen Dollar zusammengekommen. Das mag an der unsicheren Lage im Kongo liegen. Sie könnte potenzielle Geldgeber an einer sinngemäßen Verwendung von Spendengeldern zweifeln lassen. Verstärkt wurde diese Problematik noch durch die Haltung der kongolesischen Regierung, die ihre Beteiligung an der Konferenz verweigert hatte. Denn ohne deren Mithilfe dürfte sich die Hilfe lokal nur schwer umsetzen lassen. „Einmischung“, „Angriff auf die kongolesische Souveränität“ und „verzerrende Darstellung“ der Situation im Land hatte die kongolesische Regierung  den Spendenwerber*innen unter anderem vorgeworfen: Humanitäre Hilfe werde auf Kosten des Images der Demokratischen Republik vermarktet, mit dem Ziel, ein kolossales Budget einzutreiben. Später hatte die Regierung gar gedroht, jenen NGOs, die Geld aus der Spendenkollekte annähmen, die Tätigkeit im Land zu verbieten. Aus den Reihen der kongolesischen Opposition wurde diese Haltung vehement kritisiert.

Konflikt um NGO-Löhne

Mittlerweile haben sich die Wogen etwas geglättet. Man wolle lediglich, dass die Hilfsgelder besser kanalisiert werden, so der kongolesische Außenminister Léonard She Okitundu in einem Interview mit dem Sender „Radio Okapi“: „On ne s’est pas opposé à la mise en contribution des ONG pour venir en assistance à nos compatriotes“, so She Okitundu. Man akzeptiere allerdings nicht, dass internationale NGOs gegenüber jenen des eigenen Landes bevorzugt und diese schlecht gemacht würden: „Nous allons constater que les donateurs vont utiliser leurs propres ONG, les ressortissants de leurs propres pays. Une partie de ces fonds vont être utilisés pour les salaires, les frais de fonctionnement de ces ONG et une moitié seulement sera dévolue aux bénéficiaires“, sagte She Okitundu. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, beschwört die Lohnpolitik der in der Demokratischen Republik Kongo tätigen internationalen NGOs immer wieder soziale Konflikte herauf.

Besonders angespannt ist derzeit das Verhältnis der kongolesischen Regierung zu Belgien. Die ehemalige Kolonialmacht im Kongo – mit zugesagten 25 Millionen Euro eine der größten Geldgeberinnen der Konferenz – stand im Zentrum des angedrohten Spendenboykotts, der hinsichtlich der Gelder aus Belgien weiterhin aufrechterhalten bleibt.

Anfang Januar hatte Belgien aufgrund der sich verschlechternden politischen und humanitären Situation im Kongo sowie des brutalen Vorgehens von Sicherheitskräften gegen oppositionelle Demonstranten und Demonstrantinnen angekündigt, seine Kooperationspolitik mit der kongolesischen Regierung zu überdenken. Statt der Institutionen der öffentlichen Hand wolle man künftig vermehrt dort tätige gemeinnützige Vereine und NGOs unterstützen. Daraufhin hatte die kongolesische Regierung Belgien im Februar aufgefordert, die Zahl der von der Fluggesellschaft „Brussels Airlines“ angebotenen Flüge in die Demokratische Republik zu reduzieren sowie das Konsulat in Lubumbashi und die „Maison Schengen“ in Kinshasa zu schließen. Die von Belgien betriebene „Maison Schengen“ fungierte nicht zuletzt als Visa-Bearbeitungsstelle für 18 europäische Staaten, darunter auch Luxemburg.

„Vergeltungsmaßnahmen“

Der aktuelle belgisch-kongolesische Streit reicht ins Jahr 2016 zurück, als sich abzeichnete, dass der amtierende Staatspräsident Joseph Kabila sein Amt nicht, wie von der Verfassung vorgesehen, zum Ende des Jahres räumen würde. Im Sommer desselben Jahres hatte sich die kongolesische Opposition im wallonischen Genval zu Beratungen zusammengefunden. Und zwar praktisch unter der Schirmherrschaft des belgischen Außenministers Didier Reynders, wie ihm dessen kongolesischer Amtskollege She Okitundu in einem Interview mit der belgischen Tageszeitung „Le Soir“ am gestrigen Dienstag vorwarf. Zudem habe die belgische Regierung Lobbying gegen die Aufnahme kongolesischer Gesandter in die UN-Menschenrechtskommission betrieben.

Dass es kongolesischen NGOs verboten bleibt, mit Geldern aus Belgien zu arbeiten, bezeichnete She Okitundu als „mesures de rétorsion“: „Nous sommes un pays souverain, nous voulons être traités avec respect. Je considère que, compte tenu de tout ce qui précède, la balle se trouve désormais dans le camp de la Belgique, à elle de faire un geste.“

Das offizielle Fernbleiben der kongolesischen Regierung von der Spendenkonferenz in Genf resultiert laut dem Diplomaten ebenfalls aus dem Mangel an Respekt, der seinem Land bei der Vorbereitung entgegengebracht worden sei: „Si nous ne sommes pas allés à Genève, c’est tout simplement parce que nous n’avions pas été consultés, ni associés à la préparation de cette conférence. Nous ne sommes pas du tout opposés aux initiatives humanitaires, mais nous désirons être partie prenante.“

Spendenaufruf auch in Luxemburg

Angesichts der Situation in der Demokratischen Republik Kongo, wo es derzeit allein rund 4,3 Millionen Binnenflüchtlinge gibt, hat auch die Caritas Luxemburg eine Spendenkampagne gestartet, die den Caritas-Partnern im Kongo zugutekommen soll. „Le Secrétaire Exécutif de Caritas Congo, Boniface Nakwagelewi Ata-Deagbo […] a principalement souligné l’importance d’assurer le lien entre l’urgence et le développement, la nécessité d’accroître l’enveloppe destinée aux mécanismes de réponse rapide, ainsi que l’importance de réserver au moins 25 % des financements humanitaires aux ONGs nationales“, heißt es in einer Erklärung von Caritas Luxemburg.


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