Bildungsministerium verteidigt Gebrauch von Genderstern

Gendering ist eine legitime Art, gegen die sprachliche Diskriminierung einzelner Geschlechtergruppen vorzugehen. Deshalb dürfe es in pädagogischem Material verwendet werden, ungeachtet offizieller Rechtschreibregeln. Das befindet das Bildungsministerium in einer Antwort an Fred Keup (ADR).

Bild: www.meedia.de

„Wéi steet de Minister dozou, datt Broschüren, ewéi z.B. déi vum Zentrum fir politesch Bildung, deen ënnert der Tutelle vum Schoulminister steet, mat orthographesche Feeler erausgi ginn?“ Beim Lesen dieses Satzes ahnt man schon, dass es ADR-Politiker Fred Keup nicht um ein paar Tippfehler des Zentrum fir politesch Bildung (ZpB) geht. Wie viele derer müssten besagte Broschüren schon enthalten, damit sie einer parlamentarischen Anfrage bedürfen? Die Aufregung Keups rührt, wenig verwunderlich, daher, dass es sich bei den sogenannten „Fehlern“ um geschlechtergerechte Sprache handelt. So würde das ZpB in seinen Publikationen immer wieder mit „/“ oder „*“ gendern. Etwa „jede/r Einwohner/in“ oder „Luxemburger*innen“. Das Problem, das Keup dabei sieht: „Weder den Genderstärchen nach den Genderbannen-I si virgesinn an den offizielle Rechtschreifreegelen. „Genderen“ ass also en orthographesche Feeler.“

Der von ihm adressierte Bildungsminister Claude Meisch sieht das anders. Beim Gendering handele es sich nicht um orthographische Fehler, sondern um „Schreibvarianten, die im Rahmen immer größerer Bemühungen zu verstehen sind, sprachliche Diskriminierung des einen oder anderen Geschlechts zu vermeiden“. Es sei durchaus möglich, sprachlich auf gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren, ohne dass dies in sprachlichen Regelwerken festgehalten sei. „Sprooche sinn eppes Lieweges a verännere sech lafend.“, schreibt der Minister in seiner Antwort.

Das alles hätte Keup auch im Duden-Ratgeber „Gendern – ganz einfach!“ nachlesen können. Dort wird in der Einleitung betont, dass die Regeln einer Sprache sich immer wieder ändern können. „Zu allen Zeiten gibt es neue Ausdrucks- und Benennungsbedürfnisse, die in der Gemeinschaft der diese Sprache Sprechenden ‚ausgehandelt‘ werden müssen. Neue Ausdrücke entstehen aber nicht durch Vorschriften, sondern sie ergeben sich durch vermehrte Verwendung innerhalb der Sprachgemeinschaft – das nennt man natürlichen Sprachwandel.“

Wenn manche Politiker*innen diese Entwicklungen nur bezüglich dem Gendern kritisieren, wird deutlich, dass nicht die Sorge um Rechtschreibregeln sie antreibt. Es ist eher die Infragestellung von Sexismus und Heteronormativität, die ihnen ein Dorn im Auge ist. Während Keup sich scheinheilig hinter Orthographieregeln versteckt, haben andere ADR-Politker*innen ihre Position in der Vergangenheit ohne Umschweife klargemacht: Sie betonen die vermeintliche biologische Realität der Zweigeschlechtlichkeit, pochen darauf, dass nur Frauen schwanger werden können und kritisieren die Schaffung „unendlich vieler Geschlechter“. In anderen Worten: Sie sind transfeindlich. Wir haben dies unter anderem im Artikel „Homo- und Transphobie
: Alles „Gender-Gaga?“ 
analysiert.

Dennoch zeigt Keups Frage auf ein Neues wie wichtig es ist, den Gebrauch einer geschlechtergerechten Sprache zu normalisieren. In diesem Kontext ist der letzte Teil von Meischs Antwort von besonderer Relevanz: Zurzeit arbeiteten das Zentrum fir d’Lëtzebuerger Sprooch sowie der Commissaire fir d’Lëtzebuerger Sprooch Empfehlungen fürs Gendern auf Luxemburgisch aus. Aktuell seien diesbezüglich jedoch keine Vorschriften vorgesehen. Bezüglich der Deutschen Sprache erwähnt das Bildungsministerium eine Publikation des Rats für Deutsche Rechtschreibung.

Die Antwort lässt hoffen, dass die Regierung den Kampf gegen sprachliche Geschlechterdiskriminierung künftig nicht nur gutheißen, sondern auch praktizieren wird.


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