Wort für Wort zu mehr Gerechtigkeit

Sprachen befinden sich in einem konstanten Wandel. In manchen Fällen kann dies zu einer inklusiveren Kommunikation und zur Anerkennung nicht-normativer Identitäten beitragen.

© pixnio.com

Seit dieser Woche haben Menschen, die einen inklusiven Sprachgebrauch ablehnen, ein Argument weniger zur Verfügung: Merriam-Webster, das älteste amerikanische Wörterbuch, hat „they“ als nicht genderspezifisches Pronomen in der Einzahl aufgenommen. Dieses ermöglicht im Englischen ein Singular-Pronomen zu benutzen, ohne sich zwischen der männlichen („he“) oder der weiblichen („she“) Form entscheiden zu müssen. Damit lässt sich nun nicht mehr damit argumentieren, „they“ sei grammatikalisch falsch.

Regeln und Normen als Argument für diskriminatorische Praktiken heranzuziehen, zeugt in erster Linie von Veränderungsresistenz. Dabei befindet sich Sprache ohnehin in einem konstanten Wandel. Jedes Jahr werden Wörterbüchern zahlreiche neue Begriffe hinzugefügt, um mit der gesellschaftlichen Realität Schritt zu halten.

Im Falle von „they“ handelt es sich allerdings keineswegs um eine neue Entwicklung, wie in einer Erklärung, die Merriam-Webster auf ihrem Blog veröffentlichte, nachzulesen ist: “We will note that ‘they’ has been in consistent use as a singular pronoun since the late 1300s; that the development of singular ‘they’ mirrors the development of the singular ‘you’ from the plural ‘you’, yet we don’t complain that singular ‘you’ is ungrammatical; and that regardless of what detractors say, nearly everyone uses the singular ‘they’ in casual conversation and often in formal writing.”

Nur weil etwas nicht einem korrekten Sprachgebrauch entspricht, heißt das nicht, dass dies auch so belassen werden muss. Grammatikalische und orthografische Regeln sind menschengemacht, sie folgen keiner objektiv wahren Logik und können demnach bei Bedarf geändert werden. Um genau zu sein wurzeln viele solcher Regeln in patriarchalen und heteronormativen Denkweisen. Sie allein sind der Grund, weshalb etwa das generische Maskulinum dominiert, nicht, weil es objektiv gesehen „schöner“ oder „lesefreundlicher“ ist.

Dennoch hält sich die Haltung hartnäckig, mit einer diskriminationsfreien Ausdrucksweise würde der Sprache Gewalt angetan (wie etwa gestern noch in der FAZ zu lesen war). Die Angst, der Sprache wehzutun, ist offenbar größer als die, anderen Menschen wehzutun. Solange es an Empathie mangelt, bleibt also zu hoffen, dass Offzialisierungen bestimmter Schreibweisen den längst fälligen gesellschaftlichen Fortschritt bringen werden.


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